23.07.2014 10:16 Uhr

FCN: Ambitionierte Wundertüte

Arbeiten an Nürnbergs Zukunft: Martin Bader (r.) und sein neuer Trainer Valerien Ismael
Arbeiten an Nürnbergs Zukunft: Martin Bader (r.) und sein neuer Trainer Valerien Ismael

Ende Juli beginnen in Bayern die Sommerferien. Von freien Tagen kann Martin Bader derzeit aber nur träumen kann – zu viel Arbeit landete in den letzten Wochen auf dem  Schreibtisch des Sportvorstandes des 1. FC Nürnberg.

Bei den Franken hat sich seit dem achten Bundesligaabstieg Mitte Mai eine Menge getan. Gerade bei der Kaderarbeit hat der Verein kaum einen Stein auf dem anderen gelassen. 16 Spieler haben den 'Ruhmreichen' verlassen, 14 Spieler wurden verpflichtet. Ein Ende der Fahnenstange ist noch nicht in Sicht. Mit dem Japaner Hiroshi Kiyotake wird aller Voraussicht nach ein weiterer Akteur den Verein verlassen. Der Hamburger SV zeigt großes Interesse. Dazu steht künftig mit Valerien Ismael ein neuer Trainer an der Seitenlinie.

Viel Arbeit also, die nicht mehr allein auf den Schultern von Martin Bader abgelegt werden soll. Daher schuf man beim FCN eine neue Stelle: Der 'Leiter der Fußballabteilung' soll zum einen als Bindeglied zwischen Trainer und Management fungieren. Zum anderen obliegt es ihm, die Aufbauarbeit im Nachwuchsbereich zu koordinieren, ein durchgängiges Spielkonzept zu etablieren und so mehr Durchlässigkeit zum Profibereich zu schaffen. Mit dem früheren Club-Coach Wolfgang Wolf hat der FCN sich auf dieser Position einen besonnenen Arbeiter ins Boot geholt. Das Dreigestirn Bader - Ismael - Wolf werkelt derzeit mit Hochdruck an den letzten Baustellen vor dem Saisonstart.

Hauptsponsor fehlt

Neben dem personellen Umbau stehen weitere Veränderungen an. Nach dem vorzeitigen Rückzug des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden Textildiscounters NKD steht der Rekordabsteiger momentan ohne Hauptsponsor da. Eine Überraschung ist das nicht, kündigte NKD die Verträge doch bereits im August 2013. Vermarkter Sportfive, der bis Anfang August einen neuen Partner für die Club-Brust präsentieren soll, sucht daher seit Monaten einen Nachfolger – bislang allerdings ohne Erfolg. Die Zeit drängt, denn auch wenn der Club finanziell gut dasteht, braucht er die Mehreinnahmen, um die durch den Abstieg bedingten Verluste auszugleichen.

Zwar hielten sich die Transferausgaben bislang mit knapp 3,5 Millionen Euro in Grenzen, doch es konnten durch die Abgänge – verglichen mit der Qualität der Spieler – nur unzureichend Gelder generiert werden. Die Einnahmen belaufen sich auf circa 13 Millionen Euro. Wenn man bedenkt, dass die Franken quasi eine komplette Bundesliga-Startelf an andere Erstligisten verkauft haben, wirkt diese Zahl bedenklich niedrig.

Dauerkartenboom auch im Unterhaus

Trotz des Abstieges und des anschließenden Ausverkaufs haben es Bader und Co. in den vergangenen zwei Monaten geschafft, im Umfeld des Traditionsklubs eine gewisse Aufbruchstimmung zu erzeugen. Bereits im Juni konnten über 18.000 Dauerkarten abgesetzt werden. Das ist schon jetzt ein höherer Zuschauerschnitt als der Ligadurchschnitt der abgelaufenen Saison. Das "bestätigt doch nur, warum ich hierhergekommen bin", sagt Ismaël, "der Verein ist wahnsinnig wichtig für die Fans."

Doch nicht nur bei den Fans ist der Club beliebt. Dass Nürnberg trotz des Abstiegs weiterhin eine Topadresse für junge Spieler im deutschen Profifußball ist, beweisen einige Personalien. Zum einen konnte der Vertrag mit Toptalent Niklas Stark langfristig verlängert werden, zum anderen angelte sich der FCN Bayerns Mittelfeldjuwel Alessandro Schöpf, der jüngst von FCB-Coach Pep Guardiola mit Thiago verglichen wurde. Auch die Verpflichtung von Zweitliga-Torschützenkönig Jakub Sylvestr, der genügend Angebote aus ersten Ligen hatte, weist in diese Richtung.

Quo vadis FCN?

Gerade solche Verpflichtungen könnten am Ende der Saison den Unterschied zu anderen Vereinen ausmachen. In der 2. Liga tummeln sich einige Anwärter auf den Sprung ins Oberhaus, einen klaren Favoriten gibt es nicht. Auch Nürnberg gehört als Bundesliga-Absteiger mit dem klaren Ziel Wiederaufstieg zum Kreis der Kandidaten. Doch während andere Vereine mit eingespielten Mannschaften antreten werden, muss der Club diese Favoritenrolle erst noch bestätigen.

Ismaels bedeutendste Aufgabe zu Beginn wird es daher sein, aus den vielen Neuzugängen eine funktionierende Mannschaft zu formen. "Es ist wichtig, dass wir es ganz schnell schaffen, uns als Einheit zu präsentieren", weiß Torhüter Raphael Schäfer. "Wir müssen die jungen Leute darauf vorbereiten, was auf sie zukommt. Die Favoritenrolle und der Druck, Spiele gewinnen zu müssen. Und zwar von Anfang an." Gelingt dies, könnte die zweifellos vorhandene individuelle Qualität einiger Spieler den Ausschlag für einen positiven Saisonverlauf geben.

Testspielsieg gegen Valencia

In den Testspielen funktionierte das neue Team um den als Leader zurückgeholten Tschechen Jan Polák schon ganz gut. Nach drei Partien gegen unterklassige Gegner gewannen die Nürnberger auch gegen namhafte Erstligaklubs wie Terek Grozniy und den FC Valencia – jeweils nach Rückstand. Dass man sich davon nicht blenden lassen sollte, beweist die Niederlage gegen Ligakonkurrent Ingolstadt.

Die Weichen für die Zukunft scheinen trotz der Nackenschläge der vergangenen Monate gestellt zu sein. Und wenn es Ismael schaffen sollte, aus dem völlig umgekrempelten Kader schnell eine Einheit zu formen, könnte Martin Bader im kommenden Jahr auch wieder Urlaub machen. Die Bundesliga fängt ja bekanntlich etwas später an.

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Nico Schrimpf

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