23.08.2014 12:48 Uhr

Osnabrück vs. Münster: Derby nach dem Spuk

Volle Hütte an der Bremer Brücke: Das Derby gegen Münster war auch 1979 ein Zuschauermagnet
Volle Hütte an der Bremer Brücke: Das Derby gegen Münster war auch 1979 ein Zuschauermagnet

33 Duelle in 40 Jahren – das klingt nicht gerade nach der Geschichte eines großen Derbys. Und doch hat sich zwischen dem VfL Osnabrück und Preußen Münster eine Rivalität entwickelt, die sogar einen Auftritt der Bayern in den Schatten stellen kann. Weltfussball wirft vor dem 34. Duell einen Blick auf die beiden Klubs an der niedersächsisch-westfälischen Grenze.

Den Erdmännchen im Münsteraner Zoo blieb die Namensänderung erspart. Im Fall der großen Sensation sollten die Tierchen nach den Pokalhelden benannt werden. Doch die Spieler des SC Preußen blieben beim 1:4 gegen die übermächtigen Bayern normal sterbliche Drittligafußballer.

Nicht nur die Erdmännchen, auch nicht wenige Fans schienen geradezu erleichtert. Schon kurz nach dem Abpfiff erschien in der Münsteraner Kurve ein Banner mit der unmissverständlichen Ansage: "Scheiß auf Bayern – alle gegen Osna". In einem Internetforum der Preußen hieß es am selben Abend: "Nu is der Spuk vorbei und das Derby in Osna kann kommen!" Und auch die Spieler wie Torwart Daniel Masuch beeilten sich zu erklären, dass es "wichtiger ist, dass wir am Samstag beim VfL Osnabrück punkten".

Der Hype um die Bayern ist vergangen, doch trister Alltag ist das Spiel gegen den VfL mitnichten. Die Abneigung zwischen den beiden Fanlagern, seit jeher nicht gerade in Freundschaft verbunden, hat sich im letzten Jahrzehnt zu so etwas wie einer Erzfeindschaft entwickelt, die manch andere, durchaus traditionsreichere Rivalität überrundet haben dürfte. Mit mitunter traurigen Folgen, wie z.B. dem Wurf eines Sprengkörpers durch einen Münsteraner Anhänger, der 2011 33 Menschen an der Bremer Brücke verletzte.

Leben auf Pump

Osnabrück, Bremer Brücke, 3. Liga. Das ist nicht die glitzernde Fußballwelt, Raum für erdige Emotionen aber allemal. Diese erhalten ihre Nahrung in diesen Tagen allerdings weniger aus der Gegenwart als der fast immer höchst spannenden Vergangenheit. Der VfL verlangte seinen Anhängern oft sehr viel ab - Zittern bis zum Schluss ist eine Art lila-weißes Markenzeichen. So bezeichnet es hier auch kaum jemand als Zufall, dass der Verein bei der Wiedereinführung der Relegation 2009 sofort zur Stelle und seitdem bei drei Ausgaben dabei war – Rekord. Genau wie die Tatsache, dass er seitdem der einzige Drittligist blieb, der sich nicht durchsetzte.

Für den DFB-Pokal haben sich die Lila-Weißen zuletzt nicht qualifizieren können. Nicht nur zum Ärger der Fans, die sich mit einem wohligem Schauer noch an den sensationellen Vorstoß ins Viertelfinale vor fünf Jahren erinnern, sondern auch zum Verdruss der Verantwortlichen in der Geschäftsstelle. Hier schmerzen vor allem die fehlenden Zusatzeinnahmen. Geld oder besser gesagt: fehlendes Geld, das ist seit geraumer Zeit das alles beherrschende Thema an der Bremer Brücke.

Damals, in der Saison 2009/2010, als im Pokal über zwei Millionen Euro in die Kassen gespült wurden und als Sahnehäubchen am Saisonende auch noch der direkte Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga glückte, schien es um die Zukunft des Clubs gut bestellt. Ein Irrtum, wie sich herausstellen sollte. Wie groß dieser jedoch war, kam im Laufe der folgenden Jahre nur allmählich ans Tageslicht. Die Verantwortlichen hatten den VfL chaotisch und auf Pump geführt. Etliche Sponsorengelder wurden gerne im Voraus verfeuert. Wohl um jeden Preis wollte man einen Platz an den wachsenden Fleischtöpfen des Bundesligafußballs ergattern.

Schlaflose Nächte

Wie hoch dieser Preis am Ende war, lässt sich heute recht genau beziffern: Ein Schuldenberg in Höhe von gut 10 Millionen Euro hängt wie ein Mühlstein um den Hals des VfL. Daran änderte auch die umstrittene Ausgliederung der Profiabteilung nichts, die Ende 2012 u.a. zur Voraussetzung dafür erhoben wurde, dass die Stadt mit einem Millionen-Darlehen das Überleben sicherte.

Die seinerzeit vorhergesagten Investoren stehen jedoch nicht gerade Schlange. Und so wissen die Fans auch heute noch nicht, wie der Verein jemals seine Verbindlichkeiten los werden will, gerade in der alles andere als lukrativen 3. Liga. Für den Erhalt der jüngsten Lizenz wurden sie zuletzt gleich selbst angepumpt: Gut eine halbe Millionen sammelte der VfL mittels eines Crowdfundings-Projekts ein. Einen Trikotsponsor kann die Geschäftsführung hingegen bis heute nicht präsentieren. Die große Frage, wie es denn nächstes Jahr weitergehen soll, bereitet vielen Anhängern daher weiterhin schlaflose Nächte.

Münsters langer Weg

Die gleiche Frage ließ Fans in Münster in den letzten beiden Jahren dagegen von der Rückkehr in die 2. Liga träumen. Am Ende blieb es aber stets bei dem Traum, der nun schon fast ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat. Dabei sind die Voraussetzungen an der Hammer Straße eigentlich so gut wie lange nicht: Seit gut zwei Jahren ist der Verein, der zwischenzeitlich bis in die Viertklassigkeit abgerutscht war, schuldenfrei - eine alles andere als banale Feststellung in der von klammen Kassen geplagten 3. Liga. Doch beim großen Wurf standen sich die Preußen bisher wohl in erster Linie selbst im Weg. So wurden auch immer wieder Querelen innerhalb des Kaders als eine der Ursachen für die vergebenen Chancen ausgemacht.

Auch der Start in die aktuelle Saison erlebte schon die ersten Dämpfer. Vier Punkte aus vier Spielen entspricht nicht gerade den Ambitionen der Adler. Der VfL hat genauso viele Zähler auf dem Konto, doch nach dem umjubelten Sieg auf der Bielefelder Alm, auf den die Anhängerschaft 28 lange Jahre gewartet hatte, ist die Stimmung an der Bremer Brücke ungleich gelöster.

Nur 1000 Gästefans

Ein weiterer Derbysieg würde dem VfL einen Schub geben, der für einige ruhigere Wochen sorgen dürfte. Für die Preußen hingegen ist ein Erfolg an der Bremer Brücke ein fast schon zwingend notwendiger Schritt, um die Aufstiegsränge nicht schon sehr früh aus den Augen zu verlieren.

Dass es einen Sieger geben wird, kann ungeachtet der beiden Remis im vergangenen Jahr als durchaus wahrscheinlich angesehen werden. Insgesamt trennten sich die beiden Klubs erst sechs Mal unentschieden, darunter auch beim ersten Aufeinandertreffen im Oktober 1974 - einem spektakulären 3:3 mit drei Osnabrücker Toren durch einen Mann, der übrigens – so viel persönliche Verwicklung in die Geschichte dieses Derbys sei erzählt - knapp zwei Jahrzehnte später der Sportlehrer des Autors werden sollte.

>> VfL Osnabrück - Preußen Münster im direkten Vergleich

Ob es an diesem Samstag zu echter Derby-Stimmung an der Bremer Brücke kommen wird, ist indes nicht mehr so ganz sicher. Zum Ärger der Münsteraner werden die in Sachen Sicherheit Verantwortlichen nur noch die Hälfte der bisher üblichen 2000 Gästefans für das "Hochrisikospiel" zulassen. Das Risiko für die Erdmännchen im Münsteraner Zoo scheint dagegen gebannt: Für den Fall eines siebten Sieges der Preußen an der Bremer Brücke sind keine Namensänderungen in Aussicht gestellt worden.

Lars Plantholt

>> Alles zur 3. Liga

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