29.08.2014 09:26 Uhr

Österreich am Gipfel der Peinlichkeit

Adolf Hütter und Ralf Rangnick: Bitte recht freundlich
Adolf Hütter und Ralf Rangnick: Bitte recht freundlich

Aus im Playoff der Champions League und der Europa League. Österreichs Vereinsfußball erlebte mit dem Scheitern von RB Salzburg und Rapid einen erneuten Höhepunkt im Land der unbegrenzten Peinlichkeiten. Jedoch mit möglicherweise weitreichenden Folgen, die den Entscheidungsträgern noch gar nicht bewusst sind.

Was soll man schon von einem Land erwarten, in dem ein Bundesminister mit dem Grinsen eines Hutschpferds den Rücktritt des Vizekanzlers mit "An apple a day keeps all Kummer away" kommentiert? Nichts! Genauso ist es natürlich auch im Fußball, wo der Ex-ÖFB-Teamchef der Meinung war und ist, dass Taktik überbewertet wird.

Doch durch die Investitionen eines Getränkekonzerns, der dem künstlich hochgezüchteten österreichischen Meister enorme finanzielle Möglichkeiten eingeräumt hatte, blieb eine Illusion. Von einer Mannschaft, die bereit ist im Konzert der Großen mitzumischen. Geplatzt wie eine Seifenblase an der schwedischen Südküste. Das Scheitern von RB Salzburg gegen Malmö FF wird nachhaltige Konsequenzen haben.

Einen Tag später schaffte es dann auch noch der populärste Verein des Landes sich lächerlich zu machen. Selbst der Rapid-Kapitän konnte das Aus gegen eine "Mannschaft, gegen die man nicht ausscheiden darf" kaum fassen. HJK Helsinki wusste gar nicht wie ihnen geschah, es herrschte Ungläubigkeit über den eigenen Aufstieg.

Rangnick unterrichtet Moral, Hütter darf sich Versager nennen

Der Gipfel des schlechten Geschmacks war am Donnerstag bereits kurz nach Mittag erreicht worden. RB Salzburg bat am "Tag danach" zum Pressegespräch. Nach der 0:3-Pleite bei Malmö FF nahmen Trainer Adolf Hütter und Sportchef Ralf Rangnick auf dem Podium Platz.

Jener Coach, der im wichtigsten Spiel der Vereinsgeschichte den besten Innenverteidiger zum linken Abwehrspieler gemacht und den zweikampfstärksten zentralen Mittelfeldspieler von dort abgezogen hatte. An seiner Seite jener Sportchef, der Erfolgstrainer Roger Schmidt wegen einer Ausstiegsklausel zu Bayer Leverkusen ziehen lassen musste, die Salzburg und nicht Schmidt im Vertrag haben wollte.

Die vermeintlich heile kleine Welt im Fußballreich Red Bull wurde dann aber von Rangnick noch selbst zur Lachnummer degradiert. Jener Herr, der als Sportchef für RB Salzburg und RB Leipzig zuständig ist, meinte auf Nachfrage, "dass Leipzig und Salzburg grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben." Ohne dabei rot zu werden.

Vergessen, dass Marcel Sabitzer von Leipzig für die bei einem Wechsel ins Ausland festgeschriebene Ablösesumme von zwei Millionen Euro verpflichtet und danach für ein Jahr an Salzburg ausgeliehen wurde? Verdrängt, dass erst die Transferliste der Deutschen Fußball-Liga den Wechsel von Rekordeinkauf Massimo Bruno nach Leipzig "verriet", von wo er - erraten - nach Salzburg verliehen wurde.

Dann gab es von Oberlehrer Rangnick auch noch Moralunterricht für Journalisten. Als Hütter gefragt wurde, ob die Mannschaft in Malmö versagt habe und der Coach offensichtlich überrascht auf dem falschen Bein erwischt wurde, rückte der Chef als verbale Feuerwehr aus und kanzelte das Niveau des unliebsamen Schreiberlings als "boulevardesk" ab.

RB 1, RB 2 oder RB 3 für Sadio Mané?

Angesprochen auf Sadio Mané, der die Reise zum Spiel der Spiele nach Malmö nicht mitgemacht hatte, meinte Rangnick indes: "Nach seiner Rückkehr vom Nationalteam in Senegal werden wir darüber befinden, wo und mit welcher Mannschaft er trainiert."

Zur Erklärung: Red Bull verfügt neben Salzburg auch noch über eine weitere österreichische Mannschaft in Liefering. Diese haben aber nach dem Verständnis des Sportchefs "grundsätzlich" nichts miteinander zu tun. Deshalb ist vorerst noch offen, ob Mané zukünftig bei RB 1, RB 2 oder RB 3 (wie wäre es mit einem Leihvertrag nach Leipzig?) trainiert.
>> Salzburgs Mané vorerst im Einzeltraining

Rapid wird zum Betthupferl für den Kindergarten

Am Abend dann der nächste österreichische "Triumphzug" in Europas Vereinsbewerben. Rapid scheiterte gegen HJK Helsinki trotz einer frühen 2:0-Führung an sich selbst, die Finnen staunten am Ende fast ungläubig über ein 3:3-Remis und den Aufstieg in die Gruppenphase der Europa League.

Von weltfussball nach dem Hauptgrund für das Weiterkommen befragt, musste Gäste-Trainer Mika Lehkosuo zunächst sekundenlang nachdenken. Erst dann fiel ihm "drei Standardsituationen" ein. Der gute Mann hatte mit viel gerechnet, aber nicht mit Erklärungen für finnische Fußballerfolge. Ex-Rapidler Markus Heikkinen hatte bei seinem Abgang fast schon Mitleid mit seinem ehemaligen Verein.

Rapid-Coach Zoran Barisic stellte sich erneut vor die Mannschaft und gab sich selbstkritisch: "Ich habe mir alles vorzuwerfen. Ich nehme die gesamte Verantwortung auf meine Kappe." Vereinspräsident Michael Krammer und General Manager Werner Kuhn, die für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verantwortlich sind, glänzten hingegen bei der Pressekonferenz einmal mehr durch Abwesenheit.
>> Die traurigen Rekorde des Rekordmeisters

Ihnen hätten auch unangenehme Fragen gestellt werden können. Beim einst erfolgreichsten Verein des Landes und zweifachen Europacup-Finalisten, der inzwischen bei 18 Mann im Kader für eine internationale Partie gleich acht U21-Spieler (sowie ebensoviele aus den Reihen der eigenen Amateuren) stellt. Das Sportbudget beim Rekordmeister wurde inzwischen so weit reduziert, dass Rapid nur mehr als Betthupferl des eigenen Kindergartens dient. Gute Nacht österreichischer Vereinsfußball.

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ct, js

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