28.10.2014 11:27 Uhr

Zeugen im Bundesliga-Prozess am Wort

Peter Westenthaler ist der Hauptbeschuldigte
Peter Westenthaler ist der Hauptbeschuldigte

Mit Zeugenaussagen zum Bundesliga-Komplex ist am Montag im Wiener Straflandesgericht der Betrugs- und Untreueprozess gegen den ehemaligen Bundesliga-Vorstand Peter Westenthaler und seinen Co-Vorstand Thomas Kornhoff fortgesetzt worden. Mit Anton Hirschmann, dem Ex-Präsidenten des DSV Leoben, wurde zunächst ein weiterer ehemaliger Bundesliga-Aufsichtsrat vernommen.

Hirschmann gehörte als Vertreter der Ersten Liga von 2002 bis 2009 dem Gremium an. Vorweg stellte er fest, ihn hätten vorrangig Angelegenheiten interessiert, welche die zweithöchste Spielklasse betrafen: "Zu den anderen Dingen muss ich krampfhaft nachdenken."

Wie sich Hirschmann erinnerte, sei Westenthaler zur Bundesliga gestoßen, nachdem man seinen Vorgänger Reinhard Nachbagauer "mehr oder weniger eliminiert hat". Hintergrund: Unter Nachbagauer hatte die Bundesliga TV-Gelder an den FC Tirol ausgeschüttet, der zu diesem Zeitpunkt allerdings schon insolvent war. Da es Pfändungsbescheide des Finanzamts Innsbruck gab, wäre die Bundesliga verpflichtet gewesen, die Gelder aus den TV-Rechten der Finanz zu überweisen. Die Republik brachte daher im April 2002 eine Drittschuldnerklage in Höhe von 1,645 Millionen Euro gegen die Bundesliga ein.

Als Westenthaler sein Amt als Bundesliga-Vorstand antrat, war er bemüht, diese Klage aus der Welt zu schaffen. Laut Anklage sicherte Westenthaler zu, "sich beim Finanzminister (Karl-Heinz Grasser, Anm.) für eine vergleichsweise Bereinigung auf Basis eines einzuholenden Gutachtens zu verwenden".

Westenthaler habe "versucht, Geld zu beschaffen", gab Hirschmann dazu nun zu Protokoll: "Man wusste, dass er gewisse Connections hatte aufgrund seiner politischen Laufbahn." Wie der bedingte Vergleich finanziert wurde und woher die Mittel kamen, mit denen die Bundesliga den Rechtsstreit mit der Finanzprokuratur aus der Welt schaffte, dürfte den Vertreter des DSV Leoben nicht wirklich interessiert haben. Das Thema Vergleich und Komplementärzahlung - Westenthaler und Kornhoff sollen laut Anklage eine dem Fußballnachwuchs gewidmete Förder-Million unzulässigerweise für die außergerichtliche Streitbeilegung herangezogen haben - sage ihm "aus den Medien etwas". Das sei "irgendwo im Stillen abgehandelt worden", meinte Hirschmann.

Als Westenthaler dem Aufsichtsrat im Herbst 2003 den ausverhandelten Vergleich präsentierte, habe er "nicht einmal intensiv zugehört", räumte Hirschmann ein. Er habe sich "auf unsere Granden im Aufsichtsrat, auf Stronach, Edlinger verlassen".

Letzten Endes genehmigte der Aufsichtsrat einen Vergleich, mit dem sich die Bundesliga zur Zahlung von 1,2 Millionen Euro verpflichtete. Daran könne er sich nicht mehr im Detail erinnern und dazu nichts sagen, beschied Hirschmann dem Schöffensenat: "Wahrscheinlich hab' ich mich mitgefreut mit den anderen." Hirschmann betonte, er habe 2009 "mit dem Fußball gebrochen" und alle seine Funktionen zurückgelegt: "Mich interessiert der Fußball im Moment absolut nicht mehr."

Schweitzer weigerte sich zu unterschreiben 

Zweiter Zeuge war Friedrich Stickler, Vorstandsdirektor der Österreichischen Lotterien und von 2002 bis 2008 Präsident des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB). Als die Fußball-EM 2008 an Österreich und die Schweiz vergeben wurde, habe er die "Challenge 2008" ins Leben gerufen, eine Initiative, die den Nachwuchs fördern sollte. Dafür habe der Bund nach harten Verhandlungen Fördermittel in Höhe von 1,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die in fünf Tranchen ausbezahlt wurden. "Das war das Maximum, was damals vom Bund zu bekommen war", erinnerte sich Stickler.

In weiterer Folge habe allerdings Westenthaler als neuer Bundesliga-Vorstand einen "Nachtragvertrag" erwirkt. Westenthaler habe mit dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel gesprochen und eine "Zusatzförderung über eine Million" zugesichert bekommen, erklärte Stickler. Die Bundesliga bzw. ihre Vereine hätten sich immer wieder über zusätzliche Aufwendungen aufgrund der "Challenge 2008" - Spieler mussten abgestellt, ein höherer Betreuungsaufwand geleistet werden - beschwert, nicht zuletzt deshalb sei ihm die erweiterte Unterstützung willkommen gewesen: "Für mich war jede Zusatzförderung wie ein Geschenk des Himmels. Es war meine absolute Zielsetzung, diese Spieler, diese Mannschaft (gemeint: das Nationalteam, Anm.) so gut als möglich vorzubereiten." Er habe es begrüßt, die Bundesliga "zufriedener zu machen", so Stickler: "Man konnte sie nicht zufrieden machen. Aber zufriedener."

Die Förder-Million wurde im Wege eines Budgetbegleitgesetzes vom Nationalrat beschlossen und sollte der "gezielten Nachwuchsförderung" dienen. Der Bundesliga sollte mit dem Geld der Mehraufwand aus der "Challenge 2008" pauschal abgegolten werden. Ausgeschüttet wurde die Million zunächst aber an den ÖFB, weil man - wie Stickler dem Schöffensenat darlegte - sie aus formalen Gründen nicht unmittelbar der Bundesliga zukommen lassen konnte. Das Fördergesetz sei dem im Weg gestanden. Der ÖFB sei aber ein reiner "Durchläufer" gewesen und habe das Geld der Liga weitergeleitet, die es zur Dotierung des sogenannten Österreicher-Topfes verwendete.

Die Bundesliga sei "verpflichtet gewesen, diesen Leistungsnachweis zu erbringen", also dem ÖFB die Verwendung der Million für den Österreicher-Topf zu belegen, betonte Stickler. Der ÖFB habe dem Bund die Unterlagen weiter gereicht. Dass mit der Million eine Finanzschuld getilgt werden sollte, sei nicht Thema gewesen: "Es ist nie ein Zusammenhang hergestellt worden mit irgendwelchen Finanzverbindlichkeiten." Im Förder-Vertrag sei "ganz genau beschrieben gewesen, dass es um die 'Challenge 2008' geht und um sonst nichts". Er könne "ausschließen", dass es Beschwerden gegeben hätte, die Million wäre nicht widmungsgemäß verwendet worden: "Dann hätte ich sofort reagieren müssen."

Offen blieb in der Einvernahme Sticklers ein bemerkenswertes Detail: Der Förder-Vertrag über die Million sollte im Dezember 2003 von Stickler und dem damaligen Staatssekretär für Sport, Karl Schweitzer, unterzeichnet werden. Schweitzer unterschrieb allerdings interessanterweise nicht. Er soll sich geweigert haben, seine Unterschrift unter das Papier zu setzen und den Vertrag mitzutragen. Im Nachhinein wurde daher auf dem Vertragsentwurf der Name Schweitzers ausgelackt und durch den eines Sektionschefs ersetzt, der auch unterschrieb. Auch das ursprüngliche Datum wurde ausgelackt und auf den 15. Jänner 2004 korrigiert. Auf die Frage, wie es zu diesem Vorgang gekommen sei, erwiderte der Ex-ÖFB-Präsident: "Das kann ich Ihnen nicht erklären." Zu dieser Sache hat Richter Wolfgang Etl für den 4. November Schweitzer als Zeugen geladen.

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apa

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