31.01.2015 11:09 Uhr

Leichenschau beim 400. Old Firm

Your Day is coming - die vier apokalypitschen Neil Lennon,
Your Day is coming - die vier apokalypitschen Neil Lennon, "Hector the Taxman", der Tod und Craig Whyte

Celtic FC und Rangers FC kämpfen im neutralen und sichereren Hamden Park um den Einzug ins Finale des League Cups. Aber wie immer geht es im sonntägigen Old Firm um noch viel mehr. Die Bhoys wollen den Rivalen quasi als Leichenschmaus verputzen. Die zahlungsunfähigen Gers sehnen sich nach der Wiederauferstehung.

"Verrottet in der Hölle!" Mit einer klaren Botschaft und einer 3:0-Packung hat Celtic die Rangers im April 2012 verabschiedet. Es war das bislang letzte Duell auf "Augenhöhe" - in der Premier League in der 2. Runde des Meister-Playoffs im Celtic Park. Celtic stand schon als Meister fest und die insolventen Rangers hatten bereits den Marschbefehl in die vierte Liga (League Two) erhalten.

Ein baldiges Wiedersehen wünschten sich nicht viele Celtic-Fans. Bibelfeste Anhänger des vom katholischen Mönch Walfrid gegründeten Klubs erinnerten an die "Offenbarung des Johannes" und schickten den Gers per Plakat die vier apokalypitschen Reiter - alias Neil Lennon (damaliger Celtic-Manager), "Hector the Taxman" (der Steuereintreiber), der Tod und Craig Whyte.

Whyte hatte die Rangers um ein Pfund gekauft gehabt und binnen neun Monaten zwölf Millionen Euro neue Steuerschulden angehäuft. Der Fiskus intensivierte die Prüfungen und entdeckte rund 160 Millionen Euro an Verbindlichkeiten, was in weiterer Folge den Lizenzentzug und Zwangsabstieg in die League Two bedeutete. 25 von 30 Klubs der Scottish Football League votierten bei einem Treffen im Hampden Park für den dortigen Einstieg.

Zahler und Manager gesucht

Mittlerweile sind die Rangers Zweiter im Championship (zweite Liga) und hätten sportlich realistische Chancen, sich via Playoff für die Premiership zu qualifizieren. Allerdings scheint der wirtschaftliche Albtraum noch lange nicht ausgestanden. Trotz Reduktion der Personalkosten häuften die Gers laut eines im vergangenen November veröffentlichten Geschäftsberichts schon wieder elf Millionen Euro frische Schulden an. Finden sie in den nächsten Wochen keinen Zahler, sprich Investor, wird der 54-fache schottische Meister zusperren müssen.
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Einen Manager suchen die Gers auch. Legende Ally McCoist wurde vor Weihnachten der Rücktrittswunsch bei angeblich vollen Bezügen erfüllt. Interimstrainer Kenny McDowall hat am 19. Jänner gekündigt, wird vom Kub jedoch "genötigt", die Spieler bis auf weiteres zu trainieren. Gennaro Gattuso würde ihn gerne ablösen. Der mit einer Glasgowerin verheiratete Italiener kickte eine Saison für die Gers und trainierte sogar in seiner erfolgreichsten Zeit als Milan-Spieler im Weihnachtsurlaub gerne mit den Rangers. Als Coach hat Gattuso bislang aber nirgends etwas zustande gebracht.

Mr. Smith warnt die Bhoys vor zuviel Übermut

Walter Smith - mit dem die Gers 21 nationale Trophäen holten und 2008 bis ins UEFA-Cup-Finale vordrangen - hat bei aufkeimenden Comeback-Gerüchten sofort abgewunken. Im Interview mit BBC Scotland billigt er seinen Rangers im 400. Old Firm immerhin Außenseiterchancen zu: "Celtic ist nicht mehr so gut wie vor ein paar Jahren und zumindest ein Spieler von ihnen nimmt den Gegner nicht ernst."

John Guidetti hat nämlich vollmundig einen Hattrick angekündigt. Im League Cup hat der Stürmer bereits vier Mal angeschrieben, im Premiership aber seit November nicht mehr getroffen. "Mit so einem Statement kommst du in den Medien groß raus", weiß der ehemalige Celtic-Spieler Murdo MacLeod, "aber triffst du dann nicht, kommst du da nur mehr schwer raus."

Einig sind sich alle Beteiligten, dass das Old Firm dem gesamten schottischen Kick weiterhilft. Das Spiel wird in 54 Ländern auf fünf Kontinenten live ausgestrahlt. Nur die größte britische Pubkette traut sich das Spiel in Glasgow nicht zu zeigen.

Die Manager haben es aber echt nicht leicht

"Für einen Spieler ist es das Schönste was es gibt, für einen Manager das Schlimmste", erinnert sich Neil Lennon, der beide Seiten als Bhoy erlebte. "Wenn du als Spieler 3:0 vorne bist, denkst du nur, wann du ihnen das nächste Tor reinhaust. Als Manager hoffst du, dass die nicht das 1:3 machen und danach vielleicht noch ausgleichen können. Denn dann geht es dir an den Kragen."

Graeme Souness erinnert sich auch noch gut an seine Zeit als Rangers-Manager: "Als ich hierher kam, fühlte ich mich unbesiegbar. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, was da abgeht. Als ich das erste Mal an zweiter Stelle lag, wusste ich, was Druck ist."

A schene Leich - oder Auferstehung?

In jedem Fall könenn die Rangers am sonntägigen High Noon im Hampden Park für zumindest 90 Minuten ihr trauriges Dasein verdrängen. Sollten sie sogar obsiegen und danach finanziell untergehen, sind sie - frei wienerisch - wenigstens "a schene Leich".

Vielleicht geht sich bis zur vermeintlichen Zierung dann ja sogar noch der League-Cup-Titel für sie aus. Oder es kommt wie immer ganz anders und die Gers können irgendwann im 401. Old Firm die "Auferstehung von den Toten" plakatieren.

Mehr dazu:
>> Alle Sieger im League-Cup

Thomas Schöpf

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