16.04.2015 16:00 Uhr

Napoli: Auferstehung oder Zerfall?

Rafa Benítez (r.) gibt seinem Team lautstarke Anweisungen
Rafa Benítez (r.) gibt seinem Team lautstarke Anweisungen

Es sind die Wochen der Wahrheit für den SSC Napoli: In der Liga abgeschlagen und im Pokal mit Pauken und Trompeten ausgeschieden, ist das Viertelfinalhinspiel in der Europa League gegen den VfL Wolfsburg für die Italiener ein echtes Endspiel - und die letzte Chance, weiterhin von einem Titel zu träumen.

Mit einem klaren Auftrag wurde Rafael Benítez im Sommer 2013 vom SSC Napoli verpflichtet. Mit einem klaren Plan in der Hinterhand trat der 55-Jährige sein Amt an. Knapp zwei Jahre später fällt die Zwischenbilanz durchwachsen aus: Auf der einen Seite stehen zwei Titel (Coppa, Supercoppa), attraktiver Offensivfußball und eine neu entfachte Begeisterung rund um das San Paolo.

Auf der anderen Seite steht das zweimalige Scheitern in der Champions League, eine durchwachsene Saison in der Serie A und, allen voran, eine hohe Rechnung. Für 130 Millionen Euro wurde der Kader in den vergangenen beiden Jahren aufgerüstet. Mit den Investitionen stiegen die Erwartungen. Diesen laufen Team und Trainer hinterher. Jetzt steht das "Projekt SSC" am Scheideweg.

Ernüchterung ist eingekehrt

Von Beginn an lief die aktuelle Saison an der prominent besetzten Truppe vorbei. Das bittere Aus in der Qualifikation zur Champions League gegen Athletic Bilbao war mehr als nur ein leichter Rückschlag. Das große Ziel, endlich wieder zu den etablierten Kräften in der Königsklasse zu gehören, wurde frühzeitig und krachend verfehlt.

In der Liga hielten sich die Azzurri lange über Wasser und profitierten von der individuellen Klasse im Kader. Nach nur zwei Siegen in den letzten acht Spielen fehlen mittlerweile aber schon sieben Punkte auf den Tabellendritten Lazio. Ein fast uneinholbarer Rückstand. Krönender Abschluss der Horror-Wochen war das Pokal-Aus gegen Miroslav Klose und seine Elf. Was bleibt ist die Europa League – der letzte Strohhalm im Kampf um eine Trophäe.

Das Ende der Beziehung

Unabhängig vom internationalen Erfolg werden Verein und Trainer am Ende der Saison wohl getrennte Wege gehen. Der Vertrag des Spaniers läuft im Sommer aus. Präsident Aurelio De Laurentiis würde den Kontrakt gerne verlängern und sprach seinem Chefcoach zuletzt das Vertrauen aus, Benítez aber präferiert eine Rückkehr nach England. In das Land, in dem er die größten Erfolge seiner Karriere feierte.

Die Entscheidung habe der Spanier längst getroffen, heißt es in italienischen, spanischen und englischen Medien übereinstimmend. Viel spricht auch nicht dagegen. Zum einen lebt seine Familie auf der Insel, zum anderen ist der seit heute 55-Jährige ein anerkannter und geschätzter Fachmann. Mit seinem guten Ruf dürfte er keine Probleme haben, im Handumdrehen einen neuen Arbeitgeber zu finden.

Stars schauen sich bereits um

Sollte Benítez den SSC verlassen, könnte es im Klub einen Dominoeffekt geben. Erster Kandidat für einen Wechsel wäre Gonzalo Higuaín. Verpasst Napoli die Champions-League-Qualifikation, ist der Argentinier vermutlich nicht zu halten. Der ehemalige Real-Stürmer steht zwar noch bis 2018 in Campania unter Vertrag, bei entsprechenden Angeboten müsste man ihn allerdings ziehen lassen – die fehlenden Einnahmen würden es nötig machen.

Zudem ist der Vizeweltmeister zuletzt einer der Spieler gewesen, an dem man die sportliche Krise der Neapolitaner festmachen konnte. Auch bedingt durch seine Torflaute in der Liga (nur ein Treffer in den letzten neun Spielen) ging es für den Klub in der Tabelle bergab. Andererseits ist er der Mann, der die Träume von einem europäischen Titel mit seinen sechs Treffern überhaupt noch am Leben gehalten hat.

Eine friedliche Scheidung?

Diese Qualität wird der nicht unumstrittene Higuaín auch im Europa-League-Viertelfinale zeigen müssen, wenn der SSC etwas aus Wolfsburg mitnehmen will. Es ist die letzte Chance für ihn und seine Mannschaft, eine verkorkste Saison doch noch zu retten. Dass sie dazu gewillt sind, hat das beeindruckende 3:0 gegen die Fiorentina am Wochenende bewiesen.

Auf der Bühne Europa League fühlt sich das Team sowieso pudelwohl. In zehn Partien musste sich Neapel erst einmal geschlagen geben. Keine schlechte Ausgangslage, um vielleicht am Ende doch noch einen Titel präsentieren zu können – und der würde seit dieser Saison auch zur Teilnahme an der Champions League berechtigen. Damit könnten sie den Schaden zumindest in Grenzen halten.

Mehr dazu:
>> Rafa Benítez: Auszeit vom Fußball?
>> Napoli: Geht Higuaín im Sommer?

wfb

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