20.05.2015 12:50 Uhr

Real Madrid: Wer wird der nächste Boss?

Das Rennen um einen der begehrtesten Trainerstühle Europas läuft. Carlo Ancelottis unfreiwilliger Abschied aus Madrid steht so gut wie fest. Die Frage nach dem Nachfolger bietet viel Raum für Spekulationen. weltfussball stellt die potentiellen Kandidaten vor.

28 Trainer haben ihr Glück in den letzten 30 Jahren auf der Trainerbank von Real Madrid versucht – nur drei von ihnen (Beenhakker, Del Bosque, Mourinho) durften länger als zwei Spielzeiten bleiben. Carlo Ancelotti wird wohl nicht in den erlauchten Kreis einziehen und seinen Stuhl ebenfalls im Sommer räumen müssen. Die titellose Saison ist, da sind sich die Experten einig, gleichbedeutend mit seinem Abschied. Wer den 55-Jährigen beerbt, ist eine der spannendsten Fragen, die der Sommer 2015 hergibt. Sechs Kandidaten sollen zur engeren Auswahl gehören:

1. Zinédine Zidane (Real Madrid Castilla)

Als Spieler hat der dreifache Weltfußballer des Jahres jeden nur erdenklichen Titel gewonnen. Sein Standing bei den Verantwortlichen und Fans ist dementsprechend hoch. Die Frage ist, ob Florentino Pérez das Risiko eingeht, einen völlig unerfahrenen Trainer auf dieser wichtigen Position zu installieren. Die Schwierigkeiten des Geschäfts lernte der Franzose in dieser Saison in der dritten Liga kennen.

Nach einem durchwachsenen Jahr beendete sein Team die Liga nur auf Platz sechs. "Es war nicht seine Aufgabe, die Mannschaft zum Aufstieg zu führen. Er sollte die jungen Spieler weiterentwickeln. Und diese Vorgabe hat er hervorragend erfüllt", bekam Zidane von der Klubspitze dennoch viel Lob. Nichtsdestotrotz wäre seine Berufung zum Chef ein Wagnis, das unter Umständen (zu) viel Geduld und Zeit erfordert.

2. Julen Lopetegui (FC Porto)

Der nächste Kandidat mit Stallgeruch. Julen Lopetegui trainierte bereits die zweite Mannschaft der Madrilenen, arbeitete jahrelang als Trainer und Co-Trainer der nationalen U-Mannschaften und kennt den spanischen Fußball aus dem Effeff. In seiner ersten Saison mit dem FC Porto verpasste er zwar die Meisterschaft, überzeugte dafür auf europäischer Ebene.

Im Bernabéu soll es einige Fürsprecher geben, die überzeugt sind, dass der 48-Jährige vor allem die jüngeren Spieler wie Isco, Jesé, Varane, Carvajal und andere besser machen kann. Seine gute Arbeit in Portugal beobachtet man in Madrid ganz genau. Lopetegui selbst sagte kürzlich, er habe kein Interesse an dem Job und sei froh, das Drei-Jahres-Projekt in Porto fortzusetzen. Sollte sich Real aber tatsächlich um ihn bemühen, wäre die Unterschrift wohl nur eine Formalität.

3. Rafa Benítez (SSC Napoli)

Auch einer der erfolgreichsten Trainer des letzten Jahrzehnts hat eine Real-Vergangenheit. Als Spieler und Coach der zweiten Mannschaft. 13 Titel gewann Benítez in seiner Karriere, formte unbekannte Spieler zu Weltstars und führte große Verein wie Liverpool, Chelsea, Inter und Valencia zum Erfolg.

Den SSC Napoli hat der Spanier zurück in die Spitzengruppe der Serie A geleitet, aufgrund stockender Vertragsgespräche ist seine Zukunft dennoch ungewiss. Die erste Mannschaft seines Heimatklubs zu trainieren, wäre für den 55-Jährigen ein Traum. Mit ihm bekäme Real einen Trainer, der keine Angst vor großen Namen hat und als absoluter Fachmann gilt. Ein kalkuliertes Risiko, das sich auszahlen könnte.

4. Jürgen Klopp (Borussia Dortmund)

Dass Jürgen Klopp in der Chefetage von Real Madrid ein Thema ist, scheint sicher. Dank seiner überaus erfolgreichen Arbeit in Dortmund trauen ihm den Job viele in der Hauptstadt auch zu. Das Sprachproblem ist allerdings ein Hindernis. Auch Klopps Vorliebe für England und das Interesse an seiner Person auf der Insel ist hinlänglich bekannt.

Seine emotionale Art soll in der Chefetage der Königlichen gut ankommen, seine Fähigkeiten als Trainer sind unbestritten. Im aktuellen Kader gibt es zudem reihenweise Spieler, die seine Philosophie auf dem Rasen umsetzen können. Großartige Umbauarbeiten wären demnach nicht nötig. Nicht unbemerkt sind dagegen die Dortmunder Probleme in dieser Saison geblieben. Die Kritik an einem fehlenden Plan B gegen tief stehende Mannschaften hat sich bis nach Spanien rumgesprochen.

5. Paco Jémez (Rayo Vallecano)

In Deutschland weitgehend unbekannt, hat sich Paco Jémez in Spanien in den letzten Jahren einen Namen gemacht. Trotz begrenzter Mittel hat er jede seiner Mannschaften spielerisch und taktisch weiterentwickelt. Rayo Vallecano führte der 45-Jährige zuletzt aus der Abstiegszone bis an die Europacup-Ränge. Sein Motto: "Guter Fußball ist immer der kürzeste Weg zum Erfolg."

Taktisch bevorzugt Jémez ein 4-3-3 oder 3-4-3, wobei "die Stürmer die ersten Verteidiger und die Torhüter die ersten Angreifer sind." Die Offensive ist ganz klar Trumpf, gepflegtes Kurzpassspiel das bevorzugte Mittel. Allerdings hat die Sache einen Haken. Erst vor wenigen Wochen startete Jémez einen Verbalangriff auf Zinedine Zidane, sagte, es sei peinlich, dass Zidane eine Mannschaft ohne gültige Trainerlizenz trainieren dürfe. Eine Aussage, die den Real-Verantwortlichen überhaupt nicht passte.

6. Marcelo Bielsa (Olympique Marseille)

Zwei Jahre lang mischte der Argentinier die Primera División mit Athletic Bilbao auf. Bielsas bedingungsloser Offensivfußball begeisterte nicht zuletzt Pep Guardiola, der den 59-Jährigen als besten Trainer der Welt und Geschenk für die Liga adelte. In Marseille benötigte "El Loco" genau eine Saison, um OM zur offensivstärksten Mannschaft der Ligue 1 zu formen.

Zwar läuft sein Kontrakt bei den Südfranzosen noch ein Jahr. Nach Querelen mit der Vereinsspitze und dem enttäuschenden Saisonende ist ein vorzeitiger Abschied aber nicht ausgeschlossen. Mit seiner Art Fußball zu spielen wäre Bielsa in der Lage, das verwöhnte Publikum im Bernabéu zu begeistern. Gleichzeitig ist er der Typ Trainer, der gerne das Sagen hat und sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Ein Charakterzug, der nur schwer mit einem Job unter dem mächtigen Florentino Pérez zu vereinbaren ist.

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Christian Schenzel

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