22.05.2015 13:19 Uhr

SCF gegen 96: Irrwisch gegen Stoiker

Freiburgs Trainer Christian Streich ist für seine Emotionsausbrüche bekannt
Freiburgs Trainer Christian Streich ist für seine Emotionsausbrüche bekannt

Der emotionale Dauerbrenner Christian Streich gegen den stoischen Feuerwehrmann Michael Frontzeck: Beim Abstiegs-"Endspiel" zwischen Hannover 96 und dem SC Freiburg prallen am Samstag zwei unterschiedliche Trainertypen aufeinander - oder doch nicht?

Frontzeck, der zwischen 1997 und 1999 im Breisgau spielte, wird sich so schnell nicht provozieren lassen, wenn Streich wieder wie ein Irrwisch an der Seitenlinie entlang fegt. Ein uneitler, authentischer Protagonist wie Streich würde der Liga fehlen: Während kaum ein Spieler oder Trainer nicht gestylt den Platz betritt, hat der 49-Jährige eben seinen eigenen Kopf: Streichs graue Zauselhaare stehen schon morgens auf dem Trainingsplatz in alle Richtungen.

Wo ist der verrückte Kerl?

Bei Pressekonferenzen sitzt der Kulttrainer ruhig auf seinem Stuhl, spricht bedächtig, oft mit leidvoller Miene und stets im südbadischen Dialekt. Man fragt sich dann immer, wo der verrückte Kerl geblieben ist, der eben noch mit theatralischen Gesten auf eine Schiedsrichter-Entscheidung reagiert hat und auf der Bank dem Herzinfarkt nahe schien.

Fußballfans lieben Streich für Auftritte wie kürzlich nach dem 2:1-Coup gegen den FC Bayern München, als er fassungslos in die Kabine rannte und dabei stürzte. Und sie lieben ihn für seine ehrlichen Worte. Vor dem so wichtigen Spiel in Hannover sagte Streich Sätze wie: "Ich erwarte nichts. Ich erhoffe mir, dass die Jungs mit Freude ins Spiel gehen und die Balance finden zwischen Anspannung und Leichtigkeit." "Wichtig ist vor allem, dass das ein faires Aufeinandertreffen wird." "Man ist nicht immer nervenstark, das ist nicht im Menschen verankert."

Ein Unentschieden würde dem Sportclub schon zum Klassenerhalt reichen. Das Vertrauen der Freiburger Spieler und Fans in Streich ist groß: 2012 rettete er den Club schon, das Jahr darauf zog er mit den Freiburgern gar in die Europa League ein und auch 2014 blieben sie drin. Abstiegskampf - das kann Streich, der "langfristig" an Freiburg gebunden ist. Mehr gab es bei der Vertragsverlängerung im Mai 2013 von Vereinsseite nicht zu sagen.

Sinnbild der üblichen Inkonstanz

Für die ansonsten übliche Inkonstanz im Profigeschäft steht Frontzeck, der schon in Aachen, Bielefeld, Mönchengladbach und St. Pauli tätig war und nach eineinhalb Jahren Pause nun Hannover aus der Patsche helfen soll. Der Ex-Nationalspieler wurde Ende April in einer Art Panikreaktion von 96-Boss Martin Kind mit einer seltsamen Fünf-Spiele-Mission beauftragt. Vom ersten Tag an strahlte Frontzeck vor allem eins aus: Ruhe.

"In mir sieht es ganz anders aus", sagte der 51-Jährige zwar, kann dies aber gut verbergen. Während Streich in Freiburg das Training diese Woche dosierte, damit die Spieler auch den Kopf frei bekommen, zog Frontzeck mit seiner Mannschaft erneut in ein klösterliches Ambiente. "Wir haben den richtigen Schritt gewählt, hierherzukommen. Man kommt hier zur Ruhe und kann auch vernünftig schlafen - und Schlafen ist die beste Regeneration", sagte Frontzeck im Kurz-Trainingslager in der Klosterpforte Marienfeld.

Von Aufregung keine Spur. Dabei steht so viel auf dem Spiel - für den Club 96 und auch für Frontzeck selbst. Der Klassenverbleib soll angeblich mit einer Prämie in Höhe von 500 000 Euro für den Chefcoach dotiert sein. Gelingt sein Auftrag, ist er wieder drin im Geschäft. Möglicherweise sogar weiter in Hannover. "Er ist unser erster Ansprechpartner", sagte Vereinspräsident Kind schon mehrfach. 

Mehr dazu:
>> Abstiegskampf: Was wäre, wenn...

dpa

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