27.05.2015 13:24 Uhr

Heysel-Katastrophe jährt sich zum 30. Mal

39 Menschen starben beim Meistercup-Finale im Jahr 1985
39 Menschen starben beim Meistercup-Finale im Jahr 1985

Die schrecklichen Bilder wird wohl keiner der Augenzeugen je vergessen: Reglos am Boden liegende Fans, weinende und schreiende Menschen, überforderte Polizisten. Am 29. Mai 1985 starben vor dem Meistercup-Finale zwischen Liverpool und Juventus im Brüsseler Heysel-Stadion bei einer Massenpanik 39 Menschen. 30 Jahre später steht Heysel noch immer für eine der schlimmsten Fußball-Katastrophen.

"Das Spiel dauerte nicht 90 Minuten. Es wird immer noch gespielt. Niemand kann das jemals löschen", sagte der damalige Juve-Siegtorschütze und heutige UEFA-Präsident Michel Platini vor einigen Jahren über das Finale. 32 Italiener, vier Belgier, zwei Franzosen und ein Nordire kamen damals ums Leben, Hunderte Besucher erlitten zudem Verletzungen.

Liverpool-Fans hatten damals einen nur durch einen Maschendrahtzaun getrennten Block gestürmt, der überwiegend mit Juve-Fans besetzt war. "Der Zaun war schnell umgerissen, der wurde niedergetrampelt. Und dann hat sich eine Massenpanik entwickelt", berichtete der damalige ZDF-Kommentator Eberhard Figgemeier. Die Fans versuchten zu flüchten, wurden zu Tode getrampelt oder starben unter einer einstürzenden Mauer. Die viel zu späte Reaktion der Polizei und das baufällige Stadion trugen ebenfalls zu der Tragödie bei. "Es war ein Versagen der Polizei und der Ordnungskräfte", sagte der damalige ORF-TV-Kommentator Robert Seeger.

Hillsborough verdrängte Heysel

Die meisten der 39 Todesopfer waren Juventus-Fans. Beim italienischen Rekordmeister, der 1985 durch den Treffer Platinis das erste Mal den Europacup der Landesmeister gewann, ist die Katastrophe von Heysel noch immer als eines der größten Dramen der Club-Historie präsent. Im Museum des Vereins gibt es einen eigenen Bereich, auch im neu gebauten Juventus Stadium wird mit 39 Sternen der Toten gedacht. "Die Opfer sind immer in unseren Herzen", sagte Club-Präsident Andrea Agnelli am 25. Jahrestag der Katastrophe. In diesem Jahr soll mit einer Messe an die Opfer erinnert werden.

In Liverpool tat man sich schwer, die Schuld zu akzeptieren. "Das war ein Moment großer nationaler Schande, für die Fans und andere in England", sagt der Fußball-Soziologe John Williams von der englischen Universität Leicester. Die Betroffenen hätten überwiegend versucht zu vergessen, was passiert war, oder die Schuld der UEFA oder Brüssel zu geben. Nur vier Jahre später war der Club in die nächste Katastrophe verwickelt: Bei einer Panik im Hillsborough-Stadion in Sheffield starben 96 Liverpool-Anhänger, darunter Frauen und Kinder. Diese Tragödie verdrängte Heysel zusätzlich aus dem Bewusstsein.

Heysel und Hillsborough wirken bis heute nach

Die Erinnerung an Hillsborough ist bei Liverpool allgegenwärtig und in Form zweier Fackeln sogar Teil des Vereinslogos. An die 39 Opfer von Brüssel erinnert eine Tafel mit den beiden Vereinswappen, die 2010 zum 25. Jahrestag enthüllt wurde. "Wenn Hillsborough der traurigste Tag in der Geschichte des Vereins ist, dann ist der 29. Mai sicher der Tiefpunkt", heißt es auf der Liverpool-Homepage.

Heysel hatte - zusammen mit Hillsborough - weitreichende Folgen für den englischen Fußball. Friedliche Fans gründeten einen nationalen Verband, um Nicht-Hooligans eine Stimme zu geben. "Es wuchs ein Verständnis in diesem Land dafür, dass das Spiel kulturell wichtig war, aber das Verhalten vieler Fans ein Problem", erklärt Williams, der es bedauert, dass jährlich ganz offiziell der Opfer von Hillsborough gedacht wird, aber nicht derer von Heysel.

"Haltet die Uhren an"

Neun Jahre nach der Tragödie wurde die veraltete Heysel-Arena geschliffen und am 23. August 1995 das neue König-Boudouin-Stadion mit dem Länderspiel Belgien gegen Deutschland (1:2) eingeweiht. Zum 20. Jahrestag des Heysel-Dramas, am 29. Mai 2005, wurde an der Außenseite des neuen Ovals eine Gedenkskulptur, die mit den Worten "Haltet die Uhren an" versehen ist, enthüllt.

Von den insgesamt 26 an Belgien ausgelieferten Hooligans erhielten 14 Haftstrafen bis zu drei Jahren. Die belgischen Behörden überwiesen den Hinterbliebenen der Opfer rund 1,25 Millionen Euro Entschädigung. Die UEFA verhängte über die englischen Vereine eine fünfjährige, über Liverpool eine siebenjährige Europacup-Sperre. Auch Juventus und der belgische Verband kamen nicht ungeschoren davon. Die Tragödie führte in den Jahren danach zum Umdenken, zu baulichen Veränderungen in vielen Stadien und zu strenger kontrolliertem Kartenverkauf.

apa

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