03.06.2015 08:00 Uhr

U20 nach Nervenschlacht auf WM-Erfolgskurs

Österreichs 2:1-Sieg gegen Panama bei der U20-WM in Neuseeland war am Dienstag nichts für schwache Nerven. Zwei Mann mehr, zwei Elfmeter vergeben und dazu zahlreiche Chancen auf einen höheren Erfolg ausgelassen. "An der Dramatik waren nur wir selber schuld", gestand Coach Andreas Heraf, der am Ende aber doch den großen Schritt Richtung Achtelfinal-Einzug bejubelte.

FIFA U-20 World Cup 2015: In einer Gruppe mit Argentinien, Ghana und Panama. Viele Experten befürchteten wie schon bei der U20-Weltmeisterschaft 2011 in Kolumbien ein ÖFB-Desaster, als man tor- und sieglos wieder die Heimreise angetreten hatte.

Doch U20-Teamchef Heraf hat diesmal eine Mannschaft zur Verfügung, die ideal vorbereitet und auf die Gegner perfekt eingestellt ist. Schon beim 1:1-Auftaktremis gegen Ghana dominierte der ÖFB-Nachwuchs und erarbeitete sich ein klares Chancenplus, gegen Panama war Österreich erneut die deutlich bessere Mannschaft und hatte Möglichkeiten auf einen hohen Sieg. Am Ende wurde es aber eine Nervenschlacht.

"Zwei Ausschlüsse und zwei Elfmeter waren noch zu wenig"

Andi Heraf musste erst einmal tief durchatmen, als er am Podium bei der Pressekonferenz Platz nahm. Ein Kopfschütteln, ein Schluck aus der Wasserflasche, das Gesicht kurz in den Händen vergraben: Diese Partie hatte alle Beteiligten auf die Folter gespannt.

"Zwei Ausschlüsse und zwei Elfmeter waren noch zu wenig. Der Schlag gegen Florian Grillitsch und die Attacke an Andreas Gruber blieben ungeahndet, da hat der Schiedsrichter nicht gerade glücklich agiert", erinnerte der ÖFB-Coach gegenüber weltfussball an zwei weitere nicht gegebene Elfmeter nach Szenen im Strafraum von Panama.

"Es war fast eine Kunst dieses Spiel noch einmal spannend zu machen", lagen Heraf die beiden vergebenen Elfmeter von Florian Grillitsch (64.) und Markus Blutsch (83.) im Magen. Zudem hatte Fidel Escobar in der 38. Minute mit der ersten Chance auf 1:0 für Panama gestellt. "Ein Schock" für sein Team, so der U20-Betreuer. Aber seine Mannschaft zeigte Moral: Ein Eigentor von Chin Hormechea in der Nachspielzeit der ersten Spielhälfte sowie ein Treffer von Valentin Grubeck in der 51. Minute drehten die Begegnung für den ÖFB-Nachwuchs.

"Riesengeschichte wenn wir eine Runde weiterkommen"

"Der Sieg hätte noch viel höher ausfallen müssen. Meine Spieler sind sehr selbstkritisch und auch ich bin sehr ehrgeizig, weil ich möchte dass wir uns immer weiter verbessern. Gegen Ghana haben wir zum Schluss einen vollen Erfolg verschenkt und heute wäre es fast wieder so gewesen. Aber am Ende ist es ein großer Schritt Richtung Achtelfinale", klang bei Heraf schließlich doch die Erleichterung durch.

Seine Mannschaft hatte mit dem Ziel Neuseeland schon bei der Qualifikation etwas ganz Großes geschafft. Nun kann bei der U20-WM noch die Kür erfolgen. "Wir haben auf dem Weg hierher viele starke Gegner gehabt und sind jetzt unter den Besten der Welt. Natürlich wäre es eine Riesengeschichte wenn wir da erneut eine Runde weiterkommen", hofft der Ex-Rapidler auf den Einzug ins Achtelfinale. Mit vier Punkten aus zwei Spielen wurde bereits mehr als nur ein Grundstein dafür gelegt.

Vor dem abschließenden Gruppenspiel am Freitag (ab 6:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) gegen Argentinien haben die rot-weiß-roten Hoffnungsträger alle Trümpfe in der Hand. Der U20-Rekordweltmeister steht hingegen nach der 2:3-Pleite gegen Ghana mit dem Rücken zur Wand. Durch das 2:2-Remis zum Auftkat gegen Panama halten die "Albicelestes" erst bei einem Zähler und stehen gegen Österreich gewaltig unter Zugzwang. Ein Aus bereits in der Gruppenphase wäre die erste ganz große Sensation des Turniers.

Vom "Desaster" zum Gewinn beim riesigen Erfahrungsschatz

Für die ÖFB-Youngsters sieht es hingegen weit besser aus. Schon ein Remis gegen Argentinien genügt auf jeden Fall zum Aufstieg. Platz eins und zwei reichen sicher zum Erreichen der k.o.-Phase und auch als Gruppendritter sollte mit vier Punkten nichts mehr passieren. Nur der Vollständigkeit halber: Es gibt leider ein Horror-Szenario, wonach bei Siegen von Argentinien gegen Österreich und von Panama gegen Ghana alle Teams je vier Zähler hätten und auch noch der letzte Platz möglich ist.

Andi Heraf wollte noch gar nicht zu weit vorausschauen, sondern freute sich zunächst über den enorm wichtigen vollen Erfolg gegen Panama. "Wir haben gewusst, dass sie nur auf Konter warten und dann gehen sie mit ihrer ersten Chance in Führung. Das war ein Desaster. Aber meine Mannschaft hat gezeigt, dass sie ein Spiel auch nach einem Rückstand drehen kann. Für die Entwicklung war dies äußerst wertvoll und ein weiterer Gewinn für den enormen Erfahrungsschatz von diesem Turnier", so der U20-Erfolgscoach.

"Ich hoffe nur, dass wir noch länger da sind und es weitere Erlebnisse für meine Burschen gibt. Sie werden davon in ihren späteren Karrieren gewaltig profitieren", ist sich der ehemalige Nationalspieler sicher.

Siegestorschütze Grubeck "on fire", Gschweidl kennt Erfolgsgeheimnis

In der Mixed Zone des Westpac Stadiums strahlten anschließend Siegestorschütze Valentin Grubeck und Flankengeber Bernd Gschweidl um die Wette. "Die Flanke von Bernd war unglaublich. Ich habe schon auf den Ball 'geschmiert' und habe nur mehr den Kopf hinhalten müssen", jubelte Grubeck. Die harten Attacken von Panama wären für die Mannschaft nicht überraschend gekommen. "Wir waren richtig 'on fire' und auf einen Krieg am Feld vorbereitet, so ist es dann auch gekommen."

"Assistent" Gschweidl freute sich ebenfalls über den verdienten Sieg. "Ich war bei meiner großen Chance in der Anfangsphase noch ein wenig überrascht und habe den Ball leider nicht ins lange Eck bekommen. Aber mit der guten Flanke zum 2:1 habe ich mich dann dafür revanchiert." Der Grödig-Stürmer kennt das ÖFB-Erfolgsgeheimnis: "Unsere Stärke ist, dass wir ein Team sind. Jeder bei uns weiß, was seine Aufgabe ist. Vielleicht unterschätzen uns die Gegner auch ein wenig. Aber gegen uns ist es schwer zu spielen. Wir sind sehr kompakt und unser Pressing ist für alle Mannschaften unangenehm."

An die unfreundlichen spätherbstlichen Bedingungen in Wellington hat sich Gschweidl längst gewöhnt. "Wer den Salzburger Schnürlregen kennt, der kommt sich hier fast wie daheim vor. Das Wetter könnte uns auch besser liegen als Argentinien. Wir haben bisher zwei Superspiele gemacht und müssen nur an unserer Chancenverwertung arbeiten. Wenn die auch noch klappt, dann..." Er brauchte den letzten Satz gar nicht erst zu Ende sprechen. Ein Grinsen genügte.

Mehr dazu:
>> Spiel gedreht! ÖFB-Sieg gegen Panama
>> Gepresst wird bis der ÖFB-Arzt kommt
>> Später Elfmeter kostet ÖFB-Sieg bei U20-WM
>> Die weiteste Reise der ÖFB-Geschichte
>> Ergebnisse und Tabelle der ÖFB-Gruppe bei der U20-WM

Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Wellington/Neuseeland

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten