28.10.2015 11:57 Uhr

Viktoria Köln: Endlich wahrgenommen?

Viktoria Köln will auch gegen Leverkusen wieder jubeln
Viktoria Köln will auch gegen Leverkusen wieder jubeln

Seit Jahren versucht Regionalligist Viktoria Köln mit großem finanziellem Aufwand und prominentem Personal in den bezahlten Fußball aufzusteigen – ohne Erfolg. Das Pokalderby gegen Bayer Leverkusen (am Mittwoch ab 19:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) bietet den Domstädtern die Gelegenheit, sich endlich einmal auf großer Bühne zu präsentieren.

Schaut man dieser Tage auf die Homepage des FC Viktoria Köln, wird schnell klar, was beim Klub aus dem rechtsrheinischen Stadtteil Höhenberg gerade los ist. Vom "Spiel des Jahres" ist dort die Rede und von einem "Spitzenspiel in außergewöhnlicher Atmosphäre" gegen "einen absoluten Top-Club der Bundesliga".

Gemeint ist das Aufeinandertreffen mit Bayer Leverkusen in der zweiten DFB-Pokalrunde. Das Nachbarschaftsduell – die Stadien beider Klubs trennen Luftlinie nur gut zehn Kilometer – ist das absolute Highlight in der jüngeren Vereinsgeschichte des ambitionierten Viertligisten, der sich selbst längst gerne in einer höheren Spielklasse sähe.

Denn seitdem der millionenschwere Unternehmer Franz-Josef Wernze als Mäzen das Zepter bei der Viktoria schwingt, ist das Ziel des früheren Zweitligisten klar: Rückkehr in den bezahlten Fußball und Etablierung als zweite Kraft in der Domstadt hinter dem großen FC.

Sammelbecken für Alt-Stars

Wernze investierte für sein Projekt Profiverein viel Geld in den zuvor völlig abgebrannten Klub, führte ihn aus dem Nichts in die Viertklassigkeit und etablierte ihn dort als ständigen Aufstiegsaspiranten. Ex-Bundesligaspieler wie Alexander Voigt, Giovanni Federico und Albert Streit gaben sich bei der Viktoria die Klinke in die Hand.

Auch im aktuellen Kölner Kader finden sich bekannte Namen: Kapitän Mike Wunderlich, dessen Vater Franz als Sportdirektor die Fäden zieht, der momentan verletzte Markus Brzenska und Jules Reimerink etwa schnürten noch vor gar nicht allzu langer Zeit in höherklassigen Ligen ihre Fußballschuhe.

Abseits des Platzes sorgen Wernzes Zuwendungen für eine herausragende Infrastruktur: Natürlich trainieren die Viktoria-Akteure unter Profibedingungen. Die in den letzten Jahren hochgerüstete Jugendarbeit trägt langsam erste Früchte. Weil ihm der für mehr als eine Millionen Euro sanierte Sportpark Höhenberg nicht mehr genügt, bastelt der Investor hinter den Kulissen an einem Stadionneubau.

Experiment mit Wollitz gescheitert

Von großem sportlichen Erfolg gekrönt waren diese kostenintensiven Bemühungen bislang allerdings nicht. Die Gegner heißen normalerweise immer noch SV Rödinghausen, TuS Erndtebrück oder FC Wegberg-Beeck.

Vor allem Wernzes Versuch, dem Klub vor der Saison 2013/2014 durch die teure Verpflichtung von Kult-Trainer Claus-Dieter Wollitz zum lang ersehnten Aufschwung zu verhelfen, ging gründlich schief.

Der extrovertierte Lautsprecher – angeblich qua Vertrag mit einer Aufstiegsprämie von mehr als 200.000 Euro ausgestattet - brachte die Viktoria zwar mit hübscher Regelmäßigkeit in die überregionalen Schlagzeilen.

Ende 2014 musste er aber nach nur anderthalb insgesamt durchwachsenen Jahren schon wieder seinen Hut nehmen. Eine Serie von acht Spielen ohne Sieg und die, so Wernze im "Express", daraufhin greifenden "Gesetze des Fußballs" kosteten den prominenten Übungsleiter den Kopf.

Jugendstil statt großer Name

Nachfolger wurde Tomasz Kaczmarek, der in vielerlei Hinsicht den kompletten Gegenentwurf zu Wollitz darstellt. Das erst 31 Jahre alte Trainer-Talent, dem Wernze gewohnt großspurig sogar "den Sprung nach ganz oben" zutraut, tut Verein und Mannschaft durch seine ruhige, unaufgeregte Art gut. Beeindruckende 14 Partien blieb die Viktoria in der vergangenen Rückrunde ungeschlagen und griff am Saisonende sogar noch einmal ins Regionalliga-Aufstiegsrennen ein.

Dort findet sich Kaczmareks Truppe in dieser Spielzeit standesgemäß erneut wieder, auch wenn der Rückstand auf die Sportfreunde Lotte an der Tabellenspitze bereits sieben Zähler beträgt. Nach zwei sieglosen Spielen in Folge kehrte der aktuelle Tabellenvierte am vergangenen Freitag durch einen 1:0-Pflichtsieg in Verl gerade rechtzeitig zum großen Pokalfight wieder in die Erfolgsspur zurück.

Mit ungewohntem Gefühl gegen Bayer

Im Duell mit der Werkself schlüpft die im Ligaalltag in praktisch jedem Spiel favorisierte Viktoria in eine ungewohnte Rolle: die des krassen Außenseiters. Alles andere als ein Sieg des stargespickten Bundesligisten wäre eine absolute Sensation, auch wenn Kaczmarek betont: "An einem sehr guten Tag sind wir in der Lage, Bayer ein Bein zu stellen."

Für einen Überraschungscoup spricht nicht nur ebenfalls kaum vohersehbare 2:1-Erstrundenerfolg der Kölner gegen die Zweitligakicker von Union Berlin, sondern auch ein respektables 1:1 im Sommer-Testspiel gegen Bayer.

Als wären die große Bühne DFB-Pokal und ein möglicher Achtelfinaleinzug für seine Spieler noch nicht genug Anreiz, macht Wernze im Falle eines Siegs gegen Leverkusen seinen prall gefüllten Geldbeutel zudem einmal mehr ganz weit auf. Angeblich beträgt die ausgelobte Siegprämie für die Mannschaft satte 100.000 Euro.

Tobias Knoop

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