31.10.2015 10:20 Uhr

Blues vs. Reds: The Thrilling One

Die Fans des Chelsea FC wollen unbedingt eine Trendwende
Die Fans des Chelsea FC wollen unbedingt eine Trendwende

All eyes on the sideline! Selten stand ein Premier-League-Match derart im Zeichen der beiden Trainer wie das bevorstehende Krisenduell zwischen Chelsea und Liverpool. Wenn José Mourinho und Jürgen Klopp aufeinandertreffen, sind Emotionen garantiert. Für die Kultcoaches steht dabei eine Menge auf dem Spiel.

Die englischen Sportjournalisten rieben sich in der vergangenen Woche verwundert die Augen. Dort, wo sonst allzu häufig Giftpfeile in alle Himmelsrichtungen geflogen waren, saß ein ungewohnt zahmer José Mourinho im Presseraum des FC Chelsea und outete sich vor den Medienvertretern als Bewunderer von Premier-League-Neuling Jürgen Klopp. "Wir mögen uns sehr, seine Arbeit spricht für sich. Jürgen ist einer der besten Trainer in Europa", schwärmte der sonst so spitzzüngige Portugiese von seinem Trainerkollegen, den er aus früheren Champions-League-Schlachten zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid noch in guter Erinnerung haben dürfte.

Auch der Deutsche beteiligte sich an der gegenseitigen Lobhudelei. "Ich habe großen Respekt vor seiner Arbeit", erklärte Klopp gut 24 Stunden vor der Begegnung an der Stamford Bridge. Wenn man nicht gerade Schiedsrichter oder Journalist sei, fügte der 48-jährige Teammanager der Reds an, "kann Mourinho ein netter Kerl sein. Ich gehöre nicht zu diesen beiden Gruppen, also verstehe ich mich gut mit ihm". Friede, Freude, Punkteteilung also? Mitnichten!

Offene Rechnungen

Zu frisch sind die Erinnerungen vieler Liverpool-Kicker an die letzten Duelle mit dem schwerreichen Klub aus London. Allen voran die traumatische 0:2-Heimpleite an der Anfield Road im April 2014, als die Meisterschaft nach einem folgenschweren Gerrard-Patzer auf den letzten Metern verspielt wurde. Eine Reihe von Reds-Spielern, so heißt es, ärgert sich bis heute über den provokanten Jubel Mourinhos, der nach dem zweiten Treffer die Arme gen Himmel streckte und das Chelsea-Wappen demonstrativ küsste.

Nun bietet sich die Gelegenheit, alte Rechnungen zu begleichen. Den exzentrischen Blues-Coach, der aktuell die wohl schwerste Phase seiner Karriere durchmacht, aus dem Amt zu schießen, dürfte einigen schon Motivation genug für das anstehende Match sein.

Zwar gelten angeschlagene Boxer gemeinhin als die gefährlichsten, doch im Falle des FC Chelsea könnte der K.o. bereits kurz bevorstehen. Nach fünf Niederlagen in zehn Ligapartien und Tabellenplatz 15 herrscht längst Alarmstimmung beim amtierenden Meister. Schwache Auftritte in der Königsklasse gegen Porto (1:2) und Kiev (0:0) haben ebenso wenig zur Beruhigung beigetragen wie das Pokal-Aus in Stoke. Bei den Buchmachern steigen die Quoten auf einen baldigen Rauswurf von José Mourinho beinahe täglich. Geht nun auch der Vergleich mit dem FC Liverpool in die Hose, könnte die zweite Amtszeit des Portugiesen Geschichte sein.

Bloß kein Fehlstart

Wie es der Zufall will, kann ausgerechnet Jürgen Klopp, dessen Hype in England nach wie vor ungebrochen ist, das Zünglein an der Waage sein. Der Mann, der sich in seiner Antritts-PK in Anspielung auf "The Special One" Mourinho selbst "The Normal One" getauft hatte.

Dabei hat der Deutsche derzeit mit eigenen Problemen zu kämpfen. Als neuer Messias auf dem Trainerstuhl gefeiert, steht der Ex-Mainzer vor der schweren Herausforderung, mitten in der Saison einen Neustart beim LFC zu organisieren. Unter Vorgänger Brendan Rodgers lag das Potenzial der Mannschaft zuletzt brach, selbst die treusten Fans wandten sich vom Team ab – bis "Kloppo" kam.

Mit der Leidenschaft, die ihn in Dortmund einst zum Star an der Seitenlinie avancieren ließ, sollte das Feld von hinten aufgerollt und endlich wieder attraktiver Fußball geboten werden. Die ersten vier Pflichtspiele unter dem 48-Jährigen haben jedoch gezeigt, dass auch der Blondschopf keine Wunder vollbringen kann. Drei biedere Unentschieden gegen Tottenham, Southampton und Rubin Kazan haben Hoffnungen auf eine sofortige Aufholjagd jäh beendet und die spielerischen Mängel des Kaders offenbart. In der Liga droht ein Jahr im Mittelmaß, die Angst vor einem erneuten Fehlstart wächst. Setzt es in London die erste Niederlage, dürfte die anfängliche Aufbruchsstimmung der Vergangenheit angehören.

Genügend Zündstoff also, wenn der "Normale" auf den "Besonderen", der Turbotaktiker auf den Kontrollfreak trifft. So mutiert das Duell des Neunten gegen den Fünfzehnten automatisch zu einem spannungsgeladenen Spektakel voller Nervenkitzel – "The Thrilling One" sozusagen. "Es ist ein großes Spiel", erläutert Klopp, schränkt aber ein: "Es ist auch nur Fußball und ich bin seit 15 Jahren Trainer und hatte schon einige große Spiele". Auch sein Gegenüber gibt sich Mühe, die Situation herunterzuspielen und sein Team "genauso auf die Partie vorzubereiten wie sonst auch". Bleibt die Frage, wer nach 90 Minuten an der Stamford Bridge noch gelassen sein wird.  

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Heiko Lütkehus

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