01.03.2016 08:00 Uhr

Der Rapid-Feind im eigenen Sektor

Der SK Rapid stellte mit imposanten 239.800 Zuschauern bei den Heimspielen der Europacup-Saison 2015/16 einen Vereinsrekord auf. Doch eine Minderheit unter den grün-weißen Fans zerstört die Freude über diese gewaltige Bestmarke. Das riesengroße Transparent mit der Aufschrift "Puta Valencia" brachte Österreichs Rekordmeister eine Anzeige bei der UEFA ein. Es drohen neuerlich Konsequenzen.

43.200 Fans gegen Ajax, 46.400 Zuschauer gegen Shakhtar Donetsk, 36.200 Besucher gegen Villarreal, 39.400 Zuseher gegen Viktoria Plzeň, 34.800 Anhänger gegen Dinamo Minsk und 39.800 Fans gegen Valencia: Die Zuschauer-Statistik der sechs internationalen Rapid-Heimspiele in der laufenden Saison müsste bei den Finanzverantwortlichen in Wien-Hütteldorf eigentlich die Korken knallen lassen, doch nun steht erneut eine empfindliche Geldstrafe ins Haus.

Spätestens seit der Anzeige durch die spanische Liga wegen der beleidigenden Spruchbänder beim Heimspiel gegen Valencia ist klar: Eine kleine Minderheit an Rapid-Fans hat ihrem Lieblingsverein einmal mehr enormen Schaden zugefügt. Wiederholungstäter in den eigenen Reihen. Der "Feind" im eigenen Sektor. Konsequenzen durch die Verantwortlichen? Keine.

Rapid-Präsident Krammer ist längst wortbrüchig

Ein Auszug der Tiefpunkte durch eine kleine Gruppe, die vernünftigen Argumenten schon lange nicht mehr zugänglich ist: National Platzsturm und Abbruch beim Wiener Derby samt einem Geisterspiel in der Bundesliga, international Randale in Saloniki samt der Konsequenzen eines Europacup-Heimspiels ohne Zuschauer.

Gewalttätige Ausschreitungen bei einem Testspiel gegen den 1. FC Nürnberg, eine Prügelattacke auf den damaligen Austria-Nachwuchsspieler Valentin Grubeck, die überdimensionale Fanchoreographie "Tod und Hass dem FAK" in riesigen Lettern auf einem meterlangen Transparent in der Fankurve im Ernst Happel-Stadion (genau dort wo auch "Puta Valencia" zu lesen war). Dazu die Rekord-Geldstrafe von 186.000 Euro laut Geschäftsbericht 2014/2015 durch Pyrotechnik-Verstöße.

Eine Summe, die sich zudem nach dem "Bengalen"-Großeinsatz im Frühjahr 2016 beim Derby gegen die Austria und im Auswärtsspiel gegen Sturm in Graz weiter erhöhen wird. Die Geldstrafe nach der Valencia-Anzeige bei der UEFA nicht zu vergessen. Hier wird Rapid massiv geschadet. Konsequenzen durch die Verantwortlichen? Keine.

Rapid-Präsident Michael Krammer hatte vor nicht allzu langer Zeit eine "absolute Null-Toleranz-Politik" angekündigt. "Lebenslange Stadionverbote" und Entzug der Mitgliedschaften beim Verein oder bei Fangruppen. "Die Leute sollen ihre aktive Fankultur ausleben, aber es ist klar wo die Grenzen liegen", hatte Krammer im exakten Wortlaut gegenüber weltfussball versprochen. Inzwischen ist der Vereinsboss längst wortbrüchig geworden. Wo sind ihre Taten, Herr Krammer?

"Wir werden konkrete Schritte sitzen: Gespräche mit der führenden Fanszene und Sponsoren sollen gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Und wir haben in Gesprächen mit der aktiven Fanszene klargemacht, was man tun und was man nicht tun soll, um dem Verein zu helfen", so Krammer. Wo ist die Umsetzung der schönen Worte?

Rapid-Geschäftsführer Peschek: "Beleidigung, aber nicht Diskriminierung"

Mittlerweile hat bei Verfehlungen jener unbelehrbaren Gruppierung der grün-weißen Anhängerschaft längst Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek die Rolle als Sprachrohr des Vereins übernommen.

Dies hörte sich nach den jüngsten Vorfällen gegen Valencia so an: "Es muss genau untersucht werden, wie so große Transparente mit Beschimpfungen in den Block gelangen konnten." Mittlerweile sind die Ordner ausgetauscht worden. Eine Logik, die einem Wechsel der Polizisten nach einem Verbrechen entspricht. Ohne die Schuldigen zu finden und zu bestrafen.

Weiters meinte Peschek: "Die UEFA hat gegen uns ein Verfahren wegen Beleidigung, aber nicht wegen Diskriminierung eingeleitet." Also alles halb so schlimm. Der Ex-SPÖ-Politiker ging aber verbal noch weiter: "Wir haben zwölf internationale Spiele gehabt und bei elf gab es keine einzige Beleidung, Beschimpfung oder sonstige Vorkommnisse." Nach dieser Logik muss man auch Verständnis für einen Geisterfahrer haben, weil es bei ihm ja zuvor elf Mal keine Vorkommnisse gab.

Androhung körperlicher Gewalt, Rauswurf aus Lokal, es geht munter weiter

Peschek unterhält beste Verbindungen zur grün-weißen Fanszene. In Valencia wollte der Rapid-Geschäftsführer aus Protest gegen die Verbannung des "Ultras"-Transparents sogar mit Vereins-Offiziellen im Gästesektor Stellung beziehen. Am Ende blieben hunderte Rapid-Fans dem Spiel fern, während ihre Anführer mit Karten auf neutralen Plätzen kontrollierten, wer sich an den Boykott hielt und wer nicht.

"Im Universum sind viele gleich und manche gleicher. Die Capos im Stadion, das Fußvolk draußen, aber alle um eine Blamage reicher", besser als ein Transparent der Fans des Gegners beim nächsten Bundesligaspiel kann man das Geschehen in Valencia nicht zusammenfassen. Eben jene Capos, die auch dafür verantwortlich sind, dass der Bundesliga-Vorstand samt Begleitung bei einem Essen in Hütteldorf aufgefordert wird, sofort das Lokal zu verlassen.

Androhung körperlicher Gewalt gegen Vereinsmitarbeiter, die sich kritisch über das Fehlverhalten einer radikalen Szene äußerten. Man weiß schließlich auch genau, wo der Nachwuchs in den Kindergarten oder zur Schule geht. So werden Menschen  unter Druck gesetzt und mundtot gemacht. Der ehemalige "Capo" der führenden Fangruppe fasste es so zusammen: "Ich bin heute ein alter Mann. Früher waren die Leute leichter zu steuern. Jede Generation geht ihren eigenen Weg."

Ein Weg, der von Rapid akzeptiert wird. Obwohl er dem eigenen Verein schadet. Gibt es einen noch klareren Hinweis, dass ein Irrweg beschritten wird? 

Mehr dazu:
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>> Rapid droht Nachspiel wegen Transparent

wfb

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