19.04.2016 16:35 Uhr

Barça-Krise: Alles begann im Clásico

Barcelona verlor zuletzt drei Ligaspiele in Folge
Barcelona verlor zuletzt drei Ligaspiele in Folge

Seit Barça den Clásico gegen Real Madrid verlor, befindet sich das Team von Luis Enrique in einem Negativstrudel. Drei Pleiten später ist sogar die Meisterschaft in Gefahr. Aber wer ist eigentlich Schuld an der Misere?

Spielminute 56: Rakitic serviert einen Eckball von der rechten Seite mustergültig auf die Stirn von Piqué, der sich höher schraubt als all seine Gegenspieler und den Ball kompromisslos in die Maschen köpft. In diesem Moment schien Barça dem Ligatitel wieder einen Schritt nähergekommen zu sein. Titel, die in der vergangenen Saison wie selbstverständlich eingefahren wurden. Und auch dieses Jahr lief eigentlich alles wie am Schnürchen: 39 Spiele ohne Niederlage bis zu eben jenem Clásico, den Barcelona trotz Führung noch verlor.

Als ob Piqué den kollektiven Einbruch bereits in den müden Beinen spürte, redete er an den Mikrofonen der Journalisten nach Abpfiff gegen eine Formkrise an: "Wir müssen weitermachen. Wir dürfen nun nicht in ein Loch fallen, da wir uns in einer einzigartigen Ausgangsposition befinden." Doch dieser Abend Anfang April sollte der Anfang eines nur schwer zu beschreibenden Leistungseinbruches sein. Seit diesem Tag hat Barcelona zwölf Punkte Vorsprung auf Real Madrid und acht auf Atlético verspielt und schied zudem aus der Champions League aus. Vor allem das Rückspiel des Viertelfinales der Königsklasse im Vicente Calderón zeigte den Katalanen klar ihre Grenzen auf.

Was ist los mit Barça?

Einer der augenscheinlichsten Gründe ist die Fitness der Mannschaft. Víctor Malo, Journalist von 'Diario Gol', erlaubte sich Luis Enrique nach der körperlichen Verfassung des Teams zu fragen. Die Antwort des Trainers war schlicht frech und arrogant: "Wie heißen Sie? Nächste Frage!", überging der Barça-Coach das durchaus berechtigte Nachhaken der schreibenden Zunft.

Und sicherlich ist der Trainer nicht ganz unschuldig an den Ermüdungserscheinungen seines vielgelobten Angriffstrios Messi, Suárez und Neymar. Egal ob sie gut oder schlecht spielen, alle drei werden praktisch nie ausgewechselt. Zuletzt geschehen bei der 1:2-Niederlage gegen Valencia. Luis Enrique zeigte wieder einmal kein Vertrauen in seine Bank und ließ die Minuten trotz Rückstand ohne einen einzigen Wechsel verstreichen. Rotation? Ein Fremdwort für Barças Verantwortlichen an der Seitenlinie.

Zudem zeigt nun auch die Abwehr Schwächen. Im vergangenen Jahr noch durfte Claudio Bravo, auch dank seiner sicheren Vorderleute, die Zamora-Trophäe für den besten Keeper der Liga entgegennehmen. In den letzten Wochen aber blieb Barça selten ohne Gegentreffer. Piqué, Mascherano und vor allem Jordi Alba stehen oft neben sich. Seit dem Clásico kassierten die Katalanen in jedem Spiel mindestens ein Tor. Eine unsichere Defensive plus drei Weltklasseangreifer auf der Suche nach ihrem verlorengegangenen Torriecher scheinen die Ursache für die aktuelle Krise zu sein. Dazu kommt, dass das famose 'Tiki-Taka' momentan nur in Zeitlupe stattfindet und ein schnelles Umschalten meist von der gegnerischen Abwehr früh unterbunden werden kann.

Auf der Suche nach den Schuldigen

Kein Spieler aus Luis Enriques Stammformation - mit Ausnahme des genialen Andrés Iniesta - ruft im Moment das ab, was er wirklich kann. Messi, Suárez und Neymar laufen ihrer Form hinterher. Und das aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Lionel Messi angeblich schon wochenlang mit Muskebeschwerden aufläuft, zu deren Besserung nur einige Spiele Pause beitragen würden. Barças Nummer 10 bringt seine Leistung nicht, weder Vorlagen noch Tore gelingen dem Argentinier. Es sollen sogar bereits Beleidigungen gegen Messi im Camp Nou zu hören gewesen sein.

Währenddessen versucht Neymar seinem Spiel treu zu bleiben. Doch seine Dribblings gelingen dem Brasilianer in den letzten Wochen nur selten. Er versucht zwar immer neue Tricks aus dem Ärmel zu schütteln, doch die meisten Gegenspieler in La Liga scheinen seine Finten langsam durchschaut zu haben.

Suárez ist und bleibt der geborene Vollstrecker, der wühlt und ackert, sobald er den Ball nur in seiner Nähe ahnt. Doch das Leder kommt zuletzt immer seltener beim Uruguayer an. Der steht so häufig auf verlorenem Posten und lässt zudem jene Kaltschnäuzigkeit vermissen, mit der sich noch vor einigen Wochen an die Spitze der Torschützenliste katapultiert hatte.

Kredit verspielt

Schlechte Leistungen auf dem Platz plus die in einer solchen Situation überflüssigen Alleingänge von Dani Alves und Piqué in den Sozialen Netzwerken sorgten bei Barça für einen selten dagewesenen Negativstrudel. Mit den beiden Madrider Platzhirschen im Nacken, bleibt den Katalanen schlicht kein Platz mehr für weitere Ausrutscher. So musste zuletzt auch Luis Enrique einräumen, dass seine Mannschaft "jeglichen Kredit verspielt habe." Einziger Hoffnungsschimmer: Gegen Valencia zeigte sich Barça leicht verbessert und hätte durchaus auch gewinnen können.

Noch ist es nicht zu spät. Barcelona kann, aller Schwarzmalerei zum Trotz, in dieser Saison immer noch das Double aus Meisterschaft und Pokal gewinnen. Im Cup-Finale am 22. Mai gegen Sevilla muss es den Zöglingen von Luis Enrique gelingen jegliche Negativspiralen aus den Köpfen zu verbannen und in einem Alles-oder nichts-Spiel wieder ihr wahres Potenzial abzurufen. Selbstverständlich wäre der Pokaltriumph alleine zu wenig für die Ansprüche der Katalanen.

Ein Blick auf das Restprogramm der drei Konkurrenten um die Meisterschaft sollte alle Anhänger und Sympathisanten des FC Barcelona jedoch etwas ruhiger schlafen lassen. Während die Azulgrana in den letzten fünf Ligapartien ausschließlich gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte antreten muss, tanzen beide Madrider Klubs noch auf europäischer Bühne und haben auch in der Primera División noch den ein oder anderen schwereren Gegner vor der Brust.

Jesús Lorente / Thomas Malzacher

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