09.06.2016 16:30 Uhr

Büskens kennt Träume und Sehnsüchte Rapids

Wienerisch, Lektion eins: Die Schalker Kumpels Mike Büskens und Andreas Müller sind zwei alte
Wienerisch, Lektion eins: Die Schalker Kumpels Mike Büskens und Andreas Müller sind zwei alte "Haberer"

Der SK Rapid hat am Donnerstag den neuen Trainer Mike Büskens offiziell vorgestellt. "Fußball mit Leidenschaft" soll unter dem 48-jährigen Deutschen geboten werden. Büskens selbst will erst zufrieden sein, wenn er etwas gewonnen habe.

"Rapid bedeutet, was Personalpolitik betrifft große Kontinuität und Stabilität. Wir hatten in den letzten zehn Jahren vier Trainer. Andere Spitzenklubs in Österreich hatten neun oder zehn." Rapid-Präsident Michael Krammer fand bemerkenswerte Eingangsworte, bevor er Michael "Mike" Büskens feierlich das Trainingsleiberl mit Vereinswappen und Initialen überreichte und in Wien willkommen hieß.

Ein Trainerwechsel ist also grün-weißer Ausnahmezustand. Entsprechend ungelenk wirkte die am Montag verlautbarte (einvernehmliche) Trennung von Zoran Barisic, die - wie es sich im Laufe der Pressekonferenz herausstellen sollte - gar nicht so plötzlich erfolgt war, wie weitgehend angenommen.

Vor zwei Wochen kam der Anruf

"Der Auftrag an den Geschäftsführer Sport Andreas Müller war, nicht nur auf dem Spielfeld einen Plan B oder C zu haben, sondern auch auf der Trainerbank", erklärte Krammer weiter. So wurden nicht nur mit Barisic Gespräche geführt, sondern insgeheim auch mit dem Deutschen Mike Büskens bereits vor zweieinhalb Wochen Kontakt aufgenommen.

"Andi hat mich gefragt, ob ich diesen Wahnsinn, den ich in mir trage, noch einmal auf die Wiese bringen möchte", erzählte Büskens von der Kontaktaufnahme. Gemeinsam mit Müller gewann der frühere linke Flügelspieler mit Schalke 04 sensationell den UEFA-Cup. Beide verbrachten viele Jahre bei den Knappen. "Ich bin überzeugt von ihm, weil ich ihn kenne", so Müller über seine erste Trainerwahl, "ich würde mich keine Sekunde anders entscheiden." In der Vorwoche konnte Büskens schließlich auch das Rapid-Präsidium in einem Hearing von sich begeistern.

"Erster Punkt, er vermittelt Fußball als Leidenschaft", so Krammer. Unter Büskens soll Rapid, wie es sich gehört, allerorts mit "hundertprozentiger Einsatzbereitschaft" antreten: "Egal ob in Madrid, Altach oder in der Südstadt." Bei Punkt zwei stand die persönliche Zufriedenheit von Büskens im Fokus. "Wenn ich etwas gewonnen habe", so die richtige Antwort.

Tatsächlich wird bei Rapid nach drei Saisonen als Vizemeister hinter Liga-Krösus Salzburg einer vergebenen Titelchance in der abgelaufenen Saison nachgetrauert. "Wir waren fahrlässig und naiv. Das dürfen wir in dieser Häufigkeit nicht zulassen", blickte Andreas Müller zurück.

Hohe Erwartungshaltung

"Ich kenne die Sehnsüchte und Träume von Rapid", gab sich Büskens wohlwissend, welches Saisonziel zu verfolgen sein wird. Mit Rapid habe sich der 48-Jährige schon gegen Ende seiner Spielerkarriere beschäftigt. "Pepi Hickersberger wollte mich holen", so Büskens. Weitere Berührungspunkte boten sein früherer Trainer und Rapids Ex-Sportdirektor Helmut Schulte oder eben aktuell Müller.

"Ich wurde 1968 in einem Arbeiterstadtteil von Düsseldorf geboren, war lange bei einem Malocher- und Kumpelklub. Auch die Basics und Werte bei Rapid sind harte Arbeit", wusste Büskens schon fast bestens integriert.

Nach Jahren auf Schalke und in Fürth, kennt Mike Büskens auch die schwere Bürde großer Traditionen. Den Meistertitel als neues Saisonziel versuchte er zu relativieren. "Ich will alles reinschmeißen", versprach der neue Rapid-Trainer, "am Ende des Tages geht es aber um Nuancen." Zum Saisonende möchte er sich jedenfalls nichts vorwerfen können.

Dann wird spätestens zu klären sein, ob Rapid mit Büskens in die Verlängerung geht. Aktuell läuft der Vertrag bis Sommer 2017, dann kann eine Option gezogen werden. "Das war mein Bestreben. Ich brauche keine Sicherheit, nur eine Aufgabe, in der ich mich wiederfinden kann", so Büskens, dessen Familie in Düsseldorf bleibt ('Es gibt gute Flugverbindungen").

Der grün-weiße Trainingsauftakt findet schon am Freitag statt. Büskens verzichtet vorerst darauf, einen Vertrauensmann mitzubringen. "Beschnuppern" ist zuerst angesagt. "Mir geht es nicht ums umkrempeln", sagte der Coach. Als Realist weiß er jedoch, dass ihm etwas Florian Kainz (Werder Bremen soll Interesse zeigen) abhanden kommen könnte. "Es gibt nur eine Handvoll Vereine, denen es nicht so geht."

"Im Endeffekt holt der Verein in Absprache mit mir Spieler, die aber vor allem passen sollen. Trainer wollen Mannschaften immer wieder umdrehen, das kostet eigentlich nur Geld."

Keine Zahlenspiele

Auch auf ein bestimmtes System wollte Büskens sich nicht festlegen. "Es geht darum Räume zu besetzen. Man denkt viel zu sehr in Schemen", ließ er sich fast zu einem taktischen Impulsreferat hinreißen. Was bei Büskens allerdings im Vordergrund steht, ist das Kollektiv - und das Gewinnen.

Bei Rapid soll das vorhandene Potential genutzt werden. "Es wird ein ganz wichtiges Jahr. Wir gehen in die alte Heimat und unser neues Zuhause. Das wird ein Meilenstein", erinnerte Präsident Krammer. Nach drei Jahren Vizemeister muss man Meister werden wollen, fügte Andreas Müller hinzu.

Büskens hat die Noch-Baustelle schon besucht. Er möchte "positive Energie freisetzen, dann können wir etwas bewegen." Befragt über Österreichs EM-Chancen, legte Büskens so richtig auf dem Podium los. Wer weiß, was möglich sei. Bei seinem Vortrag striff er neben Leicesters Sensationsjahr in der Premier League auch das Mikrofon. "War ich das jetzt?" Da war sie, die Leidenschaft, und der Wahnsinn blitzte ein bisschen durch. Er will schließlich auf die Wiese gebracht werden.

Mehr dazu:
>> Mike Büskens wird neuer Rapid-Trainer 

Sebastian Kelterer

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