23.06.2016 14:15 Uhr

EM-Bilanz des ÖFB: Unter Erwartungen

Schluss, aus, vorbei! Statt zum Achtelfinale geht es für das ÖFB-Team am Donnerstag zurück in die Heimat. Österreichs EM-Traum ging bereits nach der Gruppenphase zu Ende. Zu viele Fehler rächen sich eben. Das Sündenregister umfasst eine zuvor in die Qualifikation toll auftretende Mannschaft samt Teamchef, aber auch die Planung der Verbandsführung muss mehr als nur kritisch hinterfragt werden.

Österreich, Russland und Schweden fliegen allesamt bereits nach der Vorrunde nach Hause. Die EM-Qualifikationsgruppe des ÖFB lieferte einen sieglosen "Salto Nullo". Ergebnisse lügen nicht. Im Spitzensport allgemein und auch speziell im Fußball nicht. Marcel Koller erschien am Donnerstag um 13:00 Uhr zur letzten Pressekonferenz in Mallemort. Gemeinsam mit Sportdirektor Willi Ruttensteiner und Kapitän Christian Fuchs nahm der Schweizer zur Pleite bei der UEFA EURO 2016 Stellung.

Die persönliche EM-Bilanz von Koller hörte sich so an: "Wir haben in drei Spielen nur in einer Halbzeit gezeigt, was wir können. Das reicht bei so einer Endrunde eben nicht. Das 'Warum' und 'Wieso' wird man in den nächsten Wochen analysieren. Es gab Verletzungen und der ein oder andere Spieler war nicht in Form. Das kannst Du dann im Laufe eines Turniers nicht mehr beheben. Wir haben viele Erfahrungen sammeln können. Jetzt kann sich jeder Gedanken machen und in der WM-Qualifikation zeigen, dass er es besser kann."

Sportdirektor Ruttensteiner gestand, dass mit dem Verpassen des Achtelfinales "unser großes Ziel nicht erreicht wurde. Es herrscht eine gewisse Enttäuschung, weil wir nicht die Performance wie in der Qualifikation geboten haben. Wir werden die Gründe analysieren und die richtigen Schlüsse ziehen."

Kapitän Fuchs sprach in seiner Analyse davon, dass "wir alle enttäuscht sind - jeder einzelne Spieler. Wir haben nur eine Halbzeit an unsere Leistungen aus der Qualifikation anschließen können. Aber ich wehre mich dagegen alles negativ zu sehen. Wir haben viel erreicht und ich bin stolz auf die Mannschaft. Leider kann man mit der Endrunde nicht zufrieden sein. Bedanken möchte ich mich bei den österreichischen Fans. Die Unterstützung war unglaublich. Am Platz hatte man Gänsehaut."

Marcel Koller gibt sich als Unfehlbarer und kratzt am eigenen Denkmal

Als Erfolgscoach einer beeindruckenden EM-Qualifikation hatte sich Marcel Koller in Österreich einen Namen gemacht. Mit seiner Reaktion am Tag nach dem Scheitern kratzte der Schweizer aber am eigenen Denkmal. Kein Eingestehen eines Fehlers mit dem gescheiterten Experiment der Dreierkette in den ersten 45 Minuten bei der 1:2-Niederlage gegen Island. Der Trainer gab sich eher unfehlbar und nahm fast in jedem Statement die Spieler in die Pflicht.

Damit tat sich Koller keinen Gefallen. Fehler sind menschlich. Man kann sie auch eingestehen. Er tat es nicht und beschädigte damit vielleicht nachhaltig seinen guten Ruf. Seine Erklärungen hörten sich so an: "Grundsätzlich bin ich auch nicht zufrieden. Meine Erwartungshaltung war auch anders und nicht als Gruppenletzter auszuscheiden." Doch kurz danach wurde bereits wieder die Mannschaft in den Blickpunkt gerückt.

Der erste Gegentreffer der Isländer war eine einstudierte Variante. Das ÖFB-Team wusste um diese Stärke des Gegners. Versagte aber in der Defensive bei der Umsetzung. Wenn eine Mannschaft so unter den eigenen Erwartungen bleibt, dann ist das auch ein schlechtes Zeugnis für den Trainer oder Herr Koller? Der Schweizer zögerte mit seiner Antwort auf die weltfussball-Frage ein wenig, dachte nach und sagte dann: "Die Mannschaft war über diese Variante des Gegners informiert und kann sich deshalb nicht davonschleichen. Ich habe vieles mitgegeben, aber bei der Umsetzung hatten wir unsere Probleme."

"Bin als Trainer abhängig von den Spielern"

"Ich bin als Trainer abhängig von den Spielern und muss weiter mit diesen Spielern arbeiten. Auch wenn ein Spieler einen Elfmeter vergibt, dann kann ich ihm nicht den Kopf abreißen. Wir müssen die Erfahrungen zusammentragen und es besser machen", so der ÖFB-Chefcoach.

Wir. Ein Schlüsselwort. Nicht nur die Mannschaft steht in der kommenden WM-Qualifikation in der Pflicht. Auch der Trainer. Die Flitterwochen sind vorbei. In der Ehe Koller - ÖFB gibt es mit der EM-Pleite die erste handfeste Krise. Es wird sich zeigen, ob man gestärkt aus dieser herausgehen kann. Der Weg zur Weltmeisterschaft 2018 in Russland ist weit. Mit Leistungen wie bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich wird er zu weit sein.

Darüber müssen sich alle Beteiligten klar sein. Die Spieler und auch Marcel Koller selbst.

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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Mallemort

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