19.07.2016 13:35 Uhr

Liga-Trainer kritisieren EM-Aufstockung

Einigkeit bei BL-Trainern: EM war  zu defensiv
Einigkeit bei BL-Trainern: EM war zu defensiv

Der Aufstockung des Teilnehmerfeldes bei EM-Endrunden können nicht alle Trainer der österreichischen Bundesliga etwas abgewinnen. Einige Betreuer übten nach der Europameisterschaft in Frankreich auch Kritik am neuen Modus. Bei der Premiere mit 24 statt bis dahin 16 Teams sei die Ausrichtung vieler Mannschaften sehr defensiv gewesen, lautete der Tenor.

"Ich persönlich finde es besser, wenn weniger Teams bei einer EM mit dabei sind. Deshalb war die Qualität nicht besonders hoch", meinte etwa Salzburg-Trainer Oscar Garcia. Der Spanier erinnerte daran, dass sich Europameister Portugal nur als Gruppendritter für die K.o.-Phase qualifiziert hatte - und erst im Halbfinale das erste Spiel nach regulärer Spielzeit gewann.

Geht es nach Austria-Coach Thorsten Fink, hätte es dazu gar nicht kommen sollen. "Grundsätzlich ist es qualitativ besser, dass immer nur zwei Mannschaften in der Gruppe aufsteigen", sagte der Deutsche über den neuen, etwas komplizierteren Modus. Starke Mannschaften seien in Frankreich schon früh aufeinandergetroffen. "Das geht besser."

Mannschaften, die als klare Außenseiter angetreten waren, seien bei der EM "sehr defensiv, manchmal auch destruktiv" ins Spiel gegangen, erkannte Karl Daxbacher. "Daher war die Attraktivität oft nicht gegeben", sagte der Aufstiegscoach des SKN St. Pölten. Allerdings seien einander auch Klassemannschaften mitunter sehr passiv begegnet. "Das hat nichts mit der Aufstockung zu tun", meinte Franco Foda von Sturm Graz.

"Da haben wir schon bessere Turniere gesehen"

WAC-Coach Heimo Pfeifenberger befand es zwar für gut, dass auch kleinere Nationen eine Plattform erhielten. "Von der Qualität her war die EM für mich aber zu defensiv", erklärte der Ex-Internationale. "Die Kleinen haben hinten die Räume eng gemacht und gekontert. Da haben wir schon bessere Turniere gesehen. Ich hätte vor der EM geglaubt, dass der Trend wieder mehr zum Offensivfußball geht. Das war absolut nicht der Fall."

Auch Oliver Lederer von Admira Wacker stellte fest, dass es "schon offensivere Großereignisse gegeben hat". Viele kleinere Teams hätten ihr Glück in der Defensive versucht. Altach-Kollege Damir Canadi konnte dem sogar etwas abgewinnen: "Für die Zuschauer draußen war es sicher nicht so spannend zuzusehen, weil wenige Tore gefallen sind. Aber für mich als Trainer waren taktisch sehr viele Dinge dabei, die man mitnehmen kann."

Vastić sieht auch das Positive

Ivica Vastić stellte die positiven Dinge der EM-Erweiterung in den Vordergrund. "Auch Länder, die früher nicht teilgenommen haben, waren so dabei", erklärte der Mattersburg-Coach. "Die Euphorie war sozusagen in ganz Europa verteilt." In Österreich wich sie nach dem enttäuschenden Aus in der Gruppenphase aber schnell der Ernüchterung.

"Man muss eine Qualifikation von einer Europameisterschaft unterscheiden, das ist etwas ganz anderes", betonte Vastić, seit dem Heimturnier 2008 immer noch ältester EM-Torschütze der Geschichte. Möglicherweise seien die ÖFB-Spieler in Frankreich auch zu locker an die Aufgabe herangegangen, nicht mit der "richtigen Spannung".

Trainerkollegen orteten das Gegenteil - eine Verkrampfung ob der hohen eigenen Erwartungshaltung. "Man ist nicht mehr unbekümmert an die Sache herangegangen. In der Qualifikation war das der Fall", erinnerte Fink. "Ich glaube schon, dass der Druck sehr groß war", meinte auch der neue Ried-Trainer Christian Benbennek. Der österreichische Fußball sei aber viel besser, als er nach dem EM-Aus dargestellt wurde.

Foda: "Erwartungshaltung war Problem"

"Im Fußball gibt es halt nicht dieses Mittelmaß. Es gibt nur himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt", erinnerte Rapid-Coach Mike Büskens. "Grundsätzlich kann man darauf stolz sein, wie sich diese Mannschaft entwickelt hat." Das Problem sei die hohe Erwartungshaltung gewesen, meinte Foda. "Klar haben sie nicht so gespielt wie in der Qualifikation. Jeder hatte sicher nicht dieselbe Form. Aber ich habe das alles nicht so schlecht gesehen."

Zumal oft nur Zentimeter den Ausschlag gaben - etwa beim Stangenschuss von David Alaba in der ersten Minute bei der 0:2-Niederlage im Auftaktspiel gegen Ungarn. Danach sei es hektisch geworden, erklärte Pfeifenberger. "An dem sind wir letztendlich gescheitert, dass wir uns viel zu viel aus der Ruhe haben bringen lassen nach der ersten Niederlage", meinte der WAC-Coach.

Die Lockerheit habe gefehlt, erkannte auch Daxbacher. "Und das waren gerade die Schlüsselspieler, die natürlich auch kreativer sein sollten", sagte der SKN-Trainer. Schon in den Vorbereitungsspielen hätte man gesehen, dass Spieler nicht in Form seien. Für Canadi ist es auch eine Frage der Mentalität, wie große Erfolge - nämlich die erste aus eigener Kraft geschaffte EM-Teilnahme - zu verarbeiten sind. Eine eingehende Analyse gestand der Altach-Coach aber nur Teamchef Marcel Koller zu.

Mehr dazu:
>> Rückendeckung für ÖFB-Teamchef Koller

apa/red

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