25.07.2016 15:33 Uhr

Aus dem Verkehr gezogen: Niersbach gesperrt

Wolfgang Niersbach wurde aus dem Verkehr gezogen
Wolfgang Niersbach wurde aus dem Verkehr gezogen

Wolfgang Niersbachs Karriere im Weltfußball ist vorerst beendet - ein Hintertürchen für die Rückkehr auf die Funktionärsbühne bleibt aber offen. Am Montag sperrte die FIFA-Ethikkommission den früheren Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes für ein Jahr, weil der 65-Jährige die Affäre um die WM-Vergabe 2006 erst intern regeln wollte. Die ermittelnde Kammer der FIFA hatte eine Sperre von zwei Jahren gefordert.

"Dieser Entscheid trifft mich hart", sagte Niersbach dem "SID": "Die nun verhängte Sanktion halte ich für unangemessen und überzogen. Ich lasse mich anwaltlich beraten, ob ich gegen diesen Entscheid Rechtsmittel einlegen werde." Niersbach hatte mit Milde gerechnet und auf einen Freispruch gehofft.

"Nach der mündlichen Verhandlung in Zürich war ich zuversichtlich gewesen, dass die Ethik-Kommission keine Sperre verhängt, sondern meinen Argumenten folgt, wonach es bei meinem Verschulden lediglich um eine verspätete Meldung der kritischen Zahlungsflüsse zwischen dem Organisationskomitee der WM 2006 und der FIFA im Jahre 2005 ging, die mir im Sommer 2015 sukzessive bekannt wurden. Meinen Fehler habe ich eingeräumt und nochmals bedauert."

Stillschweigen als Urteilsgrund

Auch die rechtsprechende Kammer, wegen einer möglichen Befangenheit diesmal nicht unter dem Vorsitz des deutschen Richters Hans-Joachim Eckert, sondern von Alan Sullivan, stellte explizit klar, dass Niersbach wegen seines Stillschweigens berurteilt wurde und nicht wegen möglicher Schmiergeldzahlungen oder Korruption. Seine Posten im Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union und im Council der FIFA ist der frühere Journalist aber erstmal los.

Im Gegensatz zu allen anderen "Machern" des Sommermärchens um Franz Beckenbauer hatte Niersbach viel zu verlieren, darf ab sofort seine Kontakte offiziell nicht mehr nutzen und zudem keine "fußball-relevante" Tätigkeit ausüben. Wie den gesperrten Granden Joseph S. Blatter (80) und Michel Platini (61) könnte Niersbach sogar vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen - aber ob er das macht? Im Sinne des DFB dürfte das nicht sein.

Niersbachs Nachfolger Reinhard Grindel (54) hatte zuletzt schon angedeutet, dass der Weltmeister-Verband auf eine schnelle Entscheidung pocht. "Ich wünsche mir, dass alle Verfahrensbeteiligten dafür sorgen, dass diese Entscheidung zügig getroffen wird und der DFB damit Rechtssicherheit hat", hatte Grindel gesagt. Der frühere CDU-Politiker gilt nun als logischer Nachfolger Niersbachs in den wichtigen Gremien.

Des Märchens Kern

Im Kern geht es bei der Sommermärchen-Affäre um die "verschwundenen" 6,7 Millionen Euro, die im Rahmen der WM-Vergabe vom DFB nach Katar überwiesen wurden. Warum, wissen bislang nur die Verantwortlichen. Und die schweigen. Niersbach selbst saß damals im von Beckenbauer geführten WM-Organisationskomitee.

Zum Verhängnis wurde ihm nun, dass er die Dinge im Sommer 2015, als er laut eigener Aussage erstmals von den Unregelmäßigkeiten um die Millionen erfahren hatte, erst intern regeln wollte. Das stellt einen Verstoß gegen Artikel 18 des Ethik-Codes der FIFA (Anzeige- sowie Mitwirkungs- und Rechenschaftspflicht) dar.

FIFA-Chefermittler Cornel Borbély hatte seinen Abschlussbericht mit der geforderten Zweijahressperre am 22. April weitergeleitet, genau einen Monat nach Beginn des Ermittlungsverfahrens. Ausschlaggebend war der am 4. März veröffentlichte Freshfields-Bericht über die WM-Affäre 2006, in dem Niersbachs Schweigen während der Sommermonate klar beleuchtet wurde.

Ermittlungen aufgenommen worden waren zudem gegen Beckenbauer, Ex-DFB-Präsident und Niersbach-Vorgänger Theo Zwanziger sowie gegen die früheren DFB-Generalsekretäre Helmut Sandrock und Horst R. Schmidt sowie den einstigen stellvertretenden Generalsekretär Stefan Hans. Dass die Ethikkommission zunächst nur über das Niersbach-Verfahren und -Urteil informierte, ist nach "SID"-Informationen kein Zeichen dafür, dass gegen die weiteren Verantwortlichen des WM-Skandals nicht noch Verfahren folgen.

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten