30.08.2016 14:30 Uhr

Freundschaft bei Türkei gegen Russland?

Vladimir Putin (links) wird nicht zum Spiel der russischen Nationalelf in die Türkei reisen
Vladimir Putin (links) wird nicht zum Spiel der russischen Nationalelf in die Türkei reisen

Vor dem Freundschaftsspiel zwischen der Türkei und Russland am Mittwochabend steht auch die zuletzt brisante politische Beziehung der beiden Länder im Mittelpunkt. Kommt gar Kreml-Boss Vadimir Putin zum Fußball-Länderspiel in die Türkei? Nein, diesmal nicht, lässt der russische Präsident nüchtern verlauten.

"Wir werden die Sbornaja aus der Ferne anfeuern", teilt Putin mit. Mit dem Spiel gegen die Türkei beginnt für Russland die Vorbereitung auf die WM 2018 im eigenen Land. Dass es im ersten Spiel nach der Schlappe bei der Europameisterschaft ausgerechnet gegen die Türkei geht, birgt auch ein politisches Statement in Zeiten massiver Spannungen.

Das Freundschaftsspiel soll beispielhaft für die wiederbelebte Partnerschaft der Regierungen in Ankara und Moskau stehen, zwischen denen bis vor kurzem von Freundschaft keine Rede sein konnte. Der Abschuss eines russischen Kampfbombers durch die türkische Luftwaffe Ende November hatte eine lange Eiszeit ausgelöst. Deren Ende wurde erst vor rund drei Wochen mit einem Besuch des türkischen Staatschefs - und bekennenden Fußballfans - Recep Tayyip Erdogan bei Präsident Putin besiegelt.

Ausländische Besucher dürfen sich sicher fühlen

Dass das Spiel in Antalya an der Mittelmeerküste stattfindet, dürfte aus türkischer Sicht besonders wichtig sein. Die Urlauberhochburg an der türkischen Riviera war vor allem bei Russen beliebt, die nach dem Kampfjet-Abschuss ausblieben - und die nun die verwaisten Strände wieder bevölkern sollen.

Russische Reiseveranstalter erwarten, dass ab Ende der Woche wieder neue Charterflüge die Türkei ansteuern. Verkehrsminister Maxim Sokolow schätzt gar, dass von 2017 an wieder bis zu 5,5 Millionen russische Touristen pro Jahr in Richtung Türkei aufbrechen werden. "Unsere Beziehungen normalisieren sich, die Einschränkungen werden aufgehoben", betont Sportminister Vitali Mutko.

Ankara will der Welt zudem zeigen, dass das Leben in der Türkei auch nach dem Putschversuch und unter dem anschließend verhängten Ausnahmezustand seinen halbwegs normalen Gang geht. Ausländische Besucher, so versichert die türkische Regierung immer wieder, seien nicht nur willkommen, sondern auch sicher.

Scheitern bei der EM kratzt an Russlands Stolz

Entsprechende Sicherheitsmaßnahmen nach einer Welle von Terroranschlägen in der Türkei erwartet auch Mutko. In der Antalya Arena will er sich selbst davon überzeugen, wie sich die Sbornaja nach der bitteren Pleite bei der EM 2016 neu aufstellt.

Denn: Sportlich beginnt für die Nationalmannschaft eine neue Ära. Für den Neuanfang und die wichtige Vorbereitung der Heim-WM in zwei Jahren hat der russische Fußballverband mit Trainer Stanislav Cherchesov einen Mann verpflichtet, dem Charisma und ein eiserner Wille zugeschrieben werden.

Gleich zu Beginn wagte Cherchesov einen mutigen Schritt. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat der 52-Jährige das Gros des erfolglosen EM-Kaders ausgetauscht. Lediglich ein knappes Dutzend EM-Veteranen ist noch übrig geblieben. Der Rest sind frische, junge Spieler. Von einer Periode der "totalen Perestroika" - der totalen Umgestaltung - schreibt bereits die Zeitung "Rossijskaja Gaseta" in Anlehnung an die umfassenden politischen Reformen einst in der Sowjetunion.

Das Scheitern bei der Europameisterschaft 2016 hat die Sportnation Russland in ihrem Stolz getroffen. Für die kommende WM ruhen nun große Hoffnungen und Erwartungen auf dem Trainer und seinem neuen Team. "Gebt dem Land einen Grund, euch zu lieben. Gebt ihm einen Grund, stolz zu sein", kommentiert die Zeitung "Sport-Express". "Ihr habt zwei Jahre dafür. Die Zeit läuft."

Mehr dazu:
>> "Diplomatie": Russland spielt in der Türkei

sid/red

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