22.09.2016 22:40 Uhr

Als Rapid in St. Pölten noch Außenseiter war

Hubert Baumgartner (rechts) bei einem Länderspiel mit Spezi Karl Daxbacher und SKN-Boss Gottfried Tröstl
Hubert Baumgartner (rechts) bei einem Länderspiel mit Spezi Karl Daxbacher und SKN-Boss Gottfried Tröstl

Rapid hat in St. Pölten schon immer enorme Zugkraft gehabt. So ist es auch beim Auftaktspiel der neunten Bundesliga-Runde am Samstag (ab 16:00 Uhr im weltfussball-Liveticker). Die NV Arena ist bereits seit Donnerstag Mittag ausverkauft. Ein guter Boden war St. Pölten für die Hütteldorfer bisher aber nicht, für SKN-Vorgänger Voith-Schwarze Elf (VSE) waren sie sogar der Lieblingsgegner.

Fünf Siege, fünf Remis und nur eine Niederlage! Gegen keinen anderen Top-Klub war die Heim-Bilanz von VSE St. Pölten auch nur annähernd so gut wie gegen Rapid. Ein Mann war beim ersten Sieg 1988 und beim letzten Triumph 1993 am Voithplatz federführend: Hubert Baumgartner. Im Gespräch mit weltfussball kommen bei ihm zahlreiche gute Erinnerungen an St. Pölten hoch und eine ganz, ganz schlechte.

"Immer wenn Rapid in die sogenannte Provinz gekommen ist, hat es hier gebrennt", schildert Baumgartner, "der Voithplatz war jedesmal bummvoll, auch, weil natürlich viele Rapidler unter den St. Pöltnern zu finden waren." Das erste Duell entschied der Aufsteiger vor 7.000 Besuchern dank Mario Kempes 1:0 für sich. Baumgartner stand im Tor: "Wir hatten eine gute Taktik von Trainer Thommy Parits und viel Spielglück. Kempes war natürlich überragend, aber wir hatten viele außergewöhnliche Spieler in unseren Reihen wie Franz Zach, Herbert Maul, Leopold Rotter oder Hans-Peter Frühwirth."

Danach rockte die euphorisierte VSE die Liga. "Ein ganz wesentlicher Faktor für unseren Lauf war, dass wir mit Präsident Helmut Meder und Vize Sigi Kirchmair zwei hervorragend organisierte Leute an der Spitze gehabt haben und auf der sogenannten Rennbahn, wo heute die Landesregierung steht, ein tolles Trainingsgelände, später auch noch die Stadtsportanlage."

Nur als Torhüter konnte Baumgartner nicht lange mitmachen. Am 28. August 1988 endete an einem Sonntagvormittag in Hernals seine Karriere, als Sportklub-Stürmer Christian Keglevits bei einem Zusammenstoß sein Knie ruinierte. Baumgartner musste sieben Operationen über sich ergehen lassen. "Ich habe es Austria-Arzt Peter Kmen zu verdanken, dass ich heute wieder hobbymäßig Sport betreiben kann", sagt der 62-Jährige, der mit den Violetten 1978 im Europacup der Cupsieger bis ins Finale (0:4 gegen Anderlecht) vordrang und 1979 im Meistercup bis ins Halbfinale.

Gustl Starek wollte nur mehr schnell weg

Parits beförderte den Sportinvaliden Baumgartner zum Co-Trainer und nach dem Rücktritt des Burgenländers war der Kärntner von 1990 bis 1993 Chefcoach der Wölfe. "In meiner Zeit wurden Leopold Rotter und Frenkie Schinkels zu Teamspielern bei Ernst Happel und Heimo Vorderegger war knapp dran, ehe er sich am Knöchel verletzte", erwähnt der längstdienende VSE-Coach nicht ohne Stolz.

Im Mai 1993 schickte seine Truppe die Rapidler gar einmal mit einer 5:0-Packung nach Hause. Rapid-Trainer Gustl Starek ersparte sich damals die folgende Häme und schaute die ORF-Bundesliga-Sendung nicht mit den anderen am Voithplatz, sondern gemeinsam mit einem VSE-Fan in dessen Wohnung gleich ums Eck. Ivica Vastić war an dem Tag mit einem Doppelpack der Matchwinner. "Mit ihm und seiner Familie verbindet mich seit jener Zeit eine enge Freundschaft", erzählt Baumgartner. Vastić kam von der Vienna und war nach einem Jahr und 18 Toren "leider nicht mehr zu halten."

Den Vorwurf, dass er nachher den nigerianischen Goalgetter Frank Daniels als Trainer zu Rapid gelockt habe, kann er längst nicht mehr hören: "Das hätte ich mich nie getraut, einen Spieler aus diesem verschworenen Kollektiv herauszureißen. Gönner Willi Gollowitzer hat ihn rübergelotst."

Mit den Hütteldorfern holte Baumgartner dann ein 1:1-Unentschieden am Voithplatz und feierte einen 5:3-Heimsieg (Doppelpack Maciej Śliwowski) im Hanappi-Stadion. Dort hatte die VSE wiederum nie etwas zu bestellen, verlor neun von elf Duellen, bei zwei Remis.

"Karli ist der beste Mann dort"

Für die Pflichtspiel-Premiere des SKN St. Pölten gegen Rapid wünscht sich Baumgartner "ein kochendes Stadion und dass der Bessere gewinnt."

Zu den SKN-Verantwortlichen habe er wenig Bezug, außer zu Trainer Karl Daxbacher, seinem violetten Ex-Kollegen, und eben seinem ehemaligen Schützling Schinkels: "Der Karli ist sicher der beste Mann für den Job dort und die Infrastruktur, mit dem Trainingsgelände und dem Stadion, ist auch vorbildlich."

Die sportliche Ausgangslage ist jedoch eine ganz andere als damals. 1988 war der Aufsteiger am 8. Spieltag Bundesliga-Tabellenführer. Und zwar an genau jenem Tag, an dem sich die Baumgartner-Wege mit Keglevits kreuzten: "Der einzige, große Schatten, aus meiner Zeit in St. Pölten."

Mehr dazu:
>> Kehraus am St. Pöltner Voithplatz
>> Ergebnisse und Tabelle Bundesliga

Thomas Schöpf

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