30.09.2016 08:00 Uhr

Austria entdeckt Stronati und Null wieder

Patrizio Stronati hatte bei seinem Comeback großen Anteil daran, dass die Austria wieder zu Null spielte
Patrizio Stronati hatte bei seinem Comeback großen Anteil daran, dass die Austria wieder zu Null spielte

Spieler und Trainer der Austria blickten nach Abpfiff mit einem weinenden und einem lachenden Auge auf die Nullnummer in der Europa League gegen Viktoria Plzeň. Der Sieg wäre möglich und verdient gewesen. Für Freude sorgten Rückkehrer Stronati und der lang ersehnte Clean Sheet.

"Ich habe selten zuvor ein so gutes 0:0 unserer Mannschaft gesehen", meinte Austria-Coach Thorsten Fink. "Wir haben alles umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben und waren, wie ich finde, in allen Mannschaftsteilen besser", so der Deutsche über einen "tollen Europacupabend", bei dem endlich auch die Unterstützung des Publikums spürbar war. 

16.509 Zuschauer kamen bei der Heimpremiere in der Europa League Gruppenphase gegen den tschechischen Meister in das Ernst Happel Stadion. "Es macht einen Unterschied, ob 5.000 im Stadion sind oder 16.000, die die Mannschaft bis zum Schluss unterstützen und dann vielleicht noch das eine oder andere Prozent aus uns rausholen", unterstrich Kapitän Robert Almer. Der Tormann weiß um das Potential des Praterovals und kennt es vom Nationalteam sonst nur ausverkauft.

Die Veilchen boten ihrem Publikum in der Tat eine kräfteintensive aber unbelohnte Leistung. Dass es nicht zum Sieg reichte, lag einerseits an einer fatalen Fehlentscheidung des schottischen Schiedsrichterteams. Lary Kayode enteilte nach Steilvorlage von Petar Filipović seinem Bewacher und bezwang den slowakischen Teamtormann Matúš Kozáčik, wurde aber fälschlicherweise einer Abseitsstellung bezichtigt.

Andererseits war die Austria selbst Schuld aus ihrer Überlegenheit nicht mehr gemacht zu haben. Chancen waren, wenngleich vorwiegend durch Standards, vorhanden. Mit Raphael Holzhauser und Alexander Grünwald gäbe es auch violette Experten für ruhende Bälle.

Diese vergessene ovale Form mit dem Loch drinnen

Nach dem 0:1 daheim gegen Spartak Tranava blieb die Austria erst zum zweiten Mal in dieser Saison ohne Torerfolg. Was die Veilchen lieber hören: Erstmals seit Anfang August (1:0 bei Spartak Trnava nach 120 Minuten, 5:4 i.E.) blieben sie selbst auch ohne Gegentor. Von den absolvierten 19 Spielen gab es insgesamt nur drei Clean Sheets: In der 2.EL-Qualifikationsrunde gegen FK Kukesi, im ÖFB-Cup gegen den FC Dornbirn und eben in Tranava.

Vor allem für die negative Torbilanz in der Bundesliga - 18:19 nach neun Runden - wurde die Defensive sehr gescholten. "Wir standen am Pranger, waren aber auch selbstkritisch genug, dass wir endlich wieder zu null spielen wollten", sagte Alexander Grünwald. "Es tut der Mannschaft sehr, sehr gut", war sich Trainer Fink sicher, der auch eine grundsätzliche Erklärung dafür hatte, warum es bei der Austria auf dem internationalen Parkett besser klappt in dieser Saison. "Von Samstag, Sonntag auf Donnerstag ist einfach mehr Zeit, sich auf den Gegner vorzubereiten." Grünwalds These hingegen lautet: "International kommen die Gegner her und wollen mitspielen."

Ausgerechnet der Schlussmann machte sich am wenigsten aus der Null. "Mir ist es gleich, ob wir zu Null spielen oder nicht. Bei der Null ist zumindest ein Unentschieden drinnen. Aber wenn wir 4:3 gewinnen, ist es mir auch recht", so Almer. Schlüssel zum Erfolg war seiner Meinung aber die Entschärfung der gefährlichen Viktoria-Flügel durch Mithilfe der eigenen Mittelfeldspieler.

Überraschung des Spiels

Solide Defensivarbeit prägte das Spiel beider Kontrahenten. Bei der Austria muss dabei Patrizio Stronati hervorgehoben werden. Der 21-Jährige absolvierte seinen ersten Einsatz seit Februar dieses Jahres, im Sommer suchte der Klub noch vergeblich nach einem Partner für ein Leihgeschäft zwecks Spielpraxis.

"Er ist die Überraschung des Spiels." Fink gab allerdings auch zu Bedenken gehabt zu haben, bevor er sich für diese Variante entschied auf die Sperre von Lukas Rotpuller zu reagieren. "Er hat die ganze Zeit nicht gespielt, weil der Trainer kein vertrauen hatte, wie soll ich das sonst ausdrücken", führte Fink aus, "aber er hat das Vertrauen, das er bekommen hat, gerechtfertigt und ein Spiel geliefert, das ich nicht so erwartet hatte. Fußball schreibt eben eigene Geschichten."

Der frühere U21-Teamspieler Tschechiens durfte sich ausgerechnet gegen den Meister seiner Heimat beweisen. Aufgestellt wurde er von Thorsten Fink freilich nicht aus sentimentalen Gründen: "Er hat genau in dieses Spiel gepasst, mit diesen beiden großen Stürmern. Denn er ist ein unheimlicher Kopfballspieler", strich der Austria-Coach hervor. "Wenn wir aber gegen einen Gegner spielen, der viel weniger Ballbesitz hat, dann wir es schwierig. Denn in der Spieleröffnung muss er sich verbessern."

Reise nach Rom

Die Austria hält nach dem zweiten Spieltag der EL-Gruppe E bei vier Punkten. "Das ist ordentlich", meinte Robert Almer. Die Tabellenführung verloren er und seine Kollegen an die AS Roma, das im Parallelspiel Astra Giurgiu 4:0 besiegte, ebenfalls bei vier Zählern hält und nun das bessere Torverhältnis hat. In UEFA-Bewerben wiegt der direkte Vergleich aber am schwersten. Insofern geht es am 20. Oktober in Rom um die Tabellenführung.

Die Perspektive allein ist schon eine kleine Belohnung für die Mühen der letzten Wochen und Monate. Thorsten Fink beschäftigt sich in der Regel nur mit dem nächsten Gegner (SKN St. Pölten am Sonntag, ab 19:00 Uhr im weltfussball-Liveticker), wollte daher die Aussichten der Austria in der ewigen Stadt nicht beurteilen. "Jeder hat gegen jeden eine Chance. Ich habe mit Basel zwei Mal gegen sie gewonnen. Im Moment habe ich keine Angst, nur großen Respekt", so Fink. 

Noch was stünde für ihn jetzt schon fest: "Wir gehen da nicht rein auf 'Schön Euch mal gesehen zu haben' und 'Totti, schenk mir Dein Trikot', wir wollen sie beeindrucken. Und zwar mit einer Topleistung."

Mehr dazu:
>> Austria und Viktoria trennen sich torlos 
>> Europa League Gruppe E

Sebastian Kelterer

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