11.11.2016 09:10 Uhr

Rapid behielt bei Canadi den Durchblick

Altach-Erfolsgcoach Damir Canadi kehrt nach Wien zurück
Altach-Erfolsgcoach Damir Canadi kehrt nach Wien zurück

Jetzt ist es fix: Der neue Chefcoach des SK Rapid heißt Damir Canadi. Am Freitag wurde das Engagement des sportlichen Hoffnungsträgers mit einem Vertrag bis Sommer 2018 verkündet. Der 46-Jährige war in den vergangenen Jahren bei seiner bisherigen Trainer-Laufbahn nicht nur zuletzt in Altach ein Erfolgsgarant, sondern arbeitete sich auch konsequent von der Amateur-Bühne in den Profifußball hoch.

Nun soll er beim Rekordmeister endlich wieder einen Titelgewinn möglich machen. Seit 2008 und der bisher letzten Meisterschaft wartet man vergeblich auf eine Änderung der Ruhmesbilanz im Briefpapier. Im ÖFB-Cup geht ein Triumph sogar schon ins letzte Jahrtausend zurück und datiert aus dem Jahr 1995.

Dies soll sich unter Neo-Trainer Canadi ändern. weltfussball wirft einen Blick auf die Karriere des Wieners, der seinen persönlichen "Kaisermühlen Blues" ab sofort in Wien-Hütteldorf bei den Grün-Weißen fortsetzt.

Der erste Rapid-Kontakt mit Damir Canadi brachte eine Blamage

Damir Canadi zeigte schon beim ersten Kontakt mit Rapid, wie unangenehm er als Kontrahent sein kann. Am 29. März 1992 setzte sich der FavAC im Achtelfinale des ÖFB-Cups gegen die Gäste aus dem 14. Wiener Gemeindebezirk sensationell mit 2:0 durch. Endstation Favoriten, Treffer der Ex-Rapidler Günther Jerabek und Robert Hnik machten es möglich.

Bei den siegreichen Hausherren stand neben prominenten Namen wie Zoran Barišić und Tomislav Kocijan auch ein talentierter ÖFB-U21-Teamspieler in der Anfangsformation: Damir Canadi. Er ließ mit dem FavAC die zu überheblich agierenden Stars auf der Gegenseite wie Michael Konsel, Andreas Herzog, Peter Schöttel, Adrián Carlos Czornomaz oder Jan Åge Fjørtoft ganz schlecht aussehen.

Ein einziger Bundesliga-Einsatz bei der Wiener Austria stand für das 19-jährige Talent Canadi zu Buche, ehe er zum FavAC kam. Dort schrieb er auch mit dem Sieg beim traditionsreichen Stadthallen-Turnier ein kleines Stück Wiener Fußballgeschichte. Den Durchbruch im Oberhaus verhinderte ein angeborener Hüftschaden, der zur vorzeitigen Abnützung der Gelenke führte.

Als Spieler stand er sich manchmal auch selbst im Weg

Im "Ballesterer"-Interview nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn beschrieb der gelernte Einzelhandelskaufmann aber auch schonungslos, dass er sich als Spieler selbst im Weg stand: "Ich konnte überhaupt nicht mit Geld umgehen. Teures G'wand, Golf Cabrio. Ich hab viel erlebt in gewissen Hütten und hab mörderisch gelebt."

"Ich hab damals alles ausgegeben und mir gesagt, ich verdien eh nächstes Monat wieder 60.000 Schilling. Die Zeit möchte ich nicht missen, aber für die Karriere war es nicht gut." Canadi entschied sich trotz Angeboten aus Salzburg und von Admira Wacker im Sommer 1993 zum Wechsel nach Altach, weil dort der beste Verdienst lockte: "Im Nachhinein die falsche Entscheidung, aber ich hab das Geld gebraucht."

Erfrischend ehrlich. So ist er, der Damir Canadi. Auch als Trainer. "Ich bin alt genug. Ich stehe im Leben. Ich habe eine Frau. Ich habe Kinder. Ich habe ein Auto. Ich habe Schulden, so wie jeder andere Mensch auch", entfuhr es dem Altach-Coach am 6. März 2016 nach einem torlosen Remis im Heimspiel gegen Rapid. TV-Experte Heribert Weber hatte zuvor die Spielweise seiner Mannschaft hinterfragt. Canadi fühlte sich nicht fair behandelt und brachte dies als Gerechtigkeitsfanatiker deutlich zum Ausdruck.

"Ich wollte schon immer unbedingt der Beste sein"

Dazu kommt der große Ehrgeiz, der ihm seinen erfolgreichen Aufstieg als Fußball-Lehrer einbringen sollte: "Ich wollte schon immer unbedingt der Beste sein. In allem, was ich mache."

Diese Einstellung und eine Zielsetzung, die gemeinsam mit Mentaltrainerin Silvia Moser ("Sie hat mir gezeigt, dass man sich eine Karriere zurechtlegen kann") erarbeitet wurde, halfen auf der Betreuerbank die vergebenen früheren Chancen vergessen zu machen. "Ich war als junger Spieler nicht der Intelligenteste und habe mir wenig sagen lassen."

Unter Ex-GAK-Coach Klaus Augenthaler hätte es noch einmal die Möglichkeit zum Sprung nach ganz oben gegeben, doch die Schwangerschaft seiner Frau Susanne sowie ein Job als Hausbesorger gaben den Ausschlag für die "sichere" Variante in der Regionalliga Ost.

Ein Titan-Keramik-Gelenk in der Hüfte lässt Canadi die Schmerzen seines verpassten großen Durchbruchs als Kicker vergessen. Es hilft manchmal, wenn man selbst nicht der umjubelte Superheld bei einem Topverein war und glaubt, dass dies auch als Coach immer so bleiben wird. Das harte Brot als Spielertrainer im Unterhaus ließ Starallüren erst gar nicht zu.

"Taktisch bester Trainer in Österreich"

Als Familienvater (Sohn Marcel steht bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag und Tochter Carina), Chefcoach, Hausbesorger, Betreiber einer Spieleragentur und später mit einer Firma für Individual-Training blieb Damir Canadi keine Zeit für störende Ablenkungen wie in seiner jugendlichen Phase des Sturm und Drangs. Stationen in der Wiener Liga und Regionalliga sowie eine Auslands-Erfahrung in Moskau bei Lok halfen bei der Entwicklung zu einem höchst professionellen Coach, der über den FC Lustenau sowie Altach mit der Ersten Liga und dem Aufstieg ins Oberhaus die letzten Schritte nahm.

"Taktisch bester Trainer in Österreich": So beschreiben ihn aktuelle Kollegen gegenüber weltfussball. Damir Canadi lernte zudem im Umgang mit Schiedsrichtern, Fans und Medien. Nun wartet beim SK Rapid die bisher größte sportliche Herausforderung seines Lebens. Eine Ausstiegsklausel in seinem Altach-Vertrag machte den fliegenden Wechsel nach Hütteldorf möglich. "Sollte ein wirklicher Topverein kommen, wird man mir hier keine Steine in den Weg legen", ließ er bei der Verlängerung seines Kontrakts bei den Vorarlbergern wissen.

Nun war der Zeitpunkt gekommen um für Damir Canadi den nächsten Schritt zu tun. Er tat es und stellt sich der größten Challenge, die man im österreichischen Vereinsfußball annehmen kann.

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Christian Tragschitz

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