24.02.2017 10:45 Uhr

Erste FIFA-Bilanz nach einem Jahr Infantino

Seit einem Jahr im Amt: FIFA-Präsident Gianni Infantino
Seit einem Jahr im Amt: FIFA-Präsident Gianni Infantino

Am Sonntag ist FIFA-Präsident Gianni Infantino ein Jahr im Amt. Unter dem Schweizer ist es ruhiger geworden um den Weltverband - die nächste Zerreißprobe steht aber kurz bevor.

Gianni Infantino reist rund um sein Jubiläum munter um die Welt. Nach Kurzbesuchen in Katar, Südafrika und wegen einer Geburtstagsfeier in Simbabwe flog der FIFA-Präsident am Freitag weiter nach Uganda. Der Schweizer, der am Sonntag (26. Februar) ein Jahr im Amt ist, war trotz aller Kritik am Fußball-Weltverband in Partystimmung.

"Es macht mich glücklich zu sehen, wie unsere Ideen und Absichten in den vergangenen zwölf Monaten Realität geworden sind", sagte der 46-Jährige, der sich auf die Fahne schreiben kann, dass es zumindest in der Weltöffentlichkeit deutlich ruhiger um die milliardenschwere FIFA geworden ist.

Seit über einem Jahr wurde niemand mehr im Bett eines Schweizer Luxushotels verhaftet und in Abschiebehaft gesetzt, kein Funktionär aus der aktuellen Führungsetage lebenslang gesperrt. Allerdings wurde gerade wegen der schier unglaublichen Vorgänge der vergangenen Jahre die Toleranzgrenze für "FIFA-Skandale" deutlich nach oben gesetzt. Für hitzige Diskussionen, allerdings nur in Europa, sorgte allein die Anfang Januar beschlossene "Mega-WM" mit 48 statt 32 Teams, die Infantino im Wahlkampf versprochen hatte.

Größte Bewährungsprobe steht noch aus

Dass der Schweizer weiterhin auf einem schmalen Grat wandert, fällt deshalb nicht einmal ansatzweise so auf wie bei Vorgänger Joseph S. Blatter, der über Jahre hinweg sein eigenes Königreich aufgebaut hatte, ehe die US-Justiz alles einstürzen ließ. Infantinos erste große Bewährungsprobe kommt aber erst noch.

Beim nächsten FIFA-Kongress in Bahrain (11. Mai) müssen die Mitglieder der unabhängigen Kommissionen bestätigt werden - auch die der Governance- und Prüfungskommission mit DFB-Präsident Reinhard Grindel und der Ethikkommission mit dem deutschen Richter Hans-Joachim Eckert.

Gerade die Ethiker sind vielen Funktionären beim Weltverband ein Dorn im Auge, weil sie, wie bei Blatter und Michel Platini, vor niemandem Halt machen. Chefermittler Cornel Borbely leitete im vergangenen Sommer eine Voruntersuchung gegen Infantino ein, die aber keine stichhaltigen Beweise lieferte. Sowohl Eckert als auch Borbely wollen nach SID-Informationen im Amt bleiben - eine Abberufung in Bahrain wäre deshalb ein deutliches Zeichen dafür, dass sich an der Spitze schon wieder einer die FIFA so macht, wie sie ihm gefällt.

Bereits fragwürdige Entscheidungen getroffen

Auch die Prüfungskommission könnte sich demnächst unbeliebt machen, wenn sie den mächtigen Witali Mutko nicht zur Wiederwahl in den FIFA-Rat zulassen würde. Der russische Vize-Ministerpräsident taucht prominent im McLaren-Report auf, in dem schwere Doping-Anschuldigungen gegen den WM-Ausrichter 2018 erhoben werden. Infantino hat sich bislang nicht dazu geäußert. Den führenden Funktionär aus dem WM-Land in den Senkel zu stellen, wird er sich aber kaum leisten.

Während der Präsident auf Reisen ist und kräftig Werbung für die neue FIFA und sich selbst macht, ist die Stimmung in der Zentrale in Zürich zudem alles andere als euphorisch. Rund 80 Mitarbeiter haben den Weltverband seit Infantinos Amtsantritt verlassen (müssen). Insider berichten von großer Unsicherheit auch unter den langjährigen Mitarbeitern in der Machtzentrale. Niemand weiß, wo der Rotstift als nächstes angesetzt wird - Infantino räumt gnadenlos auf.

Die Personalentscheidungen des Schweizers sind dabei nicht immer nachvollziehbar. Die Ernennung der UN-Diplomatin Fatma Samoura zur FIFA-Generalsekretärin war vor gut einem Jahr sicher ein starkes Zeichen, sie ist die erste Frau auf dieser Position. Noch ist aber offen, ob die Senegalesin im Fußballgeschäft wirklich so gut aufgehoben ist.

Es ist weiterhin Infantino, der die Strippen zieht - obwohl das Präsidentenamt durch die Reformen eigentlich deutlich weniger Macht hätte haben sollen, vergleichbar mit dem deutschen Bundespräsidenten.

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