16.03.2017 10:55 Uhr

Compper: CL mit RB? "Träumen ist erlaubt"

Marvin Compper träumt von der Champions League mit RB Leipzig
Marvin Compper träumt von der Champions League mit RB Leipzig

Ex-Nationalspieler Marvin Compper ist Leistungsträger bei RB Leipzig und mischt mit dem Aufsteiger derzeit die Bundesliga auf. Zehn Spieltage vor Saisonende steht RB auf Tabellenplatz zwei. Die Leichtigkeit der Hinrunde scheint die Mannschaft allerdings verloren zu haben.

Im exklusiven weltfussball-Interview spricht der frühere Hoffenheimer über die aktuelle Leistungsdelle der Roten Bullen, mögliche Champions-League-Duelle mit dem FC Barcelona und Real Madrid sowie sein unschönes Intermezzo beim AC Florenz.

Herr Compper, RB Leipzig hat nur zwei der letzten sechs Spiele gewonnen. Macht Sie das nach der erfolgreichen Hinrunde unruhig?

Nein. Natürlich wäre in den letzten Spielen mehr drin gewesen. Man muss das alles richtig einordnen. Man darf trotz unserer hohen Punkteausbeute nicht vergessen, dass wir Aufsteiger sind und eine sehr junge Mannschaft haben. Daher ist es ganz normal, dass in manchen Spielen die Leistungen nicht wie gewünscht abgerufen werden.

Braucht Ihre Mannschaft einen Plan B, weil sich die Gegner auf Ihren überfallartigen Fußball eingestellt haben?

Ich finde, dass wir diese Saison viele verschiedene Facetten gezeigt haben. Ich erinnere nur an das Spiel gegen Werder Bremen in der Hinrunde: Damals trafen wir auf eine sehr tiefstehende Mannschaft und haben uns mit unseren spielerischen Mitteln Chancen erarbeitet. Dann gab es andere Spiele, in denen wir weniger Ballbesitz hatten und unser Pressing besser griff. Wir haben also verschiedene Gesichter gezeigt.

Tatsache ist aber, dass Sie und Ihre Mitspieler in der Innenverteidigung weit aufrücken. Daraus ergeben sich Kontermöglichkeiten für den Gegner. Ist das keine Gefahr?

Wir stehen hoch, aber auch sehr kompakt. Die Abstände zwischen den einzelnen Spielern müssen natürlich stimmen. Sind die Lücken zu groß, kann der Gegner kontern, das ist richtig. Genau das ist uns vergangenes Wochenende gegen den VfL Wolfsburg passiert.

RB Leipzig steht weiterhin auf Tabellenplatz zwei. Wie präsent ist der Traum, nächste Saison in der Champions League gegen Real Madrid oder den FC Barcelona zu spielen?

Träumen ist erlaubt. Das Wichtigste ist aber, sich auf die nächste Aufgabe vorzubereiten. Wir haben zwar neun Punkte Vorsprung auf Tabellenplatz 5. Aber die können ganz schnell verpuffen, wenn man mit den Gedanken bereits in der Zukunft steckt und nicht mehr fokussiert auf das Hier und Jetzt ist. Wir nehmen jeden Gegner ernst, begegnen jeder Mannschaft mit viel Respekt. Jetzt spielen wir am Samstag gegen den SV Werder Bremen. Dieses Team hat aus den letzten vier Spielen zehn Punkte geholt. In diesem Zeitraum haben sie mehr Punkte geholt als wir. Wir müssen also höllisch aufpassen.

Sie sind im Jahre 2008 mit der TSG Hoffenheim in die Bundesliga aufgestiegen und haben speziell in der Hinrunde die Bundesliga aufgemischt. Selbiges ist Ihnen nun mit RB Leipzig gelungen. Sehen Sie viele Parallelen?

Mit Blick auf die rasante Entwicklung gibt es sicherlich vereinzelt Parallelen. Wenn ich aber sehe, worauf unser Erfolg beruht, wie wir über weite Strecken der Saison auch defensiv sehr gut stehen und wie wenig wir zulassen, dann steckt in unserer aktuellen Mannschaft deutlich mehr Struktur als damals in Hoffenheim. Aber ganz ehrlich: Diese Geschichte ist jetzt fast zehn Jahre her, der Fußball hat sich seitdem auch deutlich verändert. Ich verstehe nicht, warum immer wieder diese Vergleiche herangezogen werden.

Weil es mit dem Macher Ralf Rangnick und dem starken Einstand in der Bundesliga durchaus Gemeinsamkeiten gibt. Auch in der Trainingsausstattung gelten beide Vereine als vorbildlich.

Das stimmt. Aber RB Leipzig ist in der Entwicklung deutlich weiter als die TSG Hoffenheim damals. In Hoffenheim entstand vieles erst gemeinsam mit dem sportlichen Erfolg. Das neue Trainingsgelände wurde erst Anfang 2010 errichtet. Hier in Leipzig hingegen wurden die Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein, weit vor dem Bundesligaaufstieg geschaffen. Die Bedingungen mit dem großen Trainingsgelände, das sich in Sichtweite zum Stadion befindet, sind ideal und auf höchstem Niveau ausgestattet.

Die TSG Hoffenheim ist in der 35.000-Einwohner-Stadt Sinsheim beheimatet. In Leipzig leben rund 560.000 Menschen. Ist das vielleicht der größte Unterschied?

Natürlich sind die Fan-Basis und das Potential hier viel größer. Die ganze Stadt und auch die Menschen aus der näheren Region sind euphorisiert, weil sie jede zweite Woche Bundesliga-Fußball zu sehen bekommen. Bereits in der 2. Bundesliga hatten wir Zuschauerzahlen auf Bundesliga-Niveau.

Bei Auswärtsspielen gab es hingegen sehr häufig Gegenwind von gegnerischen Fans. Blenden Sie das aus? Oder ziehen Sie daraus zusätzliche Motivation?

Ganz ehrlich: Das ist nicht schlimm. Zudem ist es auch ein Trugschluss: unsere Beliebtheitswerte und Akzeptanz steigen bundesweit stetig an. Kein Bundesligist wird in der gegnerischen Fankurve gefeiert. Überall gibt es Banner oder Gesänge gegen die gegnerische Mannschaft. Das ist bei uns nicht schlimmer als bei anderen Mannschaften. Und eine zusätzliche Motivation brauchen wir keinesfalls, unser Teamspirit ist sowieso sehr gut und zeichnet uns aus.

Die vielen beleidigenden Banner, die damals in Dortmund hochgehalten wurden, waren aber außergewöhnlich.

Aber damit beschäftige ich mich als Spieler doch nicht. Ich bin auf das Spiel fokussiert, schaue vielleicht dem Gegner in die Augen, aber lese mir sicherlich keine Spruchbänder durch. Unsere Leistungen und unsere Unbekümmertheit beweisen doch, dass uns das in keiner Weise beeinflusst.

Sie haben eineinhalb Jahre in Italien beim AC Florenz gespielt. Welche Eindrücke haben Sie aus der Serie A mitgenommen?

Es war toll, eine andere Kultur und Spielweise kennenzulernen. In Italien werden die Zweikämpfe noch härter geführt als in Deutschland. Mich hat diese Zeit sicherlich mehr geprägt als das eine oder andere Jahr in Hoffenheim.

Sie kamen in Florenz allerdings nicht so häufig zum Einsatz. Auch Ihr damaliger Mitspieler Mario Gomez erlebte eine schwierige Zeit. War der Wechsel von Deutschland nach Italien schwieriger als angenommen?

Das lässt sich pauschal nicht sagen. Bei Mario lief vieles unglücklich. Und bei mir war es einfach so, dass der Trainer meist zwei andere Spieler für die Innenverteidigung bevorzugt hat.

Bevor Sie nach Italien gingen, haben Sie die TSG Hoffenheim in einem großen Streit verlassen. Sie wurden kurzzeitig sogar in die zweite Mannschaft versetzt. Tat es Ihnen leid, dass eine langjährige Zusammenarbeit so geendet ist?

Nein. Ich habe mich einfach auf die nächste Aufgabe konzentriert. Die TSG Hoffenheim steckte damals in einer schwierigen Phase und spielte gegen den Abstieg. Es hätte nichts gebracht, mich über die Medien mit Trainer Marco Kurz und Manager Andreas Müller zu streiten.

Sie sollen gesagt haben, sich nicht für den Abstiegskampf motivieren zu können. Danach waren sie in Deutschland der Buhmann.

Das habe ich so nicht gesagt. Die Darstellung war sehr einseitig. Die Menschen, mit denen ich fünf Jahre im Verein gearbeitet habe, wussten das auch und kennen mich. Natürlich hätte ich mich öffentlich verteidigen können. Aber dann hätte ich im Verein nur Unruhe gestiftet. Das wollte ich nicht. Ich habe ein dickes Fell. 

Sie haben im Jahre 2008 Ihr bislang einziges Länderspiel für Deutschland bestritten. Nun sind Sie Stammspieler in einem der besten Vereinen Deutschlands. Träumen Sie manchmal von einer Rückkehr?

Nein, dieses Thema ist für mich erledigt. Im Jahre 2009 gab es noch einmal kurz Kontakt, dann aber nie wieder.

Das Gespräch führte Oliver Jensen

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