29.03.2017 20:50 Uhr

Der 500er Klub nimmt Standfest auf

Joachim Standfest: Der einzige aktive Bundesliga-Spieler, der sein Debüt in den 90ern hatte
Joachim Standfest: Der einzige aktive Bundesliga-Spieler, der sein Debüt in den 90ern hatte

Kein anderer aktiver Spieler hat in Österreich annähernd so viele Einsätze wie Joachim Standfest. Jetzt steht am Samstag das 500. Bundesliga-Spiel vor der Tür. Damit ist der einfache EURO-Teilnehmer, zweifache Meister und dreifache Vater erst der sechste Spieler im elitären Klub. Grund genug, dass ihm weltfussball mit einem großen Interview den gebührenden Respekt zollt.

Der 500er steht vor der Tür, herzliche Gratulation. Das ist doch eine beachtliche Marke, oder?
Ja...Das ist eine unglaublich lange Zeit, das war so nicht zu erwarten.

Das Jubiläumsspiel findet in Graz statt. Dort wo 1999 (!) alles begonnen hat.
Es ist für mich immer schön, in Graz zu spielen. Ich habe den Großteil meiner Karriere in diesem Stadion verbracht und lebe in Graz. Es ist für mich ein sehr glücklicher Zufall, dass das Jubiläum ausgerechnet dort stattfindet.

Was ist dein Geheimnis? Du stehst noch immer so gut wie jeden Spieltag am Platz. In elf Saisonen hast du mehr als 30 Ligaspiele absolviert, in vier mehr als 25 – und nur in drei weniger als 25. Wie schafft man es, so eine Konstanz hinzulegen?
Ich war nie schwer verletzt, oder besser gesagt nie in den Problemzonen eines Fußballers. Wenn man sich mit 23 das Kreuzband reißt, dann tut man sich mit 35 auch schwerer, der Körper kann das irgendwann nicht mehr kompensieren. Ich hatte einfach Glück und die Gene haben es auch gut gemeint mit mir.

Ächzt dein Körper dennoch nach einem Spiel? Hast du am nächsten Tag Schmerzen?
Nein, eigentlich nicht. Ich kann am nächsten Morgen aufstehen und die Stiegen runtergehen. Anders als manche Gleichaltrige, die mit mir gespielt haben. Ich hatte riesengroßes Glück. Ich habe in meiner Karriere nie sonderlich auf irgendetwas Acht gegeben. Ich hatte nie einen speziellen Ernährungsplan oder dergleichen. Ich habe einfach ganz normal gelebt.

Du hast Zeit deines Lebens in Österreich gespielt. War der Traum vom Ausland nicht verlockend?
Natürlich war er verlockend. Ich hatte zwei oder drei Mal die Möglichkeit. Ich bin aber früh Familienvater geworden. Es war mir immer wichtiger, wie und wo meine Kinder aufwachsen. Für mich steht das im Vordergrund, nicht meine eigene Karriere. Wenn ich alleine gewesen wäre, wäre ich sogar wahrscheinlich zu Fuß ins Ausland gegangen.

Was wären die Möglichkeiten im Ausland gewesen?
Ich hätte vor und nach der EURO nach Deutschland gehen können. Davor hatte ich aus Russland ein Angebot.

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Du hast ja einen interessanten Werdegang. Bis 14 warst du Nachwuchsskispringer und hast auch ein Telematik-Studium angefangen. Hätte dein Leben auch eine andere Wendung nehmen können? Hast du damit spekuliert, dass es mit dem Fußball schnell aus sein kann?
Das kann immer passieren. Deswegen habe ich auch mit dem Studium begonnen. Leider habe ich nur begonnen. Ich ziehe vor jedem den Hut, der das durchzieht.

34 Länderspiele stehen in deinem Lebenslauf, unter anderem die EURO. War die Europameisterschaft das Highlight
Das kann man nicht so sagen. Auch die zwei Meistertitel und andere Länderspiele waren unvergleichliche Erlebnisse. Die EURO war vom Drumherum ein Wahnsinn. Dem gegenüber steht das Ausscheiden. Auch wenn uns niemand etwas zugetraut hat, das war eine große Enttäuschung, ich hätte gerne weitergespielt.

Du hast dich in den letzten fast 20 Jahren immer gut an die Änderungen anpassen können – und hast damit viele überrascht. Ist das eine Stärke von dir?
Die Entwicklungen passieren ja nicht von einem auf den anderen Tag. Das ist ja ein Prozess. Ich habe doch vier Mal den Verein gewechselt und war immer sofort Stammspieler. Also ja, man kann es als Stärke bezeichnen, dass ich mich immer gut akklimatisieren konnte.

Wie geht es bei dir weiter? Zwei Tage nach dem letzten Saisonspiel feierst du deinen 37. Geburtstag. Was bringt die Zukunft?
Das wissen wir noch nicht. Da gehören ja auch noch andere dazu. Der Trainer und der Verein beispielsweise. Meine Entscheidung steht auch noch aus. Es wird wahrscheinlich kurzfristig aus dem Bauch heraus kommen. Mit 36, 37 steht man auch nicht mehr so unter Druck, wie mit 27. Es ist eine entspannte Situation.

Inklusive aller Länderspiele stehst du im Moment bei 666 Profi-Einsätzen. Da könnte also der 700er auch noch fallen. Spielt so etwas eine Rolle oder sind solche Zahlen egal?
Wenn ich ehrlich bin, ist mir so etwas wurscht. Der 500er ist für alle anderen wichtiger, als für mich selbst. Es ist schön, aber eine richtige Bedeutung hat es aber nicht. Ob ich jetzt 497 Partien habe, oder 500 ist doch egal. Es ist für mich wichtiger, dass ich bei 25 Trainern Stammspieler war.

Ist der Trainerjob eine Option für dich?
Ja, doch. Vor ein paar Jahren konnte ich es mir noch nicht vorstellen. Jetzt habe ich aber schon die A-Lizenz in der Tasche, mir fehlt nur noch die UEFA-Pro-Lizenz. Es ist sicher ein Thema, dass ich mir in dieser Richtung Gedanken mache. Ich weiß aber nicht, ob es mir taugt und ob ich es gut machen würde. Halbe Sachen mache ich auf jeden Fall nicht.

Bereust du manche Entscheidungen in deiner langen Karriere?
Natürlich gibt es kleinere Sachen, die man anders machen hätte können. Aber die Grundentscheidungen waren schon okay. Ich hatte einfach einfach kaum negative Erlebnisse in meiner Karriere. Die Zeit beim GAK war wunderschön, auch bei der Austria hatten wir Erfolge. Dort ist es durch mich persönlich aus familiären Gründen zu Ende gegangen und nicht durch den Verein. Es hat mir sehr imponiert, dass die Austria damals Handschlagqualität bewiesen hat. Genauso schön war die Zeit bei Sturm. Und dass ich nach Kapfenberg noch einmal zum WAC komme, war auch toll.

Danke für das Gespräch und auf die nächsten 500.

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Johannes Sturm

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