14.04.2017 09:25 Uhr

Jetzt wurde genug geredet!

So wollen die Rapid-Fans Stefan Schwab im Saison-Finish sehen
So wollen die Rapid-Fans Stefan Schwab im Saison-Finish sehen

Steht Steffen Hofmann (in Hütteldorf nach wie vor bei jeder Präsentation der Mannschaftsaufstellung als "Fußballgott" gefeiert) in der Rapid-Startelf, dann ist er Kapitän. Fehlt der Routinier, der im September seinen 37. Geburtstag feiert, dann gibt es in der Hierarchie der Grün-Weißen längst einen designierten Nachfolger: Stefan Schwab.

Vertrag bis 2020 verlängert, beliebt bei Fans, Mannschafts-Kollegen, Vereins-Mitarbeitern und sogar Journalisten, Mittelfeld-Antreiber sowie Wortführer: Die vermeintlich perfekte Welt des 26-jährigen Salzburgers erlebte im Herbst 2016 jedoch einen gravierenden Rückschlag. Eine schwere Knöchelverletzung im Wiener Derby setzte "Schwabi" außer Gefecht. Der Dynamo im Rapid-Spiel musste nach der folgenden Operation zusehen, wie die Grün-Weißen immer weiter in die Krise rutschten.

Er ist nach wie vor nicht bei 100 Prozent ("Beim Schuss mit dem Vollrist gibt es noch Probleme"), aber dafür geht Schwab oft über die Schmerzgrenze. Vor dem enorm wichtigen Bundesliga-Heimspiel des SK Rapid am Samstagabend (ab 18:30 Uhr im weltfussball-Liveticker) gegen Altach stellte sich der Leader beim Rapid Stammtisch in der Rekordmeister Bar der Anhängerschaft. Erst in unangenehmen Situationen zeigen sich wahre Führungskräfte. Der Rapidler des Jahres 2016 ist längst zu einer solchen gereift.

Im Interview mit weltfussball nahm "Captain Future" danach am Donnerstagabend ausführlich Stellung zu allen aktuellen Baustellen.

Über Platz sieben und neun sieglose Ligaspiele in Folge: Nicht im schlimmsten Traum hätten wir uns so etwas vorstellen können. Es gibt Gründe warum wir da stehen, aber es bringt jetzt nichts sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Wir müssen als Mannschaft und als gesamter Verein Zusammenhalt demonstrieren: Verbessern, lernen, reflektieren, die Lehren daraus ziehen und gemeinsam da wieder rauskommen.

Über den Abstiegskampf: Wir sind uns der Situation bewusst. Ich persönlich kann genau sagen, um was es da geht. Vor vier Jahren war ich noch bei Admira Wacker und wir haben in der vorletzten Runde daheim gegen Rapid mit 0:2 verloren. Damit waren wir plötzlich Letzter. Wir haben dann in Mattersburg ein echtes "Finale" gegen den Abstieg gehabt. Jeder wusste, dass es dabei um Existenzen im gesamten Verein geht. Wir haben 1:0 gewonnen und uns so fast in letzter Minute vor dem Abstieg gerettet. Natürlich ist es bei Rapid etwas anderes, weil viele Spieler noch nie in dieser Lage waren. Aber wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren, an unsere Stärken glauben und die Leistung auf den Platz bringen.

Über seine persönliche Lage: Ich hatte jetzt schon mehrmals schwere Verletzungen und wollte immer stärker zurückkommen. Auch diesmal habe ich deshalb sehr viel investiert. Der Knöchel ist noch nicht so beweglich, wie es sein sollte. Dazu ist es schwer überzeugend zu sein, wenn man selbst nicht seine volle Leistung bringen kann. Aber Zugpferde sollten auch bei Problemen voraus marschieren. Nach meiner Verletzung habe ich nicht die Zeit gehabt, um wieder auf 100 Prozent zu kommen. Aber auch, weil ich es selbst so wollte und der Mannschaft unbedingt helfen will.

Den Unterschied der letzten Spiele in St. Pölten und Ried: Beim Cupspiel in St. Pölten haben wir viel über die mentale Ebene gemacht. Dort waren wir auch durch die unglaubliche Unterstützung von unseren Fans ab der ersten Sekunde wie elektrisiert. Wir waren aggressiv, voller Selbstvertrauen und haben Fußball gespielt. Das war ein richtig gutes Spiel. Dann kommst Du nach Ried und wir verlieren dort von Anpfiff an jeden Zweikampf, können uns nicht pushen und sind völlig leer. Du hast plötzlich wieder alle negativen Gedanken im Kopf und schaffst den 'turnaround' nicht mehr. In dieser Partie ist alles nach hinten losgegangen.

Den Trainerwechsel: Durch die Entscheidung des Vereins ist mental viel weggefallen. Es hat zuvor sehr viel Information gegeben, die wir nicht mehr verarbeiten konnten. Das Wohlbefinden der Mannschaft sollte an erster Stelle stehen und das ist diese Woche wieder passiert. Die Spieler brauchen Vertrauen und Rückhalt, um am Platz die Dinge umsetzen und etwas zurückgeben zu können. Die Mannschaft hat einen sehr guten Charakter, aber eines ist auch klar: Zu 90 Prozent sind wir daran schuld, wie wir jetzt da stehen. Jetzt gilt es eben an den entsprechenden Schrauben zu drehen und das zu ändern.

Den Vorwurf, dass die Mannschaft im letzten Spiel nicht alles gegeben hat: Du willst giftig sein, Feuer haben und alles raushauen. Dann kommst Du nach Ried zum Schlusslicht und es ist dort das Spiel der allerletzten Chance. So sind sie dann auch aufgetreten und haben uns richtiggehend aufgefressen. Wir waren an diesem Tag einfach nicht gut genug, so ehrlich muss man sein.

Die Anspannung vor dem Finish der Saison und die Auswirkungen auf das Privatleben: Privates und Berufliches sollte man versuchen zu trennen. Aber in so einer Situation ist es natürlich nicht so einfach. Gottseidank ist bei mir daheim alles okay, aber natürlich wollen auch meine Freunde wissen, was los ist. Ganz schwer war es in der Phase als ich verletzt zuschauen musste und nicht helfen konnte. Da blutet das Herz.

Die Rückkehr zu positiver Einstellung und Optimismus: Es war so, dass durch den Trainerwechsel alles hinterfragt wurde. Bei Rapid wird dann medial natürlich ganz anders berichtet, als bei anderen Vereinen. Es war sehr heftig, was in den vergangenen Wochen passiert ist. Bis auf Steffen hat von uns noch keiner bei Rapid so eine schwierige Situation erlebt. Du willst dann am Abend einschlafen, aber es gehen Dir immer noch extrem viele Dinge durch den Kopf. So etwas beschäftigt jeden Typen anders. Wir haben sehr viel geredet. Meiner Meinung nach zu viel geredet. Jetzt sollten wir endlich wieder zurück zu positiven Gedanken. Fußball spielen, Spiele gewinnen und Selbstvertrauen holen. Nur gemeinsam kommen wir da raus. Neues Trainerteam, Mannschaft und Fans: Rapid muss endlich wieder Optimismus ausstrahlen. 

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Christian Tragschitz

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