21.04.2017 11:15 Uhr

Werders Aufschwung: Kein Wunder von der Weser

Werder Bremen ist die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga
Werder Bremen ist die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga

Werder Bremen ist vor dem Auswärtsspiel beim FC Ingolstadt (am Samstag ab 15:30 Uhr) das Team der Stunde in der Bundesliga. Neun Spiele ohne Niederlage bei 23 von 27 möglichen Punkten – diese Serie ist längst kein Zufall mehr. Ein Fußball-Wunder ist der Aufschwung an der Weser jedoch nicht. Stattdessen gibt es handfeste Gründe für die Renaissance der Grün-Weißen.

Nach dem gewonnenen Nordderby kannte die Euphorie im Weserstadion keine Grenzen mehr. Die Fans feierten nicht nur den 2:1-Erfolg gegen den großen Rivalen aus Hamburg.

Auch das Ende der größten Abstiegssorgen sowie die plötzliche Chance auf die internationalen Plätze sorgten für Party-Stimmung bei den Anhängern. Wenig überraschend schallte es nach Abpfiff "Europapokal, Europapokal" von den Rängen.

Auf die Euphoriebremse trat im Anschluss die Mannschaft. "Die Fans dürfen gerne singen, auch wir haben heute kurz mitgemacht. Dennoch liegt unser Fokus auf dem nächsten Spiel und der 40-Zähler-Marke", brachte Außenspieler Fin Bartels die Haltung des Teams auf den Punkt.

Bodenständigkeit als Erfolgsrezept

Diese Bodenständigkeit ist einer der Gründe für den Aufschwung. Wie ein Mantra tragen die Spieler der Grün-Weißen sie in den letzten Wochen vor sich her.

Parolen wie "Wir schauen von Spiel zu Spiel" und "Wir wissen, wo wir herkommen", gehören rund um das Weserstadion zum guten Ton.

Das kommt nicht von ungefähr: Noch am 20. Spieltag lag Werder nach vier Niederlagen in Serie am Boden, galt als Tabellen-16. als heißer Abstiegskandidat. Erst seitdem geht es steil bergauf.

"Weniger Gegentreffer und mehr Tore"

Ein Fußball-Wunder? Nicht, wenn es nach den Verantwortlichen geht. "Weil wir weniger Gegentreffer bekommen und mehr Tore geschossen haben", erklärte Trainer Alexander Nouri im "Nordbuzz"-Interview augenzwinkernd die Erfolgsserie. Manager Frank Baumann erläuterte: "Das Trainerteam und die Mannschaft haben sich diese Serie hart erarbeitet. Es steckt sehr viel Analyse, Vorbereitung und intensive Trainingseinheiten darin."

Gearbeitet hat Nouri vor allem an der vormals löchrigen Defensive. Die beiden Innenverteidiger Niklas Moisander und Lamine Sané kamen vor der Saison neu zu Werder. Das Pärchen musste sich erst finden. Zusammen mit dem jungen Miloš Veljković bilden die Routiniers seit Jahresbeginn aber eine stabile Dreierkette.

Im Verbund mit dem formstarken Keeper Felix Wiedwald stellt die kompakte Defensive viele Teams vor Probleme. In zwölf Rückrundenpartien kassierten die Grün-Weißen nur 13 Gegentreffer. Besser sind in der gesamten Liga nur die Bayern.

Ausfälle können kompensiert werden

Die neugewonnene Stabilität ist umso erstaunlicher, schaut man sich das Verletzungspech der Bremer in den vergangenen Wochen an. Gerade in der Defensive plagten die Norddeutschen zeitweise große Personalsorgen: Sané, Robert Bauer und Philipp Bargfrede gaben nach mehr oder weniger langen Ausfallzeiten erst gegen den HSV ihr Comeback. Luca Caldirola, Thomas Delaney und Kapitän Clemens Fritz müssen noch eine Weile verletzt aussetzen.

Entgegen aller Erwartungen konnten die ausgefallenen Stammkräfte aber ohne großen Qualitätsverlust ersetzt werden. Auch, weil die Spieler aus der zweiten Reihe zünden.

Youngster Maximilian Eggestein beispielsweise rotierte aufgrund des Personalmangels in die Mannschaft und ist nun kaum mehr wegzudenken. Florian Kainz glänzte zuletzt mit zwei Treffern und zwei Torvorlagen als Joker. Der Österreicher machte den Ausfall von Serge Gnabry fast vergessen. 

Das neu etablierte 3-1-4-2-System scheint jeder verinnerlicht zu haben, auch die Ersatzpieler funktionieren sofort. "Wir treten als Einheit auf, dieser Zusammenhalt macht uns stark", sagte Mittelfeld-Stratege Zlatko Junuzović nach dem Derbysieg.

Kruse als X-Faktor

Ein Spieler ist in seiner aktuellen Form allerdings nicht zu ersetzen: Max Kruse. Ohne den Nationalspieler a.D. holte Werder in elf Partien nur zehn Punkte. Mit Kruse sind es stolze 29 Zähler in 18 Spielen.

Der Angreifer ist an der Erfolgsserie der Bremer mit sieben Toren und vier Vorlagen maßgeblich beteiligt. Nach einem missglückten Intermezzo in Wolfsburg blüht Kruse an der Weser förmlich auf, sprüht vor Spielwitz und Ideen.

"Kruse ist ein Spieler, der den Unterschied machen kann", lobt Alexander Nouri seinen besten Offensivspieler, dem Gladbachs Manager Max Eberl nach seiner Zeit am Niederrhein einst eine positive "Leck-mich-am-Arsch-Mentalität" bescheinigte.

Dank dieser und seine fußballerischen Qualität hebt der 29-Jährige, der bereits in der Jugend für Werder spielte und in Bremen auch seine ersten Bundesligaminuten sammelte, das Team auf eine neue Stufe.

Mit dem Abstiegskampf, wie er an der Weser in den letzten Jahren zur Tagesordnung gehört, gibt sich ein Mann wie Kruse nicht zufrieden. "Ich möchte dabei helfen, dass Werder zu alter Stärke zurückfindet", sagte er bereits bei seiner Rückkehr im Sommer 2016.

Die Werder-Fans scheinen schon zu ahnen was das bedeutet: "Europapokal!"

Benedikt Strickmann

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