01.06.2017 10:55 Uhr

Stanis Sbornaja wie Spanien in Neustift

Russland-Coach Stanislav Cherchesov lässt im Stubaital trainieren
Russland-Coach Stanislav Cherchesov lässt im Stubaital trainieren

Das russische Fußball-Nationalteam bereitet sich noch bis Samstag in Tirol auf den anstehenden Confed-Cup und die Heim-Weltmeisterschaft im kommenden Jahr vor. Mit 23 Feldspielern und vier Torhütern hat Teamchef Stanislav Cherchesov, einst erfolgreicher und beliebter Torhüter beim FC Tirol, das Camp in Neustift im Stubaital aufgeschlagen.

Trainiert wird streng geheim, Plastikplanen schützen vor ungeliebten Blicken. Auch eigene Security-Leute verwehren den Zugang zum Platz. Untergebracht ist die "Sbornaja" und ihr großer Betreuerstab im Fünf-Sterne-Hotel Jagdhof.

Trainiert wird täglich eineinhalb Stunden im "Estadio Espana", wie der Fußballplatz in Neustift offiziell heißt. Dass Russland deswegen das Trainingslager im Stubaital gewählt hat, verneint Cherchesov. Immerhin war Neustift das Heimcamp der Iberer bei der EURO 2008, hier bereitete Vicente del Bosco die Mannschaft auch auf die WM 2010 in Südafrika vor. Damals wurden die Spanier um Xavi, Andres Iniesta und den anderen Stars Europa- und Weltmeister.

"Ist doch schön hier", sagt Cherchesov fröhlich während der Presse-Attache die rund zehn mitgereisten russischen Journalisten brieft. "Wir haben hier ideale Bedingungen", betonte der 49-fache frühere Nationaltorhüter Russlands (inklusive UdSSR und GUS) mit Blick auf die Gletscher im herrlichen Sonnenschein.

Da ist augenscheinlich noch immer viel Liebe Cherchesov zu Tirol: Als Spieler des FC Tirol war er Publikumsliebling und Kultfigur bei drei Meistertiteln (2000, 2001, 2002). Seine ersten Sporen als Trainer verdiente sich Cherchesov beim FC Kufstein (Regionalliga West) und betreute schließlich auch den FC Wacker Innsbruck. Seinen größten Erfolg als Trainer feierte er danach mit dem polnischen Meistertitel für Legia Warszawa (Warschau).
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Cherchesov gegen Löw?

Nach der für Russland enttäuschenden Europameisterschaft im Vorjahr mit nur einem Punkt aus drei Spielen übernahm der 53-Jährige die "Sbornaja" und krempelte die Mannschaft um. 80 Prozent der Spieler sind neu, einziger Legionär ist Roman Neustädter von Fenerbahce Istanbul. Wohl auch deshalb, weil in der russischen Liga inzwischen stattliche Gehälter gezahlt werden.

Druck vor der großen Erwartungshaltung in seiner Heimat verspüre er nicht. "Vielmehr macht die Arbeit mit der Mannschaft viel Spaß", erzählte Cherchesov, "und es ist natürlich eine große persönliche Auszeichnung. Ich hoffe, wir überzeugen beim Confed-Cup und nächstes Jahr bei der WM." Viel Arbeit wartet da noch auf den Tirol-Liebhaber: "Zuhause wird man mich in den nächsten Monaten selten sehen."

Beim Confed-Cup trifft Russland auf Neuseeland, Portugal und Mexiko. Sollte der Gastgeber die Gruppenphase überstehen, könnte Cherchesov auf seinen früheren Trainer Joachim Löw treffen: "Das wäre toll, dann haben wir ein Ziel erreicht."

Zuvor testet Russland noch am 5. Juni in Budapest gegen Ungarn und danach gegen Chile. Dass der fixqualifizierte WM-Gastgeber im Vorfeld des Großereignis 2018 abgesehen vom Confed-Cup keine großen Herausforderungen in Qualifikationsspielen hat, lässt "Stani" kalt. Er bezeichnet die Länderspiele auch nicht als Tests, sondern als "Bewährungsspiele". "Da können sich die Spieler aufdrängen", meint er.

"Bin kein Politiker"

Nur wenn die Sprache auf die umstrittene russische Sportpolitik, die Doping-Schlagzeilen oder die gravierenden Hooligan-Krawalle im Vorjahr bei der EM in Frankreich kommt, wird Cherchesov mürrisch und kehrt den "russischen Bär" heraus: "Diktiergerät aus, weg mit dem Block. Es gibt keinen Kommentar, keine Antwort. Ich bin kein Politiker."

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apa

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