27.07.2017 07:31 Uhr

Baustellen: Kämpfer statt Künstler für Bayer

Heiko Herrlich hat in Leverkusen noch längst nicht alle Baustellen geschlossen
Heiko Herrlich hat in Leverkusen noch längst nicht alle Baustellen geschlossen

Zwei Trainer verschlissen, pure Abstiegsangst und ein enttäuschender zwölfter Platz. Der langjährige Champions-League-Dauergast Bayer 04 Leverkusen steht nach einer Katastrophensaison vor einer ungewissen Zukunft. Neu-Coach Heiko Herrlich soll die Rheinländer zurück in die oberen Regionen führen.

Das Urteil des neuen Trainers nach der Testspielniederlage gegen Sandhausen war allerdings vernichtend. "Ich weiß nicht, was hier letzte Saison alles los war", sagte der 45-Jährige und fügte an: "So reicht es nicht, in Sachen Siegermentalität müssen wir nacharbeiten." Personell hat sich bereits einiges verändert, doch es klaffen auch noch Lücken. weltfussball analysiert die Baustellen der Werkself.

Tor:

Mit Nationaltorhüter Bernd Leno steht ein Klasse-Mann zwischen den Pfosten, der in der letzten Saison der einzig konstante Spieler im Kader war. Dem frisch gebackenen Confed-Cup-Gewinner lagen zahlreiche Angebote vor, von denen einige nach eigener Aussage "sehr interessant" gewesen sein sollen. Doch Leno hält Leverkusen ein siebtes Jahr die Treue und will mit dem Klub zurück nach Europa.

Mit dem 33-jährigen Österreicher Ramazan Özcan steht für den Notfall ein erfahrener Backup bereit. Auch Nachwuchs-Keeper Niklas Lomb hat seinen Vertrag bis 2020 verlängert.

Prognose: Im Tor hat Bayer keine Probleme. Wenn Bernd Leno verletzungsfrei bleibt, wird der Nationaltorwart auch in der kommenden Saison ein sicherer Rückhalt sein.


Abwehr:

55 Gegentore hat Leverkusen in der vergangenen Spielzeit kassiert – so viel wie seit der Saison 2002/2003 nicht mehr. Nun trennt man sich von einigen bekannten Namen. Ömer Toprak wechselt zum BVB, Kyriakos Papadopoulos kehrt nach Leihende nicht aus Hamburg zurück. Auch der Vertrag von Roberto Hilbert wurde nicht verlängert.

Sorgen machen Heiko Herrlich zudem die Verletzungsprobleme von Tin Jedvaj und Jonathan Tah, die den Saisonstart verpassen könnten. Aleksandar Dragović hat bisher nicht die erhoffte Stabilität im Zentrum bringen können.

Mit Nationalspieler Sven Bender, der sich damit zu seinem Bruder Lars gesellt, hat Leverkusen einen erfahrenen Innenverteidiger aus Dortmund geholt, der Toprak adäquat im Zentrum ersetzen kann. André Ramalho kehrt aus Mainz zurück und kann ebenfalls in der Mitte verteidigen.

Prognose: Auf den Außenbahnen hat Bayer mit den jungen Benjamin Henrichs und Wendell starke Spieler, ist gleichzeitig aber auch dünn besetzt. Der Schuh drückt eher im Zentrum. Benders Verpflichtung kann sich als Clou entpuppen, wenn der 28-Jährige verletzungsfrei bleibt. Ein weiterer gelernter Innenverteidiger, der auch auf der Außenbahn aushelfen kann, würde Bayer noch gut in die Karten passen.


Mittelfeld:

Nach dem Abgang von Hakan Çalhanoğlu zum AC Mailand wurde zunächst kein weiter offensiver Mittelfeldmann verpflichtet. Stattdessen wurde die Kampfkraft in der Zentrale weiter verstärkt.

Mit Dominik Kohr vom FC Augsburg und Marlon Frey vom 1. FC Kaiserslautern hat Bayer 04 Leverkusen zwei weitere Mittelfeldakteure verpflichtet, die ihre Stärken vor allem in der Defensive haben. Die beiden gesellen sich in den erlesenen Kreis von Lars Bender, Julian Baumgartlinger und Kevin Kampl.

Charles Aranguiz könnte das Offensivspiel der Rheinländer beleben, wenn er auch im Bayer-Dress mal die Leistung abruft, die er zuletzt für Chile beim Confed-Cup gezeigt hat. Auch der junge Kai Havertz sorgte schon letzte Saison für einige Glanzlichter. Allerdings darf man von dem 18-Jährigen keine Wunderdinge erwarten.

Prognose: Bayers Mittelfeld hat genug Qualität. Auf der Doppelsechs und in der Zentrale ist die Auswahl groß, um defensive Stabilität ins Spiel zu bringen. Den Abgang von Çalhanoğlu kann Bayer kompensieren, wenn die anderen Mittelfeldakteure gemeinsam in die Bresche bringen.


Sturm:

Topscorer Javier "Chicharito" Hernández verlässt Leverkusen und schließt sich West Ham United an. Der Mexikaner war mit elf Treffern in der letzten Spielzeit Bayers bester Torschütze und hinterlässt eine große Lücke.

Vor allem fehlt der Werkself damit ein richtiger Mittelstürmer. Kevin Volland kann in der Zentrale spielen, fühlt sich aber rund um den Strafraum ebenso wohler, wie auch Julian Brandt und Admir Mehmedi.

Bleiben Stefan Kießling und Joel Pohjanpalo. Der finnische Edeljoker hat in der vergangenen Spielzeit sechs Joker-Tore erzielt und hätte eine Chance verdient. Auf Publikumsliebling Kießling würde Heiko Herrlich gerne bauen, allerdings streikte beim 33-Jährigen zuletzt zunehmend die Gesundheit.

Es verdichten sich die Gerüchte, dass Bayer Interesse an Arsenals Lucas Pérez haben soll. Der 28-Jährige ist bei den Gunners aufs Abstellgleis geraten und könnte Chicharito im Sturmzentrum ersetzen. Um die 15 Millionen müsste man für den Spanier auf den Tisch legen. Angesichts der Transfereinnahmen von knapp 60 Millionen dürfte das kein Problem sein.

Prognose: In der Spitze hat Bayer noch Handlungsbedarf. Die Qualitäten eines Chicharito können weder der alternde Kießling noch der junge Pohjanpalo komplett auffangen. Wahrscheinlicher ist, dass Rudi Völler nochmal auf dem Transfermarkt zuschlägt und Lucas Pérez oder einen anderen ausgewiesenen Knipser an Land zieht.

Lennart Wegner

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