"Wir wissen, dass wir wahrscheinlich nie wieder so eine Chance bekommen werden. Deswegen wollen wir sie nutzen." Am Donnerstag (ab 18:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) spielt Österreich im EM-Halbfinale gegen Dänemark. Dominik Thalhammer war sich bei der Pressekonferenz vor dem Spiel der Tragweite des Ereignisses bewusst. Dennoch präsentierte er sich bemerkenswert cool.

"Wir sind so locker und wissen vielleicht gar nicht einmal warum", fügte der ÖFB-Teamchef weiters an. Auch seine Kapitänin Viktoria Schnaderbeck hat noch nicht das große Nervenflattern bekommen: "Ich freue mich sehr, dass wir hier sein dürfen. Gerade waren wir zum ersten Mal am Platz. Da bekommt man schon ein Gefühl, was uns morgen erwartet. Das wird groß, das dürfen wir auch genießen."

Tatsächlich wirkt es so, als ob die Spielerinnen jede Sekunde des Turniers aufsaugen. Dass sie daran zerbrechen könnten, auf diese Idee kommen sie gar nicht. "Wir stehen im Halbfinale. Das ist das eine. Aber es ändert nichts an unserer Mannschaft, es ändert nicht, wie wir auftreten. Und es wird auch nichts daran ändern, dass wir Außenseiter sind", meinte Schnaderbeck.

In dieser Rolle fühlt sich Österreich pudelwohl. Allerdings wird es nach den gezeigten Leistungen und den Fakten, die am Papier stehen, immer schwieriger, das glaubhaft zu vermitteln. Die ÖFB-Auswahl hat in vier Spielen erst ein Gegentor bekommen, das ist wohl der herausragendste Wert.

Achtung vor Pernille Harder

Aber auch die Skandinavierinnen waren bislang höchst erfolgreich. Unangefochten der Spitze ihrer Highlight-Liste prangt natürlich der Viertelfinal-Erfolg über Deutschland. "Sie haben ein tolles Team und ich habe auch großartige Trainerleistungen bei ihnen gesehen. Zusätzlich haben sie noch Weltklasse-Spielerinnen in ihren Reihen", wusste Thalhammer.

Nadia Nadim von den Portland Thorns beispielsweise. Oder Katrine Veje von Montpellier. Allen voran steht aber Pernille Harder. Die Stürmerin, die beim VfL Wolfsburg unter Vertrag steht, ist eine der torgefährlichsten Spielerinnen der Welt.

Bei der Generalprobe vor dem Turnier trafen Österreich und Dänemark schon einmal aufeinander. Mit einem Angriffsfurioso zerlegte die Thalhammer Elf den EM-Halbfinalisten von 2013 in alle Einzelteile und gewann 4:2. Selbst dieses Resultat war für Dänemark schmeichelhaft. Dieser jüngste Kräftevergleich könnte zur Überheblichkeit verleiten. Das dementierten alle Beteiligten aber vehement.

"Ich glaube nicht, dass Dänemark der Verfassung vom 6. Juli ins Semifinale gekommen wäre. Aber auch Österreich nicht. Beide Teams haben sich sehr stark verbessert. Wir waren unglaublich spritzig, sie nicht. Wir wissen nicht, was sie vorher trainiert haben, vielleicht war es besonders intensiv", erklärte Thalhammer. Auch Schnaderbeck ist sich sicher, dass es ein ganz anderes Spiel wird.

Die rot-weiß-rote Aufstellungsfrage

Personell kann Österreich fast aus dem Vollen schöpfen. "Außer Lisa Makas dürften alle Spielerinnen fit sein. Das ist sehr wichtig. Darauf haben wir bei der Trainingssteuerung geachtet", so der Trainer. Als logischer Ersatz für Makas, die gegen Spanien einen Kreuzbandriss erlitt, gilt Nadine Prohaska. "Sie ist natürlich eine Option, aber wir haben auch andere Ideen."

Fraglich ist auch, ob Schnaderbeck wieder Virginia Kirchberger in der Innenverteidigung ersetzt, oder ob sie im zentralen Mittelfeld aufläuft. Dänemark erzielte gegen Deutschland zwei Kopfballtreffer, auch im Testspiel gegen Österreich konnten sie ein Tor nach einer Flanke erzielen. Diese Spielweise würde für das Innenverteidiger-Duo Wenninger/Kirchberger sprechen.

Für welche Variante auch immer sich Dominik Thalhammer entscheidet, Österreich hat eine große Chance aufs Finale. "Wir wissen, dass wir gegen sie bestehen können", wusste Thalhammer. Und er weiß eben auch, dass diese Chance wahrscheinlich nur einmal kommt.

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Johannes Sturm, weltfussball.at aus Wageningen