11.08.2017 08:50 Uhr

Big Five: Sehnsucht, Kuschelkurs, Großangriff

Fünf Startrainer, ein Ziel: Wer holt sich die Premier-League-Krone 17/18
Fünf Startrainer, ein Ziel: Wer holt sich die Premier-League-Krone 17/18

Wenn Jürgen Klopp, Arsène Wenger, Pep Guardiola, Antonio Conte und José Mourinho ab Freitag die Big Five der Premier League Liverpool, Arsenal, ManCity, Chelsea und ManUnited ins Rennen um den 119. Meistertitel führen, beherrscht eine große Frage die Szenerie: Wer hat im millionenschweren Wettrüsten das beste Näschen bewiesen? weltfussball wagt einen Ausblick.

  • FC Liverpool: Mit Teamgeist und kloppschen Tempokick gegen die Sehnsucht

Legt man die Ergebnisse der Vorbereitung zugrunde, führt kein Weg am FC Liverpool vorbei. Die fulminante Frühform der Elf von Jürgen Klopp gipfelte Anfang August in einer eindrucksvollen 3:0-Gala gegen den FC Bayern, bei der deutlich wurde, dass die Reds Klopps Tempofußball endgültig verinnerlicht haben. Dass Laufwege, Harmonie im Spielaufbau und blindes Verständnis im Vordergrund stehen, zeigt auch das Gebaren auf dem Transfermarkt.

Liverpool sorgte lediglich mit der Verpflichtung von Mohamed Salah für Aufsehen. Im Vergleich mit der Konkurrenz bleibt die vereinsinterne Rekordablöse von 42 Millionen Euro allerdings eher eine Randnotiz. Die Dienste des englischen U20-Weltmeisters Dominic Solanke sicherte sich Klopp sogar zum Nulltarif. Auf der Gegenseite beißt sich der FC Barcelona bei seinem Werben um Reds-Spielmacher Philippe Coutinho offenbar die Zähne aus. "Wir wollen die bestmögliche Mannschaft haben. Das bedeutet, die Jungs, die da sind, zu behalten", fegte Klopp das kolportierte 120-Millionen-Euro-Gebot lässig vom Tisch.

Ein Kurs, der den Deutschen unter Druck setzt. Klopp geht mit Liverpool in seine dritte Saison, hatte inzwischen also zwei Jahre Zeit, um an seinem Wunschkader zu basteln und die Sehnsucht des einstigen Rekordmeisters nach dem ersten Titel seit 1990 endlich zu stillen. Und die Chancen dafür sind so gut wie lange nicht mehr. "Ich bin sehr zuversichtlich, was die kommende Saison angeht", so auch Klopp.

  • FC Arsenal: Stolpert Wenger über Özil und Sánchez? 

Nach Platz fünf in der Vorsaison und der damit verpassten Champions-League-Teilnahme mehrten sich die kritischen Stimmen an Trainer-Urgestein Arsène Wenger, der vom Klub dennoch einmal mehr die ungeteilte Rückendeckung und als Kirsche auf dem Sahnehäubchen Rekordtransfer Alexandre Lacazette bekam. Klar ist aber, die Gunners müssen liefern. 

Für Unruhe könnten dabei ausgerechnet zwei Leistungsträger sorgen. Trotz mannigfaltiger Rekordverträge konnten bislang weder Torjäger Alexis Sánchez noch DFB-Spielmacher Mesut Özil dazu bewogen werden, ihre 2017 auslaufenden Verträge zu verlängern. Hängen lassen wird sich das Duo deswegen kaum, Wechselgerüchte und Mega-Summen dürften Özil und Sánchez allerdings auf Schritt und Tritt begleiten - vernebelte Gedanken inklusive? Der Sieg im Community Shield über den FC Chelsea bleibt für Per Mertesacker, Sead Kolašinac, Özil und Co. wohl der einzige Titel.

  • Manchester United: The Special One auf Kuschelkurs

"Ich habe ihnen vor einigen Tagen gesagt, dass ich niemals ein Team trainiert habe, das ich so gemocht habe", so Star-Coach José Mourinho nach der knappen 1:2-Pleite Manchesters im UEFA-Supercup gegen Real Madrid. Für den nie dagewesenen Kuschelkurs des Portugiesen sorgt nicht zuletzt der nächste Schwung neuer Millionen-Neuzugänge. Mit Benfica-Verteidiger Victor Lindelöf sowie Mourinhos ehemaligen Chelsea-Schützlingen Romelu Lukaku und Nemanja Matić bekam The Special One für rund 165 Millionen Euro sein Wunschtrio. Eine Verpflichtung von Real-Star Gareth Bale bleibt hingegen wohl ein Traum.

Ein Traum wird auch die 21. Meisterschaft bleiben, sollten die Red Devils nicht kräftig an ihrer Torausbeute arbeiten. Mit 54 Toren, 17 davon vom inzwischen abgewanderten Zlatan Ibrahimović erzielt, stellte United 16/17 nur die achtbeste Offensive der Liga. Hauptgrund für den enttäuschenden Rang sechs.

Ob Mourinhos Lobeshymnen weitergehen oder rüde verstummen, wird also nicht zuletzt von Lukaku abhängen. Knüpft der Belgier an seine 25 Buden aus der Vorsaison an, spricht United ein Wörtchen im Titelkampf mit. Zumal die sowieso schon stabile Defensive durch Lindelöf und Matić kaum schwächer werden dürfte.

  • Manchester City: Mit Rekord-Bollwerk auf den Thron?

Apropos Defensive: 140 Millionen Euro blätterte Pep Guardiola auf den Tisch, um die Abwehr zu verstärken - hinzu kommt mit Bernardo Silva ein 50-Millionen-Euro-Puzzlestück für die ohnehin klangvolle Offensive. Ein Großangriff, mit dem Guardiola allerdings gleichzeitig ein großes Wagnis eingeht.

Dass auch seine erfolgreiche Vita kein weiteres Jahr ohne Trophäe zulässt, ist auch Guardiola bewusst. Bei Bayern oder Barcelona wäre er mit der Ausbeute der letzten Saison gefeuert worden, bei City habe er "eine zweite Chance erhalten", so der 46-Jährige, von dem nicht weniger als der ganz große Coup erwartet wird. ManCity-Vorstandschef Khaldoon Mubarak scheute unlängst auch die Worte "Triple" oder "Quadruple" nicht. Eine enorme Aufgabe, die durch eine Abwehr im Findungsprozess nicht leichter werden dürfte. 

Dennoch: Gelingt es Guardiola einmal mehr, dass ein millionenschweres Starensemble bedingungslos nach seiner Pfeife tanzt, werden Raheem Sterling, Leroy Sané, Gabriel Jesus, Kun Agüero, David Silva, Kevin De Bruyne, İlkay Gündoğan und Co. mindestens einen Titel holen. 

  • FC Chelsea: Morata muss liefern

Roma-Verteidiger Antonio Rüdiger (35 Mio. Euro), Monaco-Sechser Tiemoué Bakayoko (40 Mio.) und Real-Angreifer Álvaro Morata (65 Mio.) sollen dafür sorgen, dass Antonio Conte und der FC Chelsea ihren eindrucksvollen Titel aus der Vorsaison verteidigen. Der ohnehin gut besetzte Kader der Blues offenbart auf dem zweiten Blick allerdings einige Baustellen. 

Der Haussegen zwischen Top-Torschütze Diego Costa und Conte hängt schief, mit dem zuletzt verliehenen Loïc Rémy und dem einstigen 39-Millionen-Euro-Transfer Michy Batshuayi, der die Erwartungen nicht erfüllen konnte, suchen weitere Offensivleute ihren Platz im Kader. Defensiv verfügt man mit Azplicueta, Gary Cahill und David Luiz nur über drei Akteure, die ihr Können im englischen Oberhaus bereits ausreichend unter Beweis gestellt haben. 

Als Herausforderung könnte sich die neue Situation auch für Hoffnungsträger Morata erweisen. Zwar ist die Klasse des Spaniers unbestritten, mit 24 Jahren schaffte es der Mann aus Madrid aber nur selten über die Rollen des wohl edelsten aller Edeljoker hinaus. Sicher ist: Bekam Morata seine Chance, wusste er meist zu überzeugen. Bei Chelsea muss er nun aber immer abliefern. Dass Conte den Neuzugang bei der Community-Shield-Pleite gegen Arsenal nur von der Bank brachte - verschossener Elfmeter inklusive - mag als Fingerzeig gesehen werden. Ein erneuter Höhenflug der Londoner ist 2017/2018 eher nicht zu erwarten. Für einen Topplatz reicht es, die Meisterschaft feiert man jedoch anderswo.

Marc Affeldt

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