27.08.2017 08:40 Uhr

Rapid findet zurück zur Normalität

Erster Saison-Heimsieg. Gewaltige Unterstützung durch das Publikum. Ein bärenstarker Bundesliga-Debütant und ein echter Rückhalt im Tor. Für Rapid war der 1:0-Erfolg gegen den LASK am Samstagabend in der sechsten Bundesliga-Runde Goldes wert.

Der entscheidende Treffer von Thomas Murg in der 22. Minute ließ die Grün-Weißen vor 19.400 Zuschauern in Wien-Hütteldorf über die ersten drei Punkte im eigenen Stadion jubeln. Zuvor hatte es ein 2:2-Remis gegen den SV Mattersburg und im Wiener Derby gegen die Austria (wobei jeweils eine 2:0-Führung verspielt worden war) sowie eine 0:1-Heimpleite gegen Sturm Graz gegeben.

Nun haben für Rapid-Coach Goran Djuricin die Fragen nach dem Fluch in den eigenen vier Wänden ein Ende. Kein Wunder, dass auch dem Trainer die Erleichterung anzumerken war.

Ein Rapid-Trainer verliert nicht den Humor

"Dieser Sieg war sauwichtig. Wir hatten einen Riesendruck. Aber man darf eben auch in einer solchen Situation nicht den Humor verlieren und muss am Boden zu bleiben", sagte der Rapid-Betreuer. Man konnte es bei der Pressekonferenz nach dem Spiel fast körperlich spüren: Hier saß ein Mann, dem ein Stein vom Herzen gefallen war.

"Wir leben in einer Gesellschaft, die sehr oberflächlich denkt. Aber heute ist das Glück zu uns zurückgekommen", gab die Djuricin-Analyse Einblick in seine Gedankengänge. 

Gegenüber weltfussball nahm der Rapid-Chefcoach dann Bezug auf jene zwei Spieler, die neben dem Goldtorschützen Thomas Murg im Mittelpunkt standen: Der nach der Pause den Sieg rettende Torhüter Richard Strebinger ("Er hat wieder einmal seine Stärken im 'Eins gegen Eins' gezeigt und bewiesen, dass er ein echte Nummer eins ist") und der erst 19-jährige Bundesliga-Debütant Dejan Ljubicic.

"Dejan hat wirklich gut trainiert und war ganz stark. Ich muss mich auch selbst bei der Nase nehmen, dass ich ihn als Kooperationsspieler abgegeben habe. Er hat seine Aufgabe toll erledigt. Alleine wie er mich ansieht. Da wusste ich, dass er spielen wird. Er steht voll im Saft", schwärmte der Trainer vom "Rückkehrer", der mit seinen starken Leistungen auch maßgeblich an der Tabellenführung des SC Wiener Neustadt in der Erste Liga beteiligt war.

Über Favoriten zum nächsten grün-weißen Hoffnungsträger

Über den Favoritner AC kam Ljubicic 2006 in die Jugend des SK Rapid. Dort durchlief er in der Folge im Nachwuchs und bei den Amateuren alle Stationen, jetzt darf er sich über ein äußerst gelungenes Debüt bei den Profis freuen. Nicht nur sein Ballgewinn vor dem 1:0 zeigte, wie sehr der Mittelfeld-Abräumer in den vergangenen Monaten gereift ist.

Ruhig am Ball, zweikampfstark, das Auge für den freien Mitspieler, vorausahnend, hart und nie zurücksteckend: So stellt man sich einen "Sechser" vor. Noch dazu aus dem eigenen Nachwuchs kommend. Ein Versprechen für die Zukunft. Nach dieser Leistung gibt es überhaupt keinen Grund Ljubicic nicht weiter das Vertrauen zu schenken. So braucht Rapid auch keinen Thanos Petsos, der seit seinem Abschied aus Hütteldorf bei Werder Bremen und Fulham scheiterte. Vier Pflichtspiele seit Sommer 2016 sagen alles aus.

Verstärkungen auf weiteren "ein, zwei Positionen"

Was der Rekordmeister viel mehr braucht? Einen echten Torjäger. Es war fast fahrlässig, wie Hoffenheim-Leihgabe Joelinton in der Nachspielzeit völlig alleine die große Chance auf das 2:0 ausließ und den Ball weiter über das Tor vor dem Block West knallte. Der Brasilianer reibt sich auf, ist körperlich stark, aber kein "Killer" in der Box. Ein solcher ist auch Giorgi Kvilitaia (noch) nicht. Nach seiner Verletzungspause aber zumindest auf dem Weg zurück.

Rapid braucht aber einen Goalgetter, der Schnelligkeit und Torinstinkt vereint. Eine kostspielige Angelegenheit. Doch der Rekordverkauf von Maximilian Wöber zu Ajax gibt die Möglichkeit für einen neuen Angreifer. Goran Djuricin gestand, dass es noch "Verstärkungen auf ein, zwei Positionen geben wird."

Sie sollten durchdacht und keine Panikkäufe sein. Der letzte Neuzugang unter Druck kurz vor Transferschluss gilt mittlerweile als kostenintensives Missverständnis: Matej Jelić. Man kann nur hoffen, dass Rapid-Sportchef Fredy Bickel besser vorbereitet ist als sein Vorgänger Andreas Müller. Bis 31. August gibt es die Antwort darauf.

Nach Lucas Galvão, der gegen den LASK im Finish sein Rapid-Debüt gab, kommen noch weitere Rapid-Einkäufe. Dann kann man auch den Sportdirektor aus der Schweiz erstmals an seinen Taten messen. 

Laut, lauter, Block West

Auf den Rängen bot sich indes am Samstagabend in Wien-Hütteldorf eine Geräusch-Kulisse, die es auch ohne künstliche Lautsprecher-Beschallung mit der Konkurrenz ein wenig später im Prater mehr als nur aufnehmen konnte. Im Ernst Happel-Stadion das Gastspiel von Robbie Williams, der die Wiener Austria zum Europacup-Vagabundendasein in der Provinz verurteilte. Am Gerhard Hanappi-Platz das Jubiläum des Block West.

"40 Jahre Hütteldorfer Fankultur. 1997 - 2017 - 40 Jahre Block West" als Intro, gefolgt von der akustischen Begleitung "Wir wollen Rapid sehen!" zu Spielbeginn. Die Forderung wirkte. 45 Minuten lang sah man eine starke Rapid-Mannschaft. Die Anhängerschaft der Grün-Weißen, die gerade mit einem Boulevard-Blatt eine Privatfehde laufen hat ("Österreich raus aus Hütteldorf", begleitet von Schmähgesängen für den Herausgeber), zeigte aber auch Respekt für ihren Gegner.

Die imponierend zahlreich mitgereisten LASK-Schlachtenbummler präsentierten ihr Spruchband "Aus Becherwurf wird Attentat und fertig ist das Titelblatt: Scheiß Presse", die Reaktion der Rapid-Fans: Tosender Applaus. Am Ende durfte auch die zuletzt mit Ignoranz bestrafte Mannschaft wieder zum Sektor kommen. Ein Samstagabend mit erleichterten Gesichtern in Wien-Hütteldorf.

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Christian Tragschitz

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