05.10.2017 12:10 Uhr

Widerstand gegen belgisches Nationalstadion

Eine kleine flämische Provinz behindert in Belgien den Bau des neuen Stadions für die EM 2020. Die UEFA wird langsam ungeduldig - und droht mit Konsequenzen.

Auf dem riesigen Parkplatz im Norden Brüssels sollten eigentlich längst die Bagger rollen. Mit dem dort geplanten, rund 300 Millionen Euro teuren Stadion will sich Belgien bei der historischen EM 2020 von der besten Seite zeigen. Doch eine kleine flämische Gemeinde hört nicht auf, Widerstand zu leisten - ausgerechnet der "Hauptstadt Europas" drohen deshalb schwerwiegende Konsequenzen.

Der skurrile, im politisch zerrütteten Belgien aber bitterernste Konflikt um ein kleines Stück Land, der den Neubau des Nationalstadions behindert, hat die Europäische Fußball-Union (UEFA) auf den Plan gerufen. Der Dachverband wird in drei Jahren sein Turnier in 13 europäischen Metropolen ausrichten, in der EU-Kommissionsstadt sollen eigentlich drei Gruppenspielen und ein Achtelfinale stattfinden. Nun wird ganz offiziell bereits ein Plan B gesucht - eine letzte Frist läuft bis zum 20. November.

Die Zeit wird knapp. Denn für das Großprojekt auf dem Car Park C, dem Parkplatz des Brüsseler EXPO-Geländes, fehlt immer noch die Baugenehmigung. Die würde nur mit der Zustimmung der Gemeinde Grimbergen in der Provinz Flämisch-Brabant erteilt werden, der ein Teil des geplanten Stadion-Areals gehört. Die Flamen und die Wallonen, die in Brüssel deutlich in der Überzahl sind, sind seit dem 19. Jahrhundert in tiefster Abneigung miteinander verbunden.

Provinz verweigert notwendige Genehmigungen

Anfangs wollten die Einwohner Grimbergens eine alte Straße nicht hergeben, obwohl fraglich war, ob sie überhaupt noch genutzt wird. Zwar sprach die übergeordnete Provinz später ein Machtwort, doch bis dahin war schon das nächste Problem entstanden. Der flämische Verkehrsminister Ben Weyts will zwei kleine, aber für den Stadionbau allein für die Zufahrten wichtige Grundstücke nicht verkaufen.

"Das wird kein Nationalstadion und kein Fußballstadion, sondern ein Bürogebäude", sagte das Mitglied der flämisch-separatistischen NVA. Zuletzt verweigerte die Provinz Flämisch-Brabant noch weitere notwendige Genehmigungen, sie sorgte sich um den zusätzlichen Autoverkehr und die Luftverschmutzung.

Was passiert mit dem Stadion nach der EM?

Offiziell unterstützt der belgische Fußballverband das Projekt. Präsident Gerard Linard forderte von allen Beteiligten schnelles Handeln, schließlich stehe das Ansehen des Landes auf dem Spiel. "Es ist fünf vor zwölf", sagte er belgischen Medien. Doch die kritischen Stimmen mehren sich. "Ich bin für ein neues Nationalstadion, aber nicht um jeden Preis", sagte Mehdi Bayat, Mitglied des Exekutivkomitees, der Tageszeitung "Derniere Heure".

Und selbst wenn die Firma Ghelamco, Bauherr des neuen Stadions, innerhalb der nächsten Wochen schafft, was in zwei Jahren nicht geklappt hat, wäre die Stadt Brüssel lange nicht alle Sorgen los. Es bliebe die Frage, wie das Stadion nach der EURO genutzt würde.

Ursprünglich sollte der belgische Rekordmeister RSC Anderlecht seine Ligaspiele in der neuen Arena austragen. Doch im Februar verkündete der Traditionsklub in einer knappen Pressemitteilung den Ausstieg aus dem Projekt, das nicht mehr im Interesse des Vereins sei.

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