16.03.2018 14:03 Uhr

Klein: "Finks Prinzip war ja nicht schlecht"

Florian Klein lässt sich auch in einer turbulenten Saison nicht aus der Ruhe bringen
Florian Klein lässt sich auch in einer turbulenten Saison nicht aus der Ruhe bringen

Austria Wiens Routinier Florian Klein im Interview über zwei Trainer mit "völlig unterschiedlichen Auffassungen vom Fußball", die Kälte als Mitgrund für die violette Krise zum Frühjahrsstart und seine Situation als nicht nominierter Nationalspieler.

Zwei Siege in den ersten beiden Spielen unter dem neuen Trainer Thomas Letsch haben der Stimmung bei der Austria gut getan. Der Rückstand auf die Europacupplätze ist zwar nach wie vor groß, konnte aber zumindest verkürzt werden.

Im weltfussball-Interview spricht Routinier Florian Klein über die Unterschiede zwischen Neo-Coach Letsch und Vorgänger Thorsten Fink, den Wert der Erfolge gegen die schwächsten Teams der Liga und seine Nicht-Nominierung in den ÖFB-Kader für die Länderspiele gegen Slowenien und Luxemburg.

weltfussball: Florian, ihr habt die beiden ersten Spiele unter dem neuen Trainer Thomas Letsch gewonnen. Ist damit nach dem Fehlstart ins Frühjahr endlich wieder etwas Ruhe eingekehrt?

Florian Klein: Wenn du so eine Phase durchlebst, in der du einige Spiele verloren hast, ist es ganz wichtig, wieder ein Erfolgserlebnis zu feiern. Wir haben jetzt zwei wichtige Spiele zu Hause gewonnen, das erleichtert die Situation wieder ein bisschen.

Zuletzt gegen den SKN St. Pölten bist du sogar unter die Torjäger gegangen.

Das kommt auch noch dazu (lacht)! Mittlerweile hab' ich für einen rechten Verteidiger schon einige Tore erzielt. So kann's weitergehen!

Die Gegner in den beiden letzten Partien hießen WAC und eben St. Pölten, die mit Abstand schlechtesten Teams der Bundesliga. Wie sind diese zwei Siege und damit auch der Auftakt des neuen Trainers deiner Meinung nach einzuordnen?

Natürlich sagen jetzt viele, dass das zwei schwächere Gegner waren, aber in der Phase, in der wir uns befinden, ist jedes einzelne Spiel extrem wichtig, völlig egal gegen wen. Gerade wenn es heißt, gegen diesen oder jenen Gegner müssen jetzt Siege eingefahren werden, ist es immer am schwierigsten, weil der ganze Druck dazukommt. Wenn man dann das, was man sich vorgenommen hat, zu 100 Prozent umsetzen kann, ist das sehr positiv, unabhängig vom Gegner. Trotzdem wissen wir, dass wir hart weiterarbeiten müssen, weil noch sehr viele schwierige Matches kommen. Es wird wichtig sein, dass wir dieses Spiel, das wir jetzt gezeigt haben, auch weiter fortführen.

Eindeutig zu erkennen war die im Vergleich zu Thorsten Fink veränderte Spielanlage. Ihr habt deutlich schneller den Weg in die Spitze gesucht und viel weniger hinten quergespielt. Kommt die Mannschaft mit dieser Ausrichtung besser zurecht?

Es ist so, dass beide Trainer völlig unterschiedliche Auffassungen vom Fußball haben. Unter Letsch haben wir jetzt schneller in die Spitze gespielt und sind aggressiv auf den zweiten Ball gegangen. In diesen beiden Partien hat das gut funktioniert, aber man muss abwarten, wie es dann nach ein paar weiteren Spielen läuft.

Auf dieses schnelle Spiel nach vorne und das aggressive Nachgehen auf die zweiten Bälle setzen auch im internationalen Fußball immer mehr Teams. Viele Tore beziehungsweise gefährliche Aktionen entstehen auf diese Weise, weil man den Gegner in einem Moment erwischt, in dem er defensiv weniger organisiert ist. War diese Umstellung bei euch so etwas wie der Schritt zum nun modernen Fußball?

Das würde ich nicht ganz so extrem sagen, die beiden haben einfach konträre Philosophien. Das Prinzip von Thorsten Fink, von hinten durchzukombinieren, den Gegner viel laufen zu lassen, damit er müde wird, war ja auch nicht schlecht. Aber zu Beginn der Frühjahrssaison war auch das Problem, dass die Platzverhältnisse durch die Kälte so schlecht waren, dass es für Mannschaften, die weniger auf Ballbesitz setzen, leichter war. Das war mit ein Grund dafür, dass es bei uns zum Start ins Frühjahr nicht wie gewünscht geklappt hat. Die Umstellung zum schnellen Spiel nach vorne und dem Gehen auf den zweiten Ball, das machen natürlich schon viele Mannschaften. Du bist relativ schnell vorne und musst nicht so viel Aufwand betreiben, um ins letzte Drittel zu kommen. Das ist der große Unterschied.

Diashow: Die besten Action-Bilder von Florian Klein

Ausgerechnet nach einer langen Vorbereitung im Winter und trotz des Wegfalls der Doppelbelastung durch die Europa League hat es unter Fink im Frühjahr überhaupt nicht mehr geklappt. Die Platzverhältnisse hast du angesprochen, welche Gründe siehst du noch dafür?

Da kommen mehrere Faktoren zusammen. Wir sind mit dem Derby (1:1, Anm.) eigentlich nicht schlecht gestartet. Das war ganz ansehnlich, es waren gute Aktionen von uns dabei. Dann kamen drei Spiele, wo es eben geheißen hat, das seien Pflichtsiege. In dieser Zeit gab es die extreme Kälte und damit herrschten eben Platzverhältnisse, bei denen es für die Mannschaft, die das Spiel machen muss, natürlich schwieriger ist. Aber das war keinesfalls der einige Grund.

Was hat noch in die Krise hineingespielt?

Wir steckten zu diesem Zeitpunkt schon hinten drinnen, der Druck nimmt zu. Und wir haben bei Ballverlust die Kugel nicht schnell genug zurückerobert, dadurch mussten wir viele Meter gehen. Es sind mehrere Dinge zusammengekommen, aber ich würde auf keinen Fall sagen, dass unter Fink alles schlecht war. Wir haben in dieser Phase, aufgrund verschiedener Faktoren, die Dinge einfach nicht richtig hingebracht.

Auch aufgrund der zahlreichen Verletzungen musste, vor allem in der Defensive, extrem viel rotiert werden. War das ein zusätzlicher Faktor, dass sich die Mannschaft in dieser Saison nie wirklich festigen konnte?

Das hatten wir ja schon in der Analyse zum Herbst erwähnt. Es waren einfach zu viele Verletzungen, das kann man nicht wegreden. Das waren ja auch alles Stammspieler, die ausfielen, die kannst du nicht alle ersetzen. Zusätzlich steckst du hinten drin, das heißt, auch wenn der eine oder andere Spieler wieder zurückkommt, ist ständig dieser Druck da.

Du kamst vergangenen Sommer nach drei Jahren in Deutschland nach Österreich zurück, hast mit Stuttgart einen Abstieg und den Wiederaufstieg mitgemacht und mit 31 Jahren schon viel erlebt. Verläuft deine Rückkehr-Saison auch für dich als Routinier deutlich turbulenter als erwartet?

Ich stell' mir im Vorhinein gar nichts mehr vor, weil ich weiß, wie schnell im Fußball alles passieren kann. Als ich zurückkam, hat eigentlich alles gut funktioniert, ich habe gleich im ersten Spiel getroffen und jede Partie mitgemacht. Leider kam dann der Mittelfußknochenbruch und ich fiel lange aus. Das war bitter, mittlerweile passt da aber wieder alles. Mir war aber schon bewusst, dass es – wie in jedem Verein – Phasen gibt, in denen es besser und schlechter läuft. Das ist nichts Ungewohntes.

Innerhalb der nächsten vier Runden trefft ihr auf Red Bull Salzburg, Sturm Graz und Rapid – die Top drei der Liga. Danach folgen Wochen, in denen es gegen die vermeintlich Kleinen geht. Welche Phase wird für euch entscheidender, vor allem in Hinblick auf euer Ziel, noch einen internationalen Startplatz zu erreichen?

Wenn ich etwas im Fußball gelernt habe, dann, dass es das Schlechteste ist, zu sagen, dass jetzt Gegner kommen, die eher schwierig sind und danach die leichteren. Auch wenn es eine Phrase ist, aber wir schauen wirklich nur von Spiel zu Spiel. Es bringt überhaupt nichts, irgendetwas vorzurechnen, was vielleicht sein könnte. Unser nächstes Spiel ist in Salzburg, gegen die seit Jahren verdientermaßen beste Mannschaft in Österreich. Jetzt gilt es, sich auf diese Partie vorzubereiten, damit wir dort punkten. Das ist unser Ziel. Aber auf das übernächste Spiel zu schauen oder sogar noch weiter in die Zukunft, das bringt überhaupt nichts.

Gegen Salzburg werdet ihr es wohl anders anlegen als gegen den WAC und St. Pölten.

Wie genau, wird man sehen. Natürlich überlegt man sich, wie man gegen Salzburg spielt. Klar ist, dass wir die Aggressivität der letzten zwei Spiele auch dort auf den Platz bringen müssen, sonst hast du gegen Salzburg keine Chance.

Kommen wir zum Abschluss noch zu einem anderen Thema: Anfang der Woche gab Teamchef Franco Foda seinen Kader für die Länderspiele gegen Slowenien und Luxemburg bekannt. Ohne Florian Klein. Bei Fodas Debüt im November gegen Uruguay musstest du verletzungsbedingt passen. Warst du überrascht, jetzt, wo du fit bist, nicht nominiert worden zu sein?

Nein. Ich war dreieinhalb Monate verletzt und habe jetzt einmal fünf Spiele gemacht. Da kannst du nicht fordern, dabei zu sein. Ich sehe mich aber absolut noch als Nationalspieler, habe in Gedanken auf keinen Fall damit abgeschlossen. Einige meiner besten Freunde, mit denen ich auch im Nationalteam gespielt und Erfolge gefeiert habe, sind zuletzt zurückgetreten. Das mache ich nicht. Ich habe das Nationalteam nach wie vor als großes Ziel in meinen Gedanken. Aber jetzt ist es einmal wichtig, dass ich wieder in den Spielrhythmus komme. Dann hoffe ich, beim nächsten Lehrgang wieder dabei zu sein.

David Mayr

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