29.03.2018 13:04 Uhr

Leon, der Problem-Fall: Das Rätsel um Goretzka

Leon Goretzka steht im Kalenderjahr 2018 neben der Spur
Leon Goretzka steht im Kalenderjahr 2018 neben der Spur

Bei der 0:1-Niederlage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Brasilien spielte Leon Goretzka eine Stunde lang mit – mehr aber auch nicht. Für die Fans des FC Schalke 04 ein bekanntes Bild, denn auch bei den Königsblauen tauchte der Mittelfeldspieler nach der Bekanntgabe seines Wechsels zum FC Bayern regelmäßig ab. Gefährdet der 23-Jährige damit jetzt sogar seine Nominierung für die anstehende Weltmeisterschaft in Russland?

Toni Kroos hielt sich am Dienstagabend nach der DFB-Niederlage gegen Brasilien mit der Kritik an der eigenen Mannschaft nicht zurück. "Wir haben uns zu leicht abkochen lassen", resümierte der Star von Real Madrid sichtlich angefressen. "Dabei standen heute einige Spieler auf dem Platz, die sich zeigen konnten, dies aber nicht getan haben."

Namen nannte er nicht, doch neben Linksaußen Leroy Sané treffen seine Aussagen wohl auch auf Leon Goretzka zu. Der Mittelfeldmann von Schalke 04 lieferte eine bestenfalls durchwachsene Leistung auf der für ihn eher ungewohnten rechten Seite. Damit verpasste er die von Kroos formulierte Chance, sich im Kampf um ein WM-Ticket in den Vordergrund zu spielen.

Heiße Phase für WM-Kandidaten beginnt

Dabei ist dem Mittelfeldspieler durchaus bewusst, dass es im Rennen um die begehrten Nominierungen langsam in die heiße Phase geht. "Das hat man immer im Hinterkopf", sagte der 14-malige Nationalspieler zuletzt. "Jeder muss seine Leistung zeigen und sich aufdrängen, um dabei zu sein. Auch im Verein."

Zuletzt gelang das Leon Goretzka aber auch beim FC Schalke 04 nicht, zumindest nicht mit Nachdruck. Es stellt sich vermehrt die Frage, wie stark ihn der Wechsel nach München und die damit verbundene Kritik auf Schalke aus der Bahn geworfen haben.

Im Januar versprach er den Schalkern noch, sich in der Rückrunde "zu zerreißen" und alles für die Königsblauen zu geben. Dennoch bestraften ihn die frustrierten Schalker Fans Woche für Woche mit gellenden Pfiffen von den Rängen und scharfen Beleidigungen abseits des Platzes.

Goretzka macht Fans keinen Vorwurf

"Im Großen und Ganzen war das alles im Rahmen", erklärte Goretzka zuletzt in einem Interview mit "Funke Sport". "Ich war darauf vorbereitet und werde den Schalker Fans ganz sicher keinen Vorwurf machen." Auch wenn er sich unbeeindruckt von den Anfeindungen gibt, so geht der öffentliche Wirbel um seinen Wechsel mit Sicherheit nicht spurlos an dem 23-Jährigen vorbei.

Zuletzt fiel er bei seinen Auftritten für die Königsblauen eher durch übermotivierte Fouls als durch zielstrebige Aktionen am Ball auf. Nur ganz selten ließ er seine herausragenden Fähigkeiten als Mittelfeldmotor aufblitzen. Ihm fehlte es sowohl an Bindung zum Spiel als auch an mentaler Präsenz. Selbstbewusstsein sucht man in der Rückrunde bei Goretzka vergeblich.

Auch körperlich ist Goretzka wohl nicht in der besten Verfassung. In der Hinrunde verpasste er sieben Ligaspiele sowie die DFB-Tests gegen England und Frankreich aufgrund einer Stressreaktion im Unterschenkel. In der Rückrunde absolvierte er nur drei Spiele über 90 Minuten. Immer wieder geht er angeschlagen und mit reduziertem Pensum durch die Trainingswochen.

Immer noch Kredit bei Löw

Trotz dieser Widrigkeiten scheint Goretzka bei Bundestrainer Joachim Löw aber noch Kredit zu haben. Dies zeigt die kürzliche Nominierung, während andere schwächelnde Profis, wie Borussia Dortmunds Mario Götze, zuhause bleiben mussten. Seine Vielseitigkeit und seine starke Leistung beim Confederations-Cup-Sieg 2017 könnten entscheidende Faktoren für das Vertrauen beim Bundestrainer sein.

Im Hinblick auf ein mögliches WM-Ticket hilft ihm auch die personelle Situation bei Schalke 04. Dort gehört er aus Mangel an Alternativen weiterhin zur ersten Wahl. Damit bekommt er wohl auch weiterhin jede Chance, sich aus seinem Formtief herauszuziehen. Die nächste könnte schon am Samstag beim Heimspiel gegen den SC Freiburg (15:30 Uhr) auf ihn warten.

Möglichkeiten, die der 23-Jährige allerdings auch bald nutzen muss. Schließlich reicht sein Kredit bei Joachim Löw nicht ewig. Sollte es letztlich wirklich mit der WM-Nominierung nicht klappen, wird sich Leon Goretzka wohl schmerzlich an die Kritik von Mitspieler Toni Kroos erinnern.

Moritz Wollert

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