12.05.2018 10:22 Uhr

Schwab: "Ich müsste sehr viele Dinge abwiegen"

Rapid-Kapitän Stefan Schwab ist optimistisch, dass der Rekordmeister zu alter Stärke zurückfinden wird
Rapid-Kapitän Stefan Schwab ist optimistisch, dass der Rekordmeister zu alter Stärke zurückfinden wird

Rapid-Kapitän Stefan Schwab spricht im Interview über die schwache Ausbeute gegen die Topteams der Liga, erklärt, womit er sich in die Serie A locken ließe und schlüpft für weltfussball in die Rolle des Sportdirektors, um die bevorstehende Sommer-Transferperiode zu analysieren.

Wenn Rapid Wien am Sonntag (16:30 Uhr) Red Bull Salzburg im sehr gut besuchten Allianz-Stadion zu Hütteldorf zum Schlager bittet, geht es für Stefan Schwab wieder einmal gegen jenen Verein, bei dem der Saalfeldener seine fußballerische Ausbildung durchlief. Zu einem Einsatz für die Profis der "Bullen" kam der inzwischen 27-Jährige nie, dafür ist er als Rapid-Kapitän und Leistungsträger längst ein gestandener und etablierter Bundesligaakteur.

Im Interview mit weltfussball erklärt der grün-weiße Stratege, warum Sturm Graz Rapid in den letzten eineinhalb Jahren den Rang abgelaufen hat, spricht über seinen inneren Zwiespalt im Falle eines Angebots aus der Serie A und macht sich angesichts der von Kollegen geweckten Begehrlichkeiten Gedanken über den anstehenden Transfersommer.

weltfussball: Stefan, die Saison geht langsam zu Ende, es sind noch drei Runden zu spielen. Rechnerisch wäre Platz zwei noch machbar, umgekehrt liegt der LASK als Vierter nur einen Punkt hinter euch. Ist die Minichance auf den Vizemeister überhaupt noch Thema für euch?

Stefan Schwab: Wir müssen schauen, dass wir Platz drei heimbringen. Vor dem Spiel gegen Sturm haben wird darüber geredet, ob wir noch einmal angreifen können und nach dem Match waren wir Vierter.

Mit Salzburg wartet am Sonntag auf euch das letzte Topspiel der Saison. Rechnet man nur die jeweiligen Partien der "großen Vier" untereinander zusammen, fällt auf, dass ihr klar hinter Salzburg und Sturm, aber nur einen Punkt vor der Austria wärt. Hast du eine Erklärung dafür, warum ihr euch gegen die Topteams der Liga, zu denen wir die Austria aufgrund ihres Namens auch heuer zählen, so schwer tut?

Es ist überhaupt eine ganz komische Saison. Wir haben gegen die Austria eine sehr gute Serie und gegen den LASK jede Partie gewonnen. Auf der anderen Seite ist uns gegen Sturm und Salzburg kein einziger Sieg gelungen. Schwierig zu sagen, woran das liegt. Sturm ist uns heuer absolut nicht gelegen, aber man muss auch sagen, dass sie über die ganze Saison eine Spur besser waren. Die letzten beiden Duelle in Cup und Meisterschaft spiegeln die Tabelle wider. Salzburg steht sowieso sportlich drüber, das muss man anerkennen.

Ein Kollege eines anderen Mediums schrieb im Rahmen des Cupfinales: "Sturm ist zur Zeit das, was Rapid und Austria gerne wären." Was macht man in Graz besser als in Wien-Hütteldorf?

Wir erwischten letzte Saison eine ganz schlechte und waren in dieser zumindest wieder auf Augenhöhe. Ich bin jetzt das vierte Jahr hier, wir waren vor 2017 dreimal in Serie Zweiter, da war Sturm sehr weit weg. In den letzten eineinhalb Jahren hat sich das Blatt leider ein bisschen gewendet. Da haben sie vieles richtig gemacht, die Neuzugänge haben eingeschlagen. Und sie konnten in Ruhe arbeiten, nachdem die Saisonen davor nicht so gut waren.

Von Ruhe war Rapid während der letzten beiden Jahre oft weit entfernt.

Bei uns ist das Fass vergangene Saison übergelaufen. Das vorrangige Ziel für heuer war daher, uns wieder zu stabilisieren. Das haben wir geschafft. Aber wir wussten, dass Salzburg wahrscheinlich vor uns sein würde und dass auch die Möglichkeit bestünde, dass sich eine weitere Mannschaft dazwischen hineinschiebt. Das tritt jetzt wahrscheinlich ein, deshalb haben wir unser Saisonziel mit Platz drei auch realistisch angesetzt. Natürlich ist es nicht unser Anspruch, dass uns Sturm überholt, aber das ist die letzten eineinhalb Jahre passiert. Jetzt wollen wir wieder zurückkommen. Aber ich kann mich zum Beispiel auch nicht erinnern, wann Sturm das letzte Mal in der Europa-League-Gruppenphase gespielt hat.


Rapid-Kapitän Stefan Schwab im Gespräch mit weltfussball-Redakteur David Mayr

Sportchef Fredy Bickel hat am Freitag einmal mehr bekräftigt, dass es im Sommer keinen Ausverkauf bei Rapid geben werde. Wie blickst du als Kapitän und Führungsspieler dem kommenden Transfersommer entgegen?

Unser Anspruch sollte sein, wieder um den Cuptitel mitzuspielen und in der Meisterschaft zumindest unter die ersten drei zu kommen. Dafür brauchen wir eine gute Truppe. Die haben wir und wenn sie halbwegs zusammenbleibt, kann hier auch wieder etwas entstehen. Die Qualität ist absolut da. Wir wissen aber auch, dass man als Verein ab einem gewissen Angebot nicht Nein sagen kann. Auf der anderen Seite hat man dann die Möglichkeit, wieder zu investieren, so wie es im Fall von Max Wöber war, als dann Galvão kam. Ich mache mir keine Sorgen, dass wir zum Beispiel vier Stammspieler mit längerfristigen Verträgen verkaufen. Dass ein, zwei gehen werden, das passiert jedes Jahr und das muss auch der Weg sein.

Bickel sprach von maximal zwei Verkäufen, zusätzlich jene, deren Verträge auslaufen. Begehrlichkeiten haben aber mehrere Spieler geweckt.

Im Grunde genommen ist es ja eine super Geschichte, dass wir in einer Saison, in der wir nicht Europa League gespielt haben, Begehrlichkeiten geweckt haben. Wenn wirklich vier bis sechs Spieler im Gespräch sind, zeigt das, dass wir doch nicht alles schlecht gemacht haben. Wenn die Vereine so viel Geld auf den Tisch legen, dass es für Rapid passt und wir sind darauf vorbereitet und können das Geld gut investieren, muss man es sich natürlich anschauen.

Du siehst es also ähnlich wie der Sportchef und rechnest nicht mit vielen Abgängen von Spielern mit aufrechten Verträgen?

Dadurch, dass wir nicht Europa League gespielt haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass vier, fünf Spieler Angebote haben von drei bis vier Millionen aufwärts. Und vor allem muss der Spieler selbst erst einmal wollen. Wir reden da ja auch von Galvão und Bolingoli – keiner von ihnen hat bis jetzt gesagt, dass er unbedingt weg will. Klar kann es dann auch schnell gehen, aber wie gesagt: Ich gehe davon aus, dass ein oder zwei Spieler verkauft werden, aber nicht mehr.

Tauscht du dich als Kapitän auch mit den sportlich Verantwortlichen aus, was die Kaderplanung betrifft?

Natürlich ist man mit dem Trainerteam und dem Sportdirektor hin und wieder im Austausch und holt sich Updates. Man will ja informiert sein, welche Mannschaft zur Verfügung stehen wird und auch, was die persönliche Zukunft betrifft. Als Kapitän ist man der verlängerte Arm des Trainers und muss auch die neuen Spieler integrieren. Klar wird man das eine oder andere Mal mit einbezogen, aber natürlich entscheidet am Ende immer der Verein.

Auch bei dir kamen zuletzt Gerüchte über einen Wechsel auf, deine Italien-Affinität ist hinlänglich bekannt. Wie groß wäre dein innerer Zwiespalt, würde ein Angebot aus der Serie A kommen? Immerhin hast du dir bei Rapid ein enormes Standing aufgebaut.

In meinem Fall wäre das eine ganz schwierige Situation. Es ist ja doch etwas anderes als bei einem Spieler, der vielleicht nicht so einen Bezug zu Rapid hat oder die Rolle, die ich innehabe. Ich müsste sehr viele Dinge abwiegen. Ich hab' mir mein Standing beim SK Rapid als Kapitän erarbeitet und liebe dieser Rolle. Das ist nichts, was ich für irgendein Abenteuer wegschmeißen würde.

Was bräuchte es seitens eines ausländischen Klubs, um dich zu überzeugen?

Für mich ist entscheidend, ob ich sportlich noch einmal einen Schritt nach vorne machen könnte, auf den ich stolz wäre. Wo ich vielleicht an meinen Zenit komme. Dann müsste ich mir das anschauen. Aber ich werde nicht in die Serie A zu einem Klub gehen, der ums Überleben kämpft. Das wäre ein Abenteuer, für das ich meine Rolle hier bei Rapid nicht aufgeben würde. Für mich ist das Entscheidende, dass ich mich wohl fühle. Das tue ich hier absolut und das weiß ich auch zu schätzen.

Der finanzielle Aspekt ist also sekundär.

Absolut! Ich weiß ja auch, ich könnte zwei, drei Jahre irgendwo anders mehr verdienen, aber wenn dann dort etwas nicht passt, fühle ich mich nicht glücklich. Hier bei Rapid habe ich alles, für mich ist das Sportliche entscheidend und nicht das Geld. So alt bin ich auch noch nicht, dass ich jetzt die nächsten zwei Jahre mitnehmen muss, was geht. Außerdem bin ich sowieso der Typ, der nach der Karriere weiter einer Beschäftigung nachgehen will. Da mache ich mir keine Sorgen, dass ich überbleibe.

Abschließend: Wie ist die Stimmung in der Mannschaft kurz vor dem Ende einer Saison mit so vielen Höhen und Tiefen?

Wir hören ja auch, dass Rapid zehn Jahre keinen Titel gewonnen hat. Natürlich ist nicht jeder Spieler so lange hier, aber jeder will Titel gewinnen. Klar ist Enttäuschung da. Aber die Mannschaft jammert nicht herum, sondern wir versuchen, dorthin zu kommen, dass wir wieder etwas gewinnen können.

Du hast eingangs bereits erwähnt, dass es nun darum gehe, Platz drei abzusichern. Der Zweite spielt nächste Saison Champions-League-Quali. Wie sehr wurmt es, dass sich das wohl nicht mehr ausgehen wird?

Wir haben heuer vor allem gesehen, dass es uns wehtut, nicht international zu spielen. Ohne respektlos klingen zu wollen, aber von 30 Spielen bei einem kleineren Team in Österreich, merke ich mir vielleicht drei in meiner Karriere. Von den Gruppenspielen in der Europa League kann ich dir hingegen jedes Spiel detailgetreu erzählen. Jetzt sind wir einmal froh, dass wir nächste Saison wieder international dabei sind.

David Mayr

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten