23.05.2018 11:17 Uhr

Neuer und Co.: Die Baustellen im DFB-Team

Schaffen sie es rechtzeitig? Manuel Neuer (l.) und Jérôme Boateng
Schaffen sie es rechtzeitig? Manuel Neuer (l.) und Jérôme Boateng

Bevor Bundestrainer Joachim Löw am 4. Juni sein endgültiges WM-Aufgebot nominiert, gibt es noch einige offene Fragen bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zu klären.

Kann Kapitän Manuel Neuer spielen? Wird Jérôme Boateng rechtzeitig fit? Und welche Akteure werden es nicht auf den Zug nach Russland schaffen? weltfussball.de beleuchtet die fünf größten Baustellen beim Trainingslager im südtiroler Ort Eppan, welches die Nationalmannschaft am Mittwoch bezieht.  

1. Der Kapitän wackelt - Neuer oder ter Stegen?

Monatelang rätselte Fußball-Deutschland über den Gesundheitszustand von Manuel Neuer. Der einstige Welttorwart hat in 2017/2018 nur drei Pflichtspiele bestritten, stand acht Monate lang aufgrund seiner komplizierten Fußverletzung nicht im Tor. Kann sich das DFB-Team leisten, einen Schlussmann ohne jede Spielpraxis zwischen die Pfosten zu stellen? Offenbar ja, ansonsten hätte Nationaltrainer Löw seinen Spielführer gar nicht erst nominiert. 

Zwei Wochen lang hat Neuer jetzt Zeit, seine einhundertprozentige Fitness und Wettkampfhärte unter Beweis zu stellen. Ein Einsatz am 2. Juni im Test gegen Österreich ist quasi Pflicht. Ansonsten wird es schwierig für Löw, eine Nominierung zu rechtfertigen. Noch gehören vier Keeper zum Aufgebot. "Wir wollen uns selber ein Bild machen und haben jetzt die Chance, die nächsten zehn, zwölf Tage alles zu beobachten. Ohne Spielpraxis kann jemand natürlich nicht ins Turnier gehen", erklärte Löw. 

Was uns aufatmen lässt: Packt es der Titel- und Leistungsträger von 2014 nicht, steht mit Marc-André ter Stegen ein weiterer Weltklasse-Keeper in den Startlöchern. Ein Problem wird die Torwart-Position so oder so nicht werden.

2. "Boss Boateng" zittert - Rüdiger als Profiteur?

Andere Position, ähnliches Szenario. Jérôme Boateng verletzte sich im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid an den Adduktoren und fällt seit dem aus. Der Innenverteidiger zeigte sich stets zuversichtlich, rechtzeitig zu WM-Start fit zu sein: "Ich fühle mich gut, ich bin im Lauftraining und zuversichtlich. Mein Ziel ist die WM."

Und wenn nicht? So wichtig Boateng mit seiner Robustheit, Zweikampfstärke, Spieleröffnung und Erfahrung auch ist: An Alternativen mangelt es nicht. Dass Niklas Süle auf allerhöchstem Niveau verteidigen kann, hat er spätestens mit seinen zwei starken Auftritten als Ronaldo-Bewacher in der Königsklasse bewiesen. 

Im Falle eines Boateng-Ausfalls dürfte dennoch sein Berliner Buddy Antonio Rüdiger die größten Chancen auf den Platz neben Mats Hummels in der Innenverteidigung haben. Der Chelsea-Profi stand 45 Mal in dieser Saison für die Londoner auf dem Rasen und gehörte dabei zu den besten Verteidigern der Premier League. Weitere Notiz: Meldet sich Boateng wie geplant einsatzbereit, dürfte die Luft für Leverkusens Jonathan Tah ziemlich dünn werden. 

3. Überangebot in der Zentrale - wer assistiert Kroos?

In der Mittelfeldzentrale ist Toni Kroos der absolute Chef und vielleicht der wichtigste Spieler im 4-2-3-1 unter Joachim Löw. Doch wer füllt die Position neben dem Strategen aus? Noch herrscht hier ein Überangebot an Alternativen. Sami Khedira dürfte in Bestform gesetzt sein, rechnet sich sogar insgeheim noch Chancen auf die Kapitänsbinde aus, sollte Neuer es nicht rechtzeitig schaffen. 

Khedira schlug sich aber auch in der abgelaufenen Spielzeit immer wieder mit Knieproblemen herum. Löw ist auf alles vorbereitet und hat mit Ilkay Gündogan, Sebastian Rudy und Leon Goretzka gleich mehrere hochklassige Mittelfeldmotoren im Kader. Und selbst Jonas Hector und Matthias Ginter haben im defensiven Mittelfeld ihre Erfahrungen gesammelt.

Bei nur zwei verbleibenden Testspielen wird Joachim Löw auf der Sechser- beziehungsweise Achter-Positionen aber keine großartigen Experimente mehr wagen. Khedira wird geschont und fit werden, ansonsten spielt Gündogan!   

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4. Letzte Zweifel bleiben - endlich die erste WM für Marco Reus?

Eigentlich unglaublich: Von der einstigen zweiten Kraft im deutschen Fußball, dem BVB aus Dortmund, hat Bundestrainer Löw mit Marco Reus nur einen einzigen Spieler nominiert. Dieser dürfte sein Ticket zwar sicher haben, lässt aber immer noch letzte Zweifel ob seines Gesundheitszustandes offen. 

Dem Dortmunder Starspieler ist seine erste WM mit dann 29 Jahren absolut zu gönnen, sportlich packt er den Sprung in den 23er-Kader allemal: Sieben Tore in nur elf Bundesligaspielen sprechen eine ebenso eindeutige Sprache wie die laufintensiven, selbstbewussten und spielfreudigen Leistungen an sich. Der Konkurrenzkampf auf dem linken Flügel um den Platz in der Startelf findet zwischen Julian Draxler und Marco Reus auf absolutem Weltklasse-Niveau statt - ein gerne genommenes Luxusproblem.

5. Wagner-Aus lässt Fragen offen - Gomez mit nach Russland?

Die Mittelstürmer-Position ist besetzt. Timo Werner wird mit 22 Jahren seine erste WM spielen und soll vollstrecken, was die zehn Kollegen hinter ihm vorbereiten und auflegen. Hinter Werner hat sich das Trainerteam für Mario Gomez und Nils Petersen als Offensiv-Alternativen entschieden.

Das hat vor allem atmosphärische Gründe. Mario Gomez ist die Rolle als zweite, teilweise nur dritte Wahl in der Sturmspitze gewohnt und dankbar, überhaupt den Vorzug vor Bayerns Sandro Wagner erhalten zu haben. Gleiches gilt für Nils Petersen, der ohnehin nur als Joker eingeplant ist. 

Gut möglich, dass auf der Mittelstürmer-Position noch einmal gesiebt wird und einer der beiden doch noch nach Hause muss. Freiburg-Knipser Nils Petersen hat dann vielleicht sogar die besseren Karten. "Mein Gefühl ist, dass er mit der Aufgabe wächst. Von ihm verspreche ich mir einiges", betonte Joachim Löw, der offenkundig ein Faible für den Silbermedaillengewinner von Rio entwickelt hat. Setzt der Bundestrainer auf den torgefährlichsten Joker der Bundesliga-Geschichte, könnte es für Mario Gomez eng werden. Es bleibt spannend.

Mats-Yannick Roth

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