06.07.2018 19:00 Uhr

Russland mit Euphorie Richtung Halbfinale

Russland arbeitet weiter an seinem Fußball-Märchen
Russland arbeitet weiter an seinem Fußball-Märchen

Die Euphorie könnte Gastgeber Russland trotz aller Kritik im Vorfeld unter die letzten Vier tragen. Ins Viertelfinale gegen Favorit Kroatien geht die Sbornaja mit viel Selbstvertrauen.

Während sich Wladimir Putin im Ruhm der Fußball-Prominenz sonnte, fieberte seine Nationalmannschaft der nächsten nationalen Aufgabe entgegen. Dabei soll das WM-Viertelfinale am Samstag gegen Kroatien nur eine Durchgangsstation für die Sbornaja sein. "Ich hoffe, dass die wichtigsten Spiele erst noch kommen", sagte Nationaltrainer Stanislav Cherchesov vor der Partie in Sotschi.

Aus dem Spott der Vorbereitung ist in ganz Russland Zuversicht und Euphorie erwachsen, von der sich die Mannschaft gerne tragen lässt. Die Anspannung ist längst der Vorfreude gewichen. "Wenn wir es mit dem Druck vor dem Turnier vergleichen, war er dort viel größer", sagte Mittelfeldspieler Aleksandr Samedov: "Jetzt sind wir im Viertelfinale, wir wollen einfach nur unsere Fans zufriedenstellen und weiterkommen."

Kampfansage von Ante Rebic

Die Sportzeitung "Sowetski Sport" stellte gar die Frage nach einem möglichen Weltmeister Russland. Vor allem dank Trainer Cherchesov könne die Mannschaft Großes erreichen. "Er zeigt, dass er nicht mehr so dickköpfig und stur ist, dass er bei Bedarf flexibel sein kann", schrieb die Zeitung: "Wie ein Hooligan, den jeder nicht besonders mag, und der sich plötzlich in ein Mädchen aus einem benachbarten Hof verliebt und sich zum Besseren wendet."

Von den Kroaten gibt es für das neue russische Selbstvertrauen nicht viel mehr als ein müdes Schulterzucken. "Ich glaube, wir haben mehr Qualität, und wir werden diejenigen sein, die den Ton angeben", sagte Ante Rebic, Pokalheld von Eintracht Frankfurt. Dieses Selbstverständnis sei den Kroaten zugestanden, mit Spielmacher Luka Modric haben sie einen der besten Spieler des Turniers in ihren Reihen. Sie schicken sich an, das Erbe der goldenen Generation anzutreten, die 1998 in Frankreich WM-Dritter geworden war.

Russen peilen Rendezvous mit der Geschichte an

Für Mittelfeldspieler Ivan Rakitic habe die Mannschaft von 98 um den früheren Torjäger Davor Suker die aktuellen Erfolge erst möglich gemacht. "Sie sind unsere Helden, eine Inspiration. Sie haben uns zu diesem Punkt gebracht, damit wir auf diesem Weg weitermachen können", sagte der Profi vom FC Barcelona.

Auch die Russen peilen ein Rendezvous mit der Geschichte an, schließlich winkt das erste Halbfinale seit 1966. Damals war die Sowjetunion in England erst am späteren Vizeweltmeister Deutschland gescheitert. Die Fans in Moskau, St. Petersburg und den anderen WM-Metropolen richten sich bereits auf die nächste Sbornaja-Sause ein. Das Olympiastadion "Fisht" in Sotschi wird mit 47.659 Zuschauern ausverkauft sein.

"Wenn der Präsident uns unterstützt, gibt das natürlich Extra-Motivation"

Nur einer wird fehlen: Präsident Putin, der sich am Freitag beim gemeinsamen Essen im Kreml unter anderem mit Lothar Matthäus und FIFA-Präsident Gianni Infantino inszenierte, hat alle Hände voll mit der Weltpolitik zu tun. Es wird voraussichtlich bei einem Anruf für Trainer Tschertschessow nach dem Spiel bleiben. Mitfiebern wird der Kremlchef trotzdem. "Wenn der Präsident uns unterstützt, gibt das natürlich Extra-Motivation", sagte Cherchesov.

Die braucht seine Mannschaft nach dem Sieg im Elfmeter-Krimi gegen Spanien erneut, denn nur wenn der Außenseiter über sich hinauswächst, ist die Rückkehr nach Moskau möglich. Im Luschniki-Stadion findet am Mittwoch das Halbfinale statt und selbst Lothar Matthäus hält es nicht mehr für ausgeschlossen, dass der Gastgeber dabei ist. Der deutsche Rekordnationalspieler lobte die "Leidenschaft" der Sbornaja - und es klang nicht so, als wolle er nur Präsident Putin schmeicheln.

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