Freitag läuft in England nur ein Profispiel. Sheffield United empfängt im 130. "Steel City Derby" Sheffield Wednesday. Das ist nicht bloß für Schweineliebhaber interessant. Die "Blades" visieren erstmals seit 2007 wieder die Premier League an. Paul Scharner gab ihnen damals den Gnadenstoß.

"Für dieses Spiele leben wir. Alles andere ist bestenfalls Bonus", sagt Sheffield-United-Fan Kevin in einer Doku über das "Vergessene Derby" gegen Sheffield Wednesday. Seine Frau drückt für den Gegner. "Es ist der einzige Tag, an dem wir uns trennen. Im Stadion sitzen wir in den Fan-Blocks. Danach schaut jeder zu seinen Eltern. Sonst wird es zu emotional", weiß Kevin. Ihre Eltern sind im jeweils gleichen Lager.

"Wenn du im Derby das Spielfeld betrittst, stellen sich deine Nackenhaare auf", verriet der ehemalige Wednesday-Kapitän Richard Wood dem "Star". Er führte die "Owls" 2008/2009 in beiden Derby-Siegen auf das Spielfeld. Dieses Szenario hatte es seit 95 Saisonen nicht mehr gegeben. "Wenn du bei dieser Atmosphäre kein Herzrasen kriegst, hast du den falschen Job", weiß Owls-Mittelfeldspieler Barry Bannan.

"Die Leute haben vergessen, wie groß das Derby ist", bedauert Journalist Chris Holt, "sie reden nur über Liverpool und Manchester." Dort fließt eben das Geld und es gibt Titel zu feiern. Das Steel City Derby lebt hauptsächlich von seiner Tradition.

Die 1855 eröffnete Bramall Lane - wo sie sich am Freitagabend zum 130. Mal messen - ist das älteste von Profis noch genutzte Stadion. Das erste Steel City Derby fand 1891 statt. Obendrein beherbergt die Stadt mit dem 1857 gegründeten Sheffield FC auch den ältesten Klub der Welt.

Nur rund fünf Kilometer trennen die Bramall Lane und Hillsborough. Die "Blades" sind im Zentrum von Sheffield beheimatet, die "Owls" im Hillsborough in Norden. Sie trugen ihre Heimspiele im 19. Jahrhundert aber auch in der Bramall Lane aus.

Am liebsten schimpfen sich die Fans gegenseitig "Schweine". Warum genau, ist umstritten. Bei Hillsborough soll es früher Schweinebauern gegeben haben und im Owls-Team mehrere Metzger. An der Bramall Lane wiederum soll einmal eine Schweinefarm gewesen sein und die Dressen der Blades sind ja auch noch rot-weiß. Die Piggy Lane ist ebenso in der Nähe.

In aller Regel verläuft das Steel City Derby friedlich. Diesmal werden die Blades und Owls anlässlich des 100-jährigen Endes des Ersten Weltkriegs (11. Nov. 1918) auch eine gemeinsame Gedenkminute für die Gefallenen abhalten. Insgesamt sieben Spieler beider Mannschaften waren darunter.

Sheffield United kann Freitagabend mit einem Heimsieg die Tabellenführung übernehmen, gilt gegen als Favorit. Manager Chris Wilder - der hier schon Ballbub und Spieler war und sich als Jugendlicher das Klublogo tätowieren ließ - will davon nichts wissen. Er verweist im "Telegraph" auf das kleinere Budget und stellt klar: "Für die ist das ja auch das wichtigste Spiel des Jahres."

Nur nicht den Namen Scharner erwähnen

Das letzte Steel City Derby endete im Jänner in der Bramall Lane mit einer Nullnummer. Der Ex-Rapidler Atdhe Nuhiu kam bei den von Jos Luhukay betreuten Owls in den Schlussminuten. Vermutlich ist er diesmal wieder Joker. Letzte Woche durfte Nuhiu gegen Norwich zwar von Beginn an ran, präsentierte sich bei der 0:4-Heimniederlage abgesehen von den Luftkämpfen aber nicht gerade in guter Form.

Johnny Ertl, der von 2010 bis 2012 in der Championship für die Blades auflief, konnte kein Steel City Derby miterleben. Damals waren die Owls nämlich nur in der League One.

Paul Scharner trägt an einem der für die Blades-Fans schmerzvollsten Spiele der Vereinsgeschichte die Hauptschuld. Im Mai 2007 ging es am letzten Spieltag im direkten Duell gegen Wigan Athletic gegen den Abstieg aus der Premier League. 32.604 Zuschauer (Verreinsrekord!) sahen eine bittere 1:2-Heimniederlage, die Scharner mit dem ersten Treffer für die Latics einleitete. Seither schaffte es United nicht mehr in die Premier League zurück.
>> Spielschema des Abstiegskrachers Blades vs. Latics

Mehr dazu:
>> Ergebnisse und Tabelle Championship

ts