06.09.2014 15:18 Uhr

"Wir schaffen das", sagt das Bauchgefühl

ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner hat ein gute Bauchgefühl für die EM-Quali
ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner hat ein gute Bauchgefühl für die EM-Quali

Endlich wieder bei einem Großereignis dabei sein. Mit altbekannter Sehnsucht startet die österreichische Nationalmannschaft am Montag (ab 20:45 Uhr im weltfussball-Liveticker) gegen Schweden zum Auftakt der EM-Qualifikation für Frankreich 2016 den nächsten Anlauf. ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner stimmt diesmal seinem Bauchgefühl zuversichtlich. Harte Arbeit und Erfahrungsgewinn auf internationaler Ebene machen das Ziel greifbar.

Waren vor drei Monaten während der Weltmeisterschaft in Brasilien noch tierische Orakel und ihre schicksalsträchtigen Entscheidungen am Futternapf gefragt, ist der Fußball nun wieder in seiner zyklischen Normalität angekommen. Mit der Qualifikation für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich beginnt ein neuer Kreislauf. Nüchterne Betrachtungen haben PR-Stunts wieder verdrängt.

Das auf 24 Teams aufgestockte Teilnehmerfeld schürt Begehrlichkeiten. Die Chance ist größer geworden, oder auch nicht. Denn in Gruppe G balgen sich mit Österreich, Auftaktgegner Schweden, WM-Teilnehmer Russland und Favoritenschreck Montenegro vier zweifellos talentierte Mannschaften um zwei direkte Startplätze sowie ein Ticket für das Playoff.

ÖFB-Sportdirektor Willibald Ruttensteiner glaubt, dass Rot-Weiß-Rot am Ende jubeln darf. "Ich habe jetzt schon einige Male den Start zur WM- oder EM-Qualifikation erlebt und wenn ich zurückdenke an 2010 oder 2012, dann habe ich mir immer von ganzem Herzen gewünscht, dass wir uns qualifizieren. Heute ist es kein Wunsch mehr, sondern Glaube", beschrieb Ruttensteiner beim samstäglichen Pressegespräch sein leicht verändertes "Bauchgefühl". Anders als die selige Krake Paul kann er diese Intuition auch begründen.

"2008 hatten wir noch wenige internationale Spieler, manche sind damals erst ins Ausland gegangen", erinnerte der 52-Jährige. In der jüngsten Phase des Entwicklungsprozesses ist Ruttensteiner durch den Abschied von Teamchef-Assistent Fritz Schmid im November 2013 noch näher an die Mannschaft gerückt und erlebte zuletzt den Trainingsalltag unter Teamchef Marcel Koller hautnah mit. "Wenn Kleinigkeiten nicht hunderprozentig passen, dann heißt es optimieren, optimieren und wieder optimieren".

Auftakt als Standortbestimmung

Angesichts des Wiedersehens mit den Skandinaviern rund um Superstar Zlatan Ibrahimovic ließen sich Fragen nach der Weiterentwicklung der ÖFB-Auswahl nicht verhindern. Schweden als Gradmesser, dieser Gedanke ist nur zu verführerisch. 

"Schweden liegt 20 Plätze vor Österreich und ist eine Mannschaft, die sich oft qualifiziert hat im letzten Jahrzehnt. Sie haben mit Ibrahimovic einen Weltklassespieler und sind sehr gut im Umschalten", zollte er dem Gegner Respekt. Die Richtung der fußballerischen Entwicklung Schwedens wollte Ruttensteiner nicht beurteilen. Für ihn zähle nur eines: "Österreich hat sich weiterentwickelt."

Die ÖFB-Teamspieler schrammten noch im Vorjahr just gegen die Schweden knapp am Playoff vorbei. Ist Österreich auf Augenhöhe angekommen? "Das kann man erst bewerten, wenn wir das Spiel gespielt haben", brachte es Abwehrspieler Sebastian Prödl auf den Punkt. Der Werder-Legionär ist eine von Teamchef Kollers Karten im Aufstellungspoker und hofft sich mit Ibrahimovic messen zu dürfen.

Neue Quali, altes Ziel

"Mit Brasilien haben wir uns ein großes Ziel gesetzt bei einem Turnier dabei zu sein. Das besteht weiter, jetzt mit Frankreich. Die Hoffnung und der Glaube daran sind im Team sehr groß. Die Motivation dafür zu arbeiten ist auch riesig", erzählte Prödl. "Aber es wird ein sehr schwieriger Weg. Die Gruppe ist mit Schweden, Montenegro und vor allem Russland sehr ausgeglichen." Prödls Prognose: "Viele enge Spiele, du musst immer konzentriert sein. Kleinigkeiten werden entscheiden."

Für die Österreicher spricht jedenfalls die Fortsetzung des Weges von und mit Marcel Koller. "Wir haben eine gute Basis geschaffen. Die Mannschaft hat sich ein bisschen verändert, aber das System ist gleich geblieben. Wir brauchen uns nicht auf neue Dinge einstellen, es kommen vielleicht nur ein, zwei Sachen dazu. Das Grundgerüst steht." Es liege laut Prödl nun an Spielern und Betreuern das alles zu perfektionieren.

Ist das Team erwachsen geworden?

Auch die persönliche Weiterentwicklung der Teamspieler ist ein Faktor, der nicht zu unterschätzen ist. Weltfussball wollte von Prödl daher wissen, ob in der Mannschaft das Bewusstsein vorhanden ist, dass es nicht mehr nur ein Team hoffnungsvoller Talente mehr ist, sondern auch eines auf internationaler Ebene etablierter Spieler.

"Man muss immer aufpassen, wenn man sagt, 'Man ist schon wer'. Das ist ein Drahtseilakt, denn Selbstvertrauen und Überheblichkeit liegen nah beieinander", warnte der 27-Jährige. Für sich selber müsse er aber schon sagen: "Ich spiele jetzt sieben Jahre bei Werder Bremen, bin seither international unterwegs, habe auch für die Nationalmannschaft einige Einsätze gehabt. Ich habe den Anspruch, dass ich wichtiger Bestandteil sein und einbringen will, was ich erlebt habe."

Für Prödl habe das aber weniger mit dem Alter zu tun. "Natürlich kann man sagen, dass man mit 27 ein erfahrener Spieler sein soll, aber es definiert sich mehr über das Auftreten im Spiel." Sebastian Prödl ließ sich dennoch zu einer klaren Ansage locken: "Ja, wir haben bei dieser Quali richtig gute Spieler, die bei richtig guten Vereinen sind. Wir haben gute Qualität in der Mannschaft und wir brauchen uns vor keinem zu verstecken. Wir haben das Selbstvertrauen und sagen, wir können das schaffen."

Für Sportdirektor Ruttensteiner fiel das in die Kategorie "diplomatische Antwort", er legte nach: "Es ist klar, dass wenn Spieler, die die Champions League gewonnen haben (Alaba) oder sieben Jahre im Ausland gespielt haben, zur Nationalmannschaft kommen, man erwarten darf und muss, dass sie das umsetzen." Diese Erfahrung ist aus seiner Sicht "erst im letzten Prozess" entstanden. "Es gibt Spieler, die international Topleistungen bringen. Und diese brauchen wir."

Prödl gab die Richtung vor: "Das Ziel ist Frankreich und am Montag könnte der erste Schritt passieren." Österreich ist für Schweden und die EM-Qualifikation gut gerüstet. Und das ist mehr als nur Bauchgefühl.

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Sebastian Kelterer

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