10.10.2014 11:56 Uhr

Vor 30 Jahren: Der letzte Streich

Typische Pose: Joachim Streich zieht ab
Typische Pose: Joachim Streich zieht ab

Am 10. Oktober 1984 traf Joachim Streich letztmals für die DDR-Nationalmannschaft. Er gilt als einer der besten ostdeutschen Fußballer aller Zeiten, zählte in den siebziger und achtziger Jahren zu den treffsichersten Stürmern Europas und stellte zahlreiche Rekorde auf.

Mit seinen 33 Jahren blieb für den Altmeister an diesem Herbstabend in Aue gegen Algerien nur die Rolle des Edeljokers. Doch nach seiner Einwechslung eine gute Viertelstunde vor Schluss bekam er den großen Auftritt: In der 86. Spielminute beim Stand von 4:1 landete ein Abpraller im Strafraum auf Streichs Fuß. Aus spitzem Winkel versenkte er den Ball in seiner bekannt kompromisslosen Art im Tor.

Ein historischer Moment, denn es sollte sein letzter Treffer für die Nationalelf sein. Zwar kam Streich zehn Tage später in der WM-Qualifikation gegen Jugoslawien noch ein Mal einige Minuten als Einwechselspieler zum Einsatz, doch blieb er dabei torlos. So war das eigentlich unbedeutende Freundschaftsspiel gegen Algerien der wahre Schlusspunkt der großartigen internationalen Karriere des Torjägers.

"Die Inkarnation des echten Mittelstürmers"

Diese war beim Gewinn der Olympischen Bronzemedaille 1972 richtig ins Rollen gekommen. Der hochtalentierte Youngster von Hansa Rostock fuhr trotz starker Leistungen in der heimischen Liga als Nobody mit nach München. Und glänzte dort mit sechs Treffern in sieben Endrundenspielen. In den Jahren nach diesem größten Erfolg seiner Karriere wurde Streich zu einem Hauptdarsteller des ostdeutschen Fußballs.

Für die Nationalmannschaft erzielte der "Gerd Müller des Ostens" weiterhin Tore am Fließband. Nach dem von der DDR-Führung verordneten Wechsel aus Rostock zum Spitzenklub 1. FC Magdeburg im Sommer 1975 wurde er außerdem viermal Torschützenkönig der Oberliga und zeigte sich auch in den europäischen Wettbewerben treffsicher. "Streich stellte die Inkarnation des echten Mittelstürmers dar", erinnert sich der ehemalige DDR-Nationalspieler Jürgen Nöldner. "Schlitzohrig und raffiniert im Abschluss mit dem Gespür selbst für die Minichance."

Im Spiel der Spiele nur Ersatz

Die wohl bedeutsamste Partie der ostdeutschen Fußballgeschichte fand jedoch ohne Streichs Beteiligung statt. Im Duell mit dem Gastgeber BRD bei der WM 1974 saß der eigentlich unangefochtene Stammspieler nur auf der Bank. Aus taktischen Gründen erhielt Jürgen Sparwasser den Vorzug - und erzielte den legendären Siegtreffer gegen den Bruderstaat aus dem Westen.

Doch mit diesem vermeintlichen Makel seiner ansonsten beeindruckenden Laufbahn kam Streich gut zurecht, wie er später dem Magazin "11Freunde" erzählte: "Ich bin froh, dass ich dieses Tor nicht gemacht habe. Dann wäre meine gesamte Karriere auf ein Tor reduziert."

Unstetes Leben nach Karriereende

Kein gutes Händchen hatte der erfolgsverwöhnte Ausnahmekönner nachdem er 1985 seine Fußballschuhe an den Nagel hing. Ob bei glücklosen Trainerengagements in Magdeburg und - nach der Wende - bei Eintracht Braunschweig, einer Anstellung im Sozialministerium von Sachsen-Anhalt oder Jobs in der Sportatikel-Branche: Streich hielt es nirgendwo lange aus.

Ein Platz in den Geschichtsbüchern ist der lebenden Legende des Ost-Fußballs dennoch auf ewig sicher: Der heute 64-Jährige ist mit 105 Länderspielen Rekordnationalspieler, mit 59 Treffern Rekord-Länderspieltorschütze und obendrein erfolgreichster Torjäger der DDR-Oberligageschichte.

Mehr dazu:
>> Joachim Streich im Profil

Tobias Knoop

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