14.07.2016 16:50 Uhr

Die Austria und ihr Legionärsdilemma

Zu erfüllende Quoten bereiten Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt Kopfzerbrechen
Zu erfüllende Quoten bereiten Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt Kopfzerbrechen

Bei der Wiener Austria stehen nach der einvernehmlichen Trennung von Marios Pechlivanis aus Zypern zehn Legionäre unter Vertrag. Um Gelder aus dem Österreicher-Topf zu lukrieren, dürfen in der Bundesliga aber lediglich sechs von ihnen im Matchkader stehen. Was tun?

Der Abschied von Marios Pechlivanis fiel der Austria gewiss leicht. "Er hätte in der zweiten Mannschaft gespielt", so Sportdirektor Franz Wohlfahrt. Mit dem tschechischen Innenverteidiger Patrizio Stronati, einem von Wohlfahrts ersten Transfervollzügen, könnte ein weiterer Legionär die Wiener zumindest vorübergehend verlassen. Interessenten gibt es. "Wir wollen ihn nicht ganz abgeben, sondern nur verleihen", stellte Wohlfahrt aber klar.

Der Brasilianer Ronivaldo laboriert seit seinem Wechsel zu den Veilchen im Jänner 2015 an einer hartnäckigen Schambeinentzündung und hat noch kein Pflichtspiel im violetten Dress absolvieren können. Am Freitag wird der 27-Jährige erneut operiert.

Mit den beiden Neuzugängen Petar Filipovic, Felipe Pires, dem zu Saisonende wiedergenesenen Jens Stryger Larsen, David de Paula, Roi Kehat, Lucas Venuto, Ognjen Vukojevic und Olarenwaju Kayode gibt es noch weitere acht Konkurrenten um sechs Bundesliga-Plätze. Im ÖFB-Cup sowie im Europacup gibt es keine respektive andere Beschränkungen.

Die Teilnahme an der Gruppenphase der Europa League wäre nicht nur finanziell lukrativ, sondern gewissermaßen Beschäftigungstherapie. Die Doppelbelastung erfordert Rotation. Diese wiederum kann den Kader bei Laune halten. Das Tagesgeschäft heißt aber dennoch Bundesliga.

Wie unangenehm ist diese Situation für Thorsten Fink, wenn nicht nur nach Leistung aufgestellt werden kann? "Wir haben im Moment fünf (Legionäre) in der Startelf, die gegen Kukesi auch anfangen werden. Von dem her ist er jetzt nicht das Problem.", erklärte der Austria-Coach. "Ein sechster kann reinrutschen, aber da muss ich schauen, auf welchen Position ich wen brauche", so Fink weiter.
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Die Spieler selbst können jedoch zählen und wissen um ihre Situation. "Sie sind Profis, müssen das akzeptieren", erwartete sich Thorsten Fink. Wer dennoch unzufrieden sein sollte, hätte aber "noch Zeit den Verein zu verlassen." Der Deutsche will dabei mit offenen Karten spielen, niemanden hinhalten: "Wichtig ist, dass man als Trainer gerecht bleibt und ihnen die Wahrheit sagt." Eines steht aber fest: "Ich will keinen Leistungsträger abgeben."

Akte Friesenbichler ungelöst

Brisant wird das Thema Legionärsplätze jedoch durch die Personalie Kevin Friesenbichler. Die Austria würde den zuletzt von Benfica geliehenen österreichischen U21-Teamstürmer gerne fix verpflichten. Die Portugiesen ließen die Austria bislang in der Warteschleife. Nach EM und Titelfeierlichkeiten trat bei Benfica am Mittwochabend aber immerhin das Präsidium zu einer Sitzung zusammen.

Sportdirektor Franz Wohlfahrt hoffte, dass dabei auch dieses Thema zur Sprache käme. Er geht aber davon aus, dass dann ein verbessertes Angebot gemacht werden muss, und weiter Geduld gefragt sein wird. "Mein zweiter Vorname ist Diplomat. Meine Töchter erkennen mich nicht wieder", versuchte Wohlfahrt die Hängepartie mit einem Lachen zu nehmen.

Abkehr vom Österreicher-Topf?

Parallel dazu hat der Sportdirektor naturgemäß "Alternativgedanken." Die Suche nach anderen Stürmern läuft. Wohlfahrt weiß dabei auch: "Ein Österreicher wäre natürlich 'besser', aber wir kennen den Markt. Er ist begrenzt."

Muss angesichts der veränderten Marktsituation der Österreicher-Topf hinterfragt werden? "Er ist nicht zu hinterfragen, sondern man müsste auf das Geld daraus einfach verzichten", stellte Franz Wohlfahrt in den Raum.

Von den Bundesligisten erfüllte in den letzten Jahren nur Liga-Krösus Salzburg die freiwilligen Kriterien nicht. Bei der Austria wäre eine Abkehr vom Österreicher-Topf jedoch der größte Schnitt in der Personalpolitik seit dem Ausstieg von Milliardär Frank Stronach. "Deswegen hoffe ich ja, dass wir so lange wie möglich international spielen." 

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Sebastian Kelterer

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