20.09.2016 13:45 Uhr

Arkadiusz Milik, der neue Higuaín?

Zugehört: Arkadiusz Milik ist in Neapel angekommen
Zugehört: Arkadiusz Milik ist in Neapel angekommen

Neapolitaner gelten für gewöhnlich als besonders temperamentvoll. Wenn sie etwas lieben, lieben sie es mit voller Inbrunst. Wenn sie etwas hassen, hassen sie für immer und ewig. Als die Napoli-Fans im Transfer-Sommer ein regelrechtes Gefühlschaos durchlebten, bekamen das im Süden Italiens vor allem zwei Menschen mit.

Der eine heißt Gonzalo Higuaín. Der Argentinier war in den vergangenen Jahren in Neapel der personifizierte Torgarant und hätte sich nach seinen unglaublichen 36 Treffern in der Saison 2016/17 ein Denkmal setzen können. Doch "Pipita" ging für 90 Millionen Euro ausgerechnet zur verhassten Konkurrenz nach Turin. Anstatt der neue Maradona zu werden, ist Higuaín nur noch der "Verräter" bei Meister Juventus, wie die Napoli-Fans wutentbrannt skandierten.

Der andere heißt Arkadiusz Milik. Die Fußstapfen hätten also nicht größer sein können. Hinzu kommt das Extra-Gepäck von 32 Millionen Euro Ablöse, die sein neuer Verein – Higuaín sei Dank – an Ajax zahlte. Doch der Mann mit der Rückennummer 99 zahlte das Vertrauen mit Toren schlagartig zurück: Vier Ligaspiele, vier Tore. Ein Auftritt in der Champions League, Doppelpack.

Kein Wunder, dass der Pole die Herzen der Tifosi im Handumdrehen erobert hat. "Danke für eure Unterstützung und euren Beifall. Danke, dass ihr so stark seid", lautete zuletzt sein Facebook-Posting auf italienisch.

Denn der Neue in Neapel fühlt sich bei den heißblütigen Tifosi wohl. "Ich fühle mich jeden Tag besser. Alles geht sehr schnell, ich verbessere mich täglich und lerne die Mentalität im Team", so der Neuzugang vor dem ersten Auftritt in der Champions League gegen Dinamo Kiev. Auch dieses Spiel gewann Napoli dank eines Doppelpacks des Neuzugangs.

Milik und Higuaín: Anders, gleich, ähnlich?

Es liegt nahe, Vergleiche zwischen den beiden Topangreifern zu ziehen. Doch ist Milik wirklich der neue Higuaín? Der Argentinier, der nicht erst in der vergangenen Spielzeit seinen unnachahmlichen Torriecher unter Beweis stellte, ist ein klassischer Strafraumstürmer. Er liebt das direkte Duell mit dem Gegner, dreht sich blitzschnell und schießt aus allen Lagen. Oder er steht einfach goldrichtig.

Milik hingegen ist schnell, weicht gerne auf die rechte Außenbahn aus, um dann mit seinem starken linken Fuß abzuschließen oder zu flanken. Damit schafft der Pole Räume für seine Mitspieler, wie beispielsweise für José Callejón, der sich bisher in ähnlich bestechender Frühform zeigt. Außerdem ist der 22-Jährige deutlich kopfballstärker als sein Vorgänger Higuaín.

Gerne, wie in Polens Nationalmannschaft zu sehen ist, harmoniert Milik auch an der Seite eines weiteren, etwas zentraleren Stürmers. Bei Napoli wurde also nicht einfach Stürmer gegen Stürmer getauscht: Man veränderte gezielt das Angriffsspiel und versucht nach dem Higuaín-Abgang variabler zu werden.

Von "Polen-Flop" zum Ajax-Torjäger

Dreht man die Uhr ein wenig zurück, kommt man über die Entwicklung von Milik schon ein wenig ins Staunen. Milik galt 2013 für Leverkusen-Sportchef Rudi Völler als "Polens größtes Talent". Mit Stolz verkündete der Ex-DFB-Torjäger damals: "Er hatte viele Anfragen. Aber uns ist es gelungen, ihn davon zu überzeugen, dass er bei uns genau richtig aufgehoben ist."

Ein halbes Jahr später wurde Milik jedoch zum FC Augsburg ausgeliehen. 2014 verlieh ihn Leverkusen zu Ajax, wo man den Stürmer später für nur 2,8 Millionen Euro fest verpflichtete – und "Bild" titelte prompt: "Polen-Flop nach Amsterdam". Doch dort konnte die Nummer 99 sein Können endlich unter Beweis stellen und kam in der vergangenen Saison der Eredivisie auf 21 Treffer und neun Assists.

Als Schaub noch öfter traf als Milik 

Zudem traf Milik auch international - so etwa im August 2015 in der Qualifikation der Champions League gegen Rapid. Beim überraschenden 3:2-Sieg der Hütteldorfer in Amsterdam machte der Ajax-Torjäger mit dem Anschlusstreffer die Partie noch einmal spannend. Rapid-Jungstar Louis Schaub sorgte als zweifacher Torschütze an diesem Abend aber noch für fettere Schlagzeilen.

Im Sommer 2016 stand Milik dann mit Polen bei der Europameisterschaft in Frankreich im Fokus. Dass er nicht länger bei Ajax bleiben würde, war da schon abzusehen. Wohin, lautete eher die Frage. Von Interesse aus Barcelona und München war die Rede, ein Angebot aus Sevilla soll es ebenso gegeben haben. Am Ende entschied sich Milik aber für Napoli.

In Italien beginnt nun also ein nächstes Kapitel in der noch jungen Karriere des Polen. Gut für den Neuzugang, dass er gleich in seinen ersten Spielen wichtige Tore erzielen konnte. Am Samstagabend gegen Bologna war es dann wieder so weit: In der 61. Minute eingewechselt, in der 67. Minute ein Heber zum 2:1 und in der 78. Minute ein Distanzschuss zum 3:1.

Gut möglich, dass der Stürmer auch am Mittwoch in Genua weitere Tore nachlegt. Milik ist jedenfalls in Neapel angekommen.

Mehr dazu:
>> Die Vereinsspiele von Arkadiusz Milik im Überblick
>> Ergebnisse und Tabelle der Serie A

Gerrit Kleiböhmer

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