04.10.2016 10:00 Uhr

Müllers Büro als Rapid-Baustelle

Wie gut arbeitet eigentlich Rapid-Sportdirektor Andreas Müller?
Wie gut arbeitet eigentlich Rapid-Sportdirektor Andreas Müller?

Der blamable Sonntags-Auftritt bei der 2:4-Pleite in Ried hat zu beachtlichen Wortmeldungen von Rapid-Sportdirektor Andres Müller geführt. Der Deutsche nahm sich gegenüber den beiden größten österreichischen Tageszeitungen kein Blatt vor den Mund.

"Erschreckend. Es gibt kein Miteinander. Die Spieler zweifeln, glauben nicht an sich selbst. Jeder schiebt die Verantwortung ab", wurde Müller von der "Kronen Zeitung" in ihrer Dienstag-Ausgabe zitiert. Gegenüber dem "Kurier" ging er sogar noch weiter: "Diese Mannschaft ist in sich brüchig, sie vertraut sich selbst nicht. Diese fehlende Einheit spüre ich. Das zieht sich durch den gesamten Verein. Es wird eher über einzelne Namen diskutiert als darüber, wie wir den Verein besser machen."

Schwerwiegende Vorwürfe von jenem Mann, der seit Jänner 2014 in Wien-Hütteldorf in führender Position tätig ist. Zunächst als Sportdirektor, dann als Geschäftsführer Sport des SK Rapid. Er kritisiert genau jenen Bereich schonungslos, für den er selbst die Verantwortung trägt. Grund genug für weltfussball, um sich die Arbeit des 53-Jährigen etwas genauer anzusehen. 

Als Schalke-Manager beurlaubt, Rücktritt nicht angenommen

Am 20. Mai 2000 ging bei der 0:2-Heimniederlage des FC Schalke 04 gegen Hansa Rostock mit seiner Einwechslung in der 83. Minute die aktive Karriere des Fußballers Andreas Müller zu Ende. Nach Bundesliga-Stationen beim VfB Stuttgart und Hannover 96 hatte der gebürtige Schwabe in seinen zwölf Jahren als Spieler "auf Schalke" seine neue sportliche Heimat gefunden. 
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Diese Vereinstreue brachte ihm unter seinem Förderer Rudi Assauer auch einen Job nach dem Ende der Profi-Laufbahn in Gelsenkirchen ein. Zunächst ging er als Teammanager in die Lehre und am 17. Mai 2006 beerbte Müller dann nach dem erzwungenen Rücktritt Assauer als Schalke-Manager. Drei Jahre später war aber auch der Kredit des neuen "Machers" verspielt.

Andreas Müller war vom geliebten Mittelfeld-Motor und Held des Triumphs im UEFA Cup 1997 zur Zielscheibe der Schalke-Fans geworden. Er galt als Sinnbild einer völlig verfehlten Transferpolitik und Inbegriff der Verschwendung: Im Ruhrpott gibt es keinen größeren Vorwurf. Des Volkes Stimme manifestierte sich auf Transparenten wie "Müller raus!" und "A. Müller - gib auf, du hast verloren".

Am 9. März 2009 war seine Schalke-Ära nach insgesamt fast 21 Jahren zu Ende: Vom Publikumsliebling zum Staatsfeind Nr. 1. "Müller ist beurlaubt. Wir haben ihm den Rücktritt nahe gelegt. Aber das hat er nicht angenommen", verkundete der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies. Warum auch? Der Vertrag, welcher Müller ein laut "Bild" mit 1,5 Millionen Euro dotiertes Gehalt einbrachte, lief noch bis 2011. 

Vorstand bei Beraterfirma - in Hoffenheim von Aufgaben entbunden

Nach dem Abschied von den "Königsblauen" beteiligte sich Müller mit 30 Prozent an der GoalSky AG, welche auf die Beratung und Transfers von Fußballern spezialisiert ist. Zudem wurde er dort am 1. Juli 2011 auch in den Vorstand berufen.

Im September 2012 gab es jedoch ein Comeback in der deutschen Bundesliga und Müller wurde bei 1899 Hoffenheim als neuer Manager präsentiert. "Ich bin dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe. Nach einer Zeit, wo man fast in Vergessenheit gerät", meinte er bei seiner Antrittsrede.

Schon im April 2013 wurde er jedoch auch bei seinem neuen Arbeitgeber von seinen Aufgaben entbunden. Müller hatte in der Winter-Transferzeit gleich sechs neue Spieler für mehr als zwölf Millionen Euro geholt, nur zwei davon schafften es in die Stammformation. Das erneute gravierende Versagen bei der Personalpolitik blieb als schwarzer Fleck auf der Visitenkarte zurück.

Wer schreit jetzt "proletenhaft" in der Presse herum?

Im Dezember 2013 bekam der in Deutschland deshalb wohl kaum mehr vermittelbare Müller aber in Österreich einen neuen Job: Rapid holte ihn als Nachfolger für den scheidenden Sportdirektor Helmut Schulte.

Nun steht der bei Schalke und Hoffenheim gescheiterte Andreas Müller in seinem dritten Jahr bei Rapid im Blickpunkt. Er holte vor der Saison seinen ehemaligen Mitspieler und Kumpel Mike Büskens als neuen Trainer. Nach der Blamage in Ried gab sich der Rapid-Coach geknickt: "Natürlich wird es jetzt unruhig, das ist normal."

Nur vier Siege in zehn Bundesligaspielen. Es wäre leicht Büskens die alleinige Schuld an dieser trostlosen Bilanz zu geben. Viel mehr sollte man sich damit beschäftigen, wer für die erneute verfehlte Transferpoltik verantwortlich ist: Der Geschäftsführer Sport. Andreas Müller beschrieb Rudi Assauer einmal als "Macho, der proletenhaft in der Presse herumschreit." Den eigenen Vorgänger als Schalke-Manager, der seinen Nachfolger selbst aufgebaut hatte. "Ich will nicht so sein!", sagte Müller damals.

Heute findet er sich mit seinen Zitaten in "Krone" und "Kurier". Wie "proletenhaft" sie sind? Damit müssen sich beim SK Rapid auch jene beschäftigen, die beurteilen sollten, ob Müller einen guten Job macht.

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Christian Tragschitz

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