05.01.2017 15:30 Uhr

Scherb möchte "Best of the Rest" werden

Ob Martin Scherb in Altach auch über sechs Jahre bleibt, wie beim SKN?
Ob Martin Scherb in Altach auch über sechs Jahre bleibt, wie beim SKN?

Von der 2. Klasse bis zur Gebietsliga. Von der Landesliga über die Regionalliga, zuletzt über fünf Jahre in der Ersten Liga. Martin Scherb hat mit 47 Jahren hierzulande schon in jeder Liga Mannschaften trainiert und übernimmt ab Montag den Bundesliga-Tabellenführer SCR Altach. Langfristig möchte der Niederösterreicher die Vorarlberger zum "Best of the Rest" erheben.

Als Spieler tummelte sich der ehemalige Mittelstürmer Scherb vor allem in der zweiten und ersten Landesliga in Niederösterreich. "Mit einem Aktionsradius ähnlich jenem von Toni Polster", scherzt er heute noch gerne. Seine Trefferquote passte allerdings auch. Schützenkönig wurde Scherb mehrere Male, darunter einmal in der 1. Landesliga bei Sturm 19. St. Pölten 1991/92 mit Ján Kozák als Spielmacher, der seit 2013 Teamchef der Slowakei ist.

Sein Stammklub ist der 1913 gegründete SC St. Pölten. Besonders am Herzen liegt dem Herzogenburger natürlich der SC Herzogenburg, den er als Trainer 2006 in die 1. NÖ Landesliga führte.

Vor zehn Jahren erfolgte der Wechsel zu den Profis

Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren ereilte Scherb dann aber der Anruf, der ihn später in den Profi-Bereich spülen sollte. Am 7. Jänner 2007 fragte ihn der neue sportliche Leiter des SKN St. Pölten, Christoph Brunnauer, ob er sich vorstellen kann, den Regionalligaklub zu trainieren. Scherb zögerte keine Sekunde und löste Walter Hörmann ab, der den Vereinsvorstand erst nach achtwöchigem Urlaub informiert hatte, dass er Sportkoordinator in Graz beim SK Sturm wird.

"Ich selbst bin damals über Nacht vom Jugendleiter zum sportlichen Leiter befördert geworden", erinnert sich Brunnauer, "zehn Spieler haben uns verlassen und mit Platz sieben war die Situation in der Tabelle alles andere als rosig. Da ich Martin bei fast jedem Regionalliga-Match zuschauen gesehen habe, habe ich gleich als erstes an ihn gedacht." 

Scherb bekam einen Vertrag bis Juni, holte mit der Rumpftruppe im Frühjahr nach Schwadorf die meisten Punkte und schaffte in der darauffolgenden Spielzeit mit einem Kader mit fast 80 Prozent Spielern aus der Akadmie St. Pölten den Aufstieg in die Erste Liga. Getragen wurde jener freilich von Abwehrchef Thomas Nentwich, Mittelfeldmotor Jochen Fallmann (dem nunmehrigen SKN-Coach) und dem kongenialen Sturmduo Mirnel Sadović und Michael Wojtanowicz, dazu noch Universalwaffe Eldar Topić. Scherbs Zielvorgabe war übrigens ein Platz unter den Top 5 gewesen.

SKN lebt nach wie vor von Scherb

Aus den paar Monaten wurden über sechseinhalb Jahre und selbst heute - knapp dreieinhalb Jahre nach seiner Ablöse - bilden noch immer (oder teils wieder) einige Scherb-Schützlinge das Gerüst des Bundesligisten SKN St. Pölten. Und das obwohl die Niederösterreicher seit der Inthronisierung von Frenkie Schinkels als Sportdirektor vom Transferwahn regelrecht gepackt wurden und seit Jänner 2015 bereits 31 neue Profis präsentierten!

Die aktuellen Torhüter Christoph Riegler und Thomas Vollnhofer hatte Scherb bei den Wölfen jeweils mehrere Jahre unter seinen Fittichen. Kapitän Lukas Thürauer wurde von ihm schon in der Akadmie St. Pölten betreut. Ihn nahm er im Jänner 2007 quasi zum Klub mit, bis Thürauer im Jänner 2012 für drei Jahre in die Südstadt zu Admira Wacker wechselte.

Den mit vier Treffern aktuell besten SKN-Torschützen Daniel Lucas Segovia holte Scherb 2011 aus der dritten spanischen Liga von Atlético Baleares. Den heutigen Abwehrchef Michael Huber verpflichtete er knapp vor Ende seiner Amtszeit aus Hartberg und die Mittelfeldspieler Peter Brandl und Michael Ambichl 2008 aus der Akadmie St. Pölten. Marcel Holzmann lotste er 2012 vom FC Lustenau zum SKN.

"Die Perspektive bald in einem neuen Stadion spielen zu dürfen, hat uns lange getragen", erinnert sich Scherb, "wir haben alle viel Herzblut hineingesteckt und oft auch improvisieren müssen. Ohne meine Wegbegleiter wäre das aber alles nicht möglich gewesen."

Zum engeren Kreis gehörten neben Brunnauer (zuletzt kurz Trainer in Sieghartskirchen - "Ein Freundschaftsjob"), Co-Trainer Michael Schadinger (Trainer 1. FC Leonhofen), Co-Trainer Hannes Spilka (2016 Meister mit den SKN St. Pölten Frauen, nun Koordinator bei den SV Horn Frauen) und Tormanntrainer und Scout Ernst Scherr. Dazu noch Teamleiter Tom Haiderer und Fitness-Coach Christoph Reisigner, die beide nach wie vor in diesen Funktionen beim SKN tätig sind.

"Trainerjob an sich ist überall der gleiche"

Bei Altach sind die Voraussetzungen nun ganz anders: "Hier ist alles bestens strukturiert. Das habe ich sofort gemerkt." Der Trainerjob an sich, sei jedoch überall der gleiche. "Ich habe in Österreich wirklich schon in jeder Liga trainiert. Vielleicht ist das sogar einzigartig in Europa", sinniert Scherb, "auch ein Trainer einer 2. Klasse-Mannschaft denkt 18 Stunden am Tag nur daran, wie er sie besser machen kann. Er hat halt dann nicht soviele Möglichkeiten zur Gestaltung."

Zehn Jahre und zwei Tage nach seinem ersten "Profi"-Engagement übernimmt Scherb nun am 9. Jänner Bundesliga-Tabellenführer SCR Altach. Diese Woche genießt er noch den Ski-Urlaub in der Flachau, nicht ohne bereits telephonisch bestimmte Abstimmungen zu tätigen. Ein realistisches, langfristig erstrebenswertes Motto hat er längst: "Wir wollen 'Best of the Rest' werden. Denn an Salzburg, Rapid, Austria und Sturm kommst du hierzulande nicht ran."

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Thomas Schöpf

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