16.02.2017 17:09 Uhr

ASSE und Galtier: Talentschmiede der Ligue 1

Formte Aubameyang und Payet zu Superstars: Christophe Galtier
Formte Aubameyang und Payet zu Superstars: Christophe Galtier

Während sich die deutschen Fans im Sechzehntelfinale der Europa League vor allem auf die Auftritte des FC Schalke und Borussia Mönchengladbach freuen, steht international eine andere Begegnung im Fokus: das Duell zwischen Manchester United und der AS Saint-Étienne.  

Wenn am Donnerstagabend im Old Trafford die Scheinwerfer angehen, stehen vor allem zwei Spieler im Lichtkegel: Paul und Florentin Pogba. Das Duell der beiden Brüder, die einst in einem Vorort von Paris zusammen nach der Schule auf dem Bolzplatz kickten, stellt ausnahmsweise auch Superstar Zlatan Ibrahimović in den Schatten. Es ist das erste Mal, dass Paul und Florentin überhaupt aufeinander treffen.

"Wenn wir in den Ferien Fußball spielen, sind wir immer in den gleichen Mannschaften. Nun werde ich gegen ihn spielen und ihn decken. Das wird seltsam sein, aber das ist Fußball," zeigte sich Saint-Étiennes Pogba im Gespräch gegenüber "UEFA.com" schon gespannt vor der ersten Begegnung auf dem Rasen.

Zwei Brüder, zwei Geschichten

Bekannt für häufig extravagante Frisuren, haben sich beide in den letzten Jahren auch einen Namen als Ballkünstler gemacht. Die Vita von Paul ist bekannt: 2007 schloss sich der Mittelfeldstar der Jugendabteilung von Le Havre an, ehe er zwei Jahre später in die Akademie von Manchester United wechselte. Es folgte der Gang nach Turin, an dessen Anschluss der französische Nationalspieler zum teuersten Kicker überhaupt wurde und im Sommer 2016 für 105 Millionen Euro zurück zu den Red Devils wechselte.

Sein Bruder wählte 2007 einen anderen Weg: Über die Jugend von Celta Vigo und den französischen Zweitligisten CS Sedan landete Florentin 2013 beim Ligue-1-Klub AS Saint Étienne.

In Deutschland, England und Spanien sorgt der Verein aus der französischen Industriestadt nahezu jeden Sommer mit Transfergerüchten für Schlagzeilen. "Les Verts" sind Jahr für Jahr gezwungen, ihre etablierten, meist jungen Stammkräfte abzugeben. Dennoch spielt der Verein seit 2013 durchgängig um die internationalen Ränge mit.

Es gelingt dem Klub, immer neue Talente entweder aus dem eigenen Stall heranzuführen oder sie von kleineren Vereinen zu kaufen und weiterzuentwickeln. Im Laufe der Jahre hat sich "ASE" auf diese Weise ein hervorragendes Renommee erarbeitet.

Christophe Galtier: Ingenieur der Talent-Fabrik

Einer der Hauptgründe für diesen guten Ruf sitzt seit 2009 auf der Trainerbank: Coach Christophe Galtier. Der "Telegraph" beschrieb den 50-Jährigen treffend als einen "ruhigen und väterlichen Übungsleiter", einer, der lieber mit Worten als mit Medizinbällen arbeitet. Der "Kommunikationsspezialist" ist gleichzeitig als Defensiv-Fanatiker bekannt: Seit einigen Jahren gehört Saint-Étienne zu den Teams mit den wenigsten Gegentoren in der Ligue 1 und agiert wahlweise in einem kompakten 4-2-3-1 oder in einem defensiven 3-4-3 System. Die Taktik trägt Früchte: In der laufenden Spielzeit kassierte nur der amtierende Meister Paris Saint-Germain weniger Gegentore.

Für die Klubführung ist es nicht immer einfach, den stark umworbenen Coach in Frankreich zu halten. Aston Villa bekundete bereits vor knapp zwei Jahren starkes Interesse an ihm. "Wenn ich die Wahl hätte zwischen Italien, Spanien und England, würde ich England nehmen", kurbelte der Trainer selbst vor nicht all zu langer Zeit die Gerüchteküche kräftig an.

Zwischen Top-Stars und Top-Talenten

Saint-Étienne würde mit ihm seinen "Macher" verlieren, wenn nicht sogar das Herz des Vereins. Galtier überzeugte nicht nur damalige No-Names wie Pierre-Emerick Aubameyang und Dimitri Payet von einem Wechsel zu den "Grünen" und formte sie zu Superstars. Neben den beiden Offensivkünstlern hatte der Franzose auch ein Gespür für Toptalente wie Chelseas Kurt Zouma oder den Wolfsburger Josuha Guilavogi und verhalf ihnen ins Profigeschäft.

Der nächste Youngster steht auch direkt in den Startlöchern: Jorginho. Der 21-jährige Portugiese kam im Winter vom FC Arouca. Beim 4:0 Erfolg vergangene Woche gegen Lorient steuerte der Rechtsaußen eine Vorlage und einen Treffer bei und stellte seine Klasse direkt unter Beweis. Die Frage ist nicht ob, sondern wann der erste Topklub anklopft und vielleicht mit ihm den nächsten "fertigen" Profi aus der Talent-Fabrik loseist. 

"Wir haben eine ähnliche Philosophie wie Liverpool"

Den Spirit des ganzen Teams und die Werte des Vereins haben für Galtier übrigens nicht ganz zufällig Ähnlichkeit mit dem Team von Jürgen Klopp. "Wir haben eine ähnliche Philosophie wie Liverpool. Dazu sind wir eines der wenigen Teams, die man bei der Farbe ruft. Man sagt sehr selten 'Saint-Étienne', sondern vielmehr 'Les Verts', genau wie bei Liverpool – die Leute sagen 'the Reds'", erklärt Galtier.

Nächste Woche könnte eine weitere Gemeinsamkeit hinzukommen: In der letzten Saison kegelten die Reds den jetzigen Kontrahenten Manchester United im Achtelfinale aus dem Turnier. Eine Überraschung, auf die auch die "Grünen" jetzt hoffen. Denn wie auch Defensivmann Florentin Pogba vor kurzem nochmals unterstrich: "Auch wenn United ein großartiger Klub ist, ist im Fußball alles möglich." 

Fabian Benterbusch

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