17.05.2017 10:25 Uhr

Als der GAK seinen Leuchtturm verlor

Das Feuer der Begeisterung brennt beim GAK auch in schmerzhaften Zeiten
Das Feuer der Begeisterung brennt beim GAK auch in schmerzhaften Zeiten

17. Mai: Ein schwarzer Tag für den FK Sarajevo und den GAK. Vor genau 25 Jahren wurde der legendäre ehemalige Abwehrchef Želimir Vidović Opfer einer Tragödie in Bosnien-Herzegowina.

Želimir "Keli" Vidović, geboren am 17. November 1953 in Sarajevo, verstorben am 17. Mai 1992. Ein Schicksal, welches beispielhaft für den Zerfall von Ex-Jugoslawien steht. Der 1,98 Meter große "Leuchtturm" war in seiner aktiven Karriere als Profi-Fußballer stets ein Fels in der Brandung. Überragendes Kopfballspiel, technisch beschlagen und eine grandiose Spieleröffnung.

So machte sich "Keli" zunächst beim FK Bosna und danach beim FK Sarajevo einen Namen. Mit Union Wels und dem GAK hinterließ er danach auch in der österreichischen Bundesliga bei zwei Vereinen eindrucksvoll seine Visitenkarte. Eine weltfussball-Zeitreise.

Der Traum vom Europacup endete erst gegen den späteren Sieger Anderlecht

1982: Das ÖFB-Team überstand bei der Weltmeisterschaft in Spanien zum zweiten Mal in Folge die Gruppenphase. Erst in der Gluthitze von Madrid endeten die rot-weiß-roten WM-Träume. Der SK Rapid bejubelte seine erste Meisterschaft nach 14 Jahren Pause und in Jugoslawien trauert man auch zwei Jahre nach seinem Tod noch um Josip Broz, genannt Tito.

Nach seinem Ableben übernahm das Präsidium der Republik die Regierungsgeschäfte. Die acht Mitglieder setzten sich aus je einem Vertreter der sechs Teilrepubliken und der zwei autonomen Provinzen zusammen. Immer mehr kam es jedoch zu Unstimmigkeiten und die integrative Persönlichkeit Tito fehlte. Fußball wurde dennoch oder vielleicht sogar gerade deswegen in Laibach, Zagreb, Belgrad, Sarajevo, Skopje oder Podgorica immer mehr zur wichtigsten Nebensache der Welt.

Der FK Sarajevo mit den Torjägern Husref Musemić und Predrag Pašić, Superstar Safet Sušić sowie Abwehr-Haudegen Želimir Vidović startet im UEFA-Cup und schaltet dort zunächst Slavia Sofia sowie Corvinul Hunedoara (die Rumänen hatten sich zuvor gegen den GAK durchgesetzt) aus. Erst im Achtelfinale ist Endstation. Ein 1:6-Debakel in Brüssel stoppt den internationalen Erfolgslauf. Immerhin wird der spätere UEFA-Cup-Sieger RSC Anderlecht im Rückspiel mit 1:0 bezwungen.
>> Die Saison 1982/83 im damaligen UEFA-Cup

Als das Tor in den Westen aufging

Für zahlreiche Schlüsselspieler öffnet sich nach dem Europacup-Out das Tor in den (goldenen) Westen. Safet Sušić wird zum neuen Helden beim Retortenverein Paris Saint-Germain und Želimir Vidović darf im Sommer 1983 nach Oberösterreich. Union Wels schaffte zuvor den Klassenerhalt im mit 16 Vereinen gespielten Oberhaus und greift für die zweite Bundesliga-Saison tief in die Tasche.

Mit Neuzugang Vidović erhofft sich Chefcoach Milan Miklavić mehr Stabilität und Balance im Spiel. Ein Plan, der zunächst voll aufgeht. Am 27. August 1983 stürmen offiziell 9.000 Zuschauer den Union-Platz. Rapid ist da. In Wahrheit finden weit mehr als 10.000 Fans irgendwie eine Möglichkeit beim Gastspiel des Rekordmeisters dabei zu sein.

79 Minuten lang kündigt sich eine Topsensation an: Wels führt nach Treffern von Heinz Singerl (49.) sowie Paul Perstling (73.) mit 2:0 und ist noch dazu in Überzahl weil Christian Keglevits in der 58. Minute die Rote Karte gesehen hatte. Doch die Gäste aus Hütteldorf geben auch mit zehn Mann die passende Antwort: Tore von Reinhard Kienast (80.) und Antonín Panenka (84./wenig überraschend aus einem Freistoß) sorgen noch für den Ausgleich zum 2:2.
>> Die damaligen Aufstellungen der Bundesliga-Partie Union Wels gegen Rapid

Im Frühjahr 1984 gibt es Union Wels jedoch nur mehr mit einem Stern in der Tabelle. Der Verein hat sich wegen seiner abenteuerlichen Finanzierungsideen aufgelöst und alle Spiele der Frühjahrssaison werden mit 3:0 für den Gegner gewertet. Die Ergebnisse aus der Herbstsaison behalten jedoch ihre Gültigkeit - ein Riesen-Nachteil für jene Vereine, die im Herbst auswärts gegen eine viel zu teure Welser Mannschaft antreten mussten.

Es kommt, wie es meist in solchen Situationen kommt: Das Torverhältnis entscheidet am Ende im Duell der beiden punktegleichen Wiener Erzrivalen Austria und Rapid für die Veilchen. Wels mit Anteil am Meistertitel für den FK Austria Memphis. Österreichische Fußballgeschichte.
>> Die Endtabelle der Bundesliga-Saison 1983/84

"Keli" zischt ab nach Graz zum GAK

Der Absturz von Union Wels - Horror für Rapid wegen des verpassten Titel-Hattricks 1982, 1983, 1984 - aber Glücksfall für Želimir Vidović. "Keli" zischt ab nach Graz zum GAK und wird dort zum unumstrittenen Führungsspieler.

An der Seite von Torhüter-Legende Savo Ekmečič, Wilfried Marchl, Harald Gamauf, Erich Marko, Josef Stering, Ernst Gössl, Klaus Spirk, Rudolf Steinbauer, Mario Zuenelli, Günther Koschak, Gerhard Steinkogler oder Werner Gregoritsch: Namen, die Fans der "Roten" noch heute in Verzückung versetzen.
>> Der Bundesliga-Kader des GAK in der Saison 1983/84

Želimir Vidović fühlt sich in der Steiermark pudelwohl. Es ist nicht weit in die Heimat. Die Bezahlung passt. Der Lebensstandard in Österreich ist hoch wie noch nie. Bis Sommer 1989 bleibt er beim GAK und beendet am 4. Juni 1989 beim 2:0-Heimsieg gegen VSE St. Pölten seine Karriere.
>> Das letzte Bundesliga-Spiel von Želimir Vidović

Eine beispielhafte Tragödie in Sarajevo

Danach geht es zurück nach Hause. Dort wird ihm jedoch der Krieg zum Verhängnis. Zunächst macht "Keli" noch damit Schlagzeilen, als er eine Gruppe von Tschetniks (die zuvor in einer Orgie zu weit gingen) mit seinen eigenen zwei Fäusten bat sein Café zu verlassen.

Am 17. Mai 1992 schlägt jedoch das Schicksal unbarmherzig zu: Vidović, ein ethnischer Serbe, nimmt an einer Hilfsaktion teil. Bei dieser werden Zivilisten, die durch serbische Truppen verwundet wurden, in die Nachbarschaft von Sarajevo nach Dobrinja gebracht. Der Konvoi wird aber an einem serbischen Militär-Checkpunkt gestoppt und Vidović von Soldaten verschleppt. Er bleibt vier Jahre verschwunden, ehe seine sterblichen Überreste 1996 in einem Massengrab entdeckt werden.

Am 5. Juni 2004 kommt es zu einem Ehren-Begräbnis - mit einer Dress seines geliebten Vereins FK Sarajevo. Seither gibt es jährlich ein Turnier zu seiner Erinnerung, eine Straße in der Nachbarschaft von Dobrinja trägt seinen Namen. Dazu ist das Trainingszentrum des FK Sarajevo nach ihm benannt.

Ruhe in Frieden Želimir Vidović!

Mehr dazu:
>> Die Vereinsspiele von Želimir Vidović im Überblick

Christian Tragschitz

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