Das Lieblingsteam von Joss Stone trifft auf den ältesten Profiklub der Welt. Wer laut schreit, kann schon am Bahnsteig sein Stadionbier ordern.

Just genau wenn sich betuchte Vereine wie Dortmund und Real in der Champions League messen, kommt es in der vierten englischen Profiliga (League Two) zum Spitzenspiel der Traditionsklubs Exeter City (1904 fusioniert) gegen den ältesten Profiklub der Welt Notts County (1862 gegründet) im St. James Park, einer ehemaligen Schweinefarm.

Es ist ja nicht so, dass die Grecians (Griechen) und Magpies (Elstern) nie prominente Gegner hatten: Exeter City wurde 1914 bei einer Südamerika-Tournee die Ehre zuteil als erstes Team überhaupt gegen Brasilien spielen und verlieren zu dürfen (0:2); und das auch noch gegen den legendären Stürmer Arthur Friedenreich, der laut FIFA mit 1.329 Treffern vor Pelé (1.283) und dem St. Pöltner Franz "Bimbo" Binder (1.155) erfolgreichster Schütze aller Zeiten ist.

Juve spielt in Elstern-Dressen

Notts County durfte 2011 mit Juventus das Allianz Stadion in Turin eröffnen. Die Alte Dame erinnerte sich, wer sie 1903 von den rosa Dressen erlöst hatte aufgrund derer sie oft mit den Rosanero von US Palermo verwechselt worden war. Es waren die Elstern, die auf Anfrage des englischen Juventus-Mitglieds John Savage einen Satz schwarz-weiß gestreifer Dressen schickten.

Darum wurden nicht Leo Messi und Barça "verpflichtet", sondern Lee Hughes und Co. vom damaligen Drittligisten. Goalgetter Hughes war es auch, der knapp vor Schluss zum 1:1-Endstand abstaubte, nachdem Alexander Manninger einen Freistoß nur kurz wegschlagen hatte können.

Joss Stone im Supporters Trust

Dass Exeter City und Notts County (zuletzt 1991/1992 ein Jahr Besuch in der Premier League) sich irgendwann regelmäßig mit derartigen Kalibern messen dürfen, scheint utopisch. Die Grecians pendelten von 1920 bis 2003 zwischen der dritten und vierten Liga, rutschten dann fünf Jahre in den Amateur-Bereich ab und sind zuletzt im Jänner 2016 aufgefallen, als sie mit ÖFB-Legionär Robert Olejnik im Tor gegen Liverpool in der 3. Runde des FA Cups ein Rückspiel erzwangen (2:2).

Seit 2006 heißt der Grecians-Manager Paul Tisdale. Er ist auf der Insel nach Arsenals Arsène Wenger am zweitlängsten im Amt. Der Klub gehört seit 2003 mehr oder weniger den Fans, nämlich der von ihnen gegründeten Kapitalgesellschaft "Exeter City Supporters Trust", der seit 2011 auch Sängerin Joss Stone angehört.

Die Magpies durften zwischendurch einmal hoffen, als 2009 Sven-Göran Eriksson als Manager auftauchte und Spieler wie Kasper Schmeichel oder Sol Campbell anheuerten. Doch als die "Football League" näheres über den neuen Investor mit Sitz auf den Kanalinseln und in der Schweiz wissen wollte, gab's plötzlich keinen Zuständigen mehr und Eriksson und Co. hauten auch bald ab. Seit Dezember besitzt mit Alan Hardy ein Geschäfsmann aus Nottingham die Mehrheit am Klub. Die sportlichen Geschicke leitet seit Jänner Kevin Nolan.

Stadionbier am Bahnhof

In Punkte Verkehrsanbindung ist aber zumindest Exeter City top. Auf der ehemaligen Schweinefarm verschmelzen Bahnhof und Stadion - ein Bahnsteig und eine Tribüne haben ein gemeinsames Dach. Theoretisch kann man mit einem lauten Organ gleich beim Ausstieg sein Stadionbier bestellen.

Dienstagabend geht es um die Tabellenführung. Exeter City und Notts County halten nach neun Runde bei 22 Punkten, das drittplatzierte Luton Town liegt bereits fünf Zähler zurück. Schlusslicht sind übrigens die veganen Forest Green Rovers.

Exeter hat alle vier bisherigen Heimspiele ohne Gegentor gewonnen, aber Samstag bei Coventry City eine 0:2-Niederlage kassiert. "Zwei Mal hintereinander wollen wir jetzt aber wirklich nicht verlieren. Das war das Erste was wir dort in der Kabine gesagt haben", verrät Verteidiger Pierce Sweeney auf der Klubhomepage, "Es wird ein großes Spiel, bei einer tollen Atmosphäre und für irgendjemand eine dunkle Nacht."

Mehr dazu:
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Thomas Schöpf