12.03.2018 12:44 Uhr

Mertesacker-Aussagen entfachen große Diskussion

Motivationstrainer Matthias Herzog äußert sich zu Aussagen von Per Mertesacker
Motivationstrainer Matthias Herzog äußert sich zu Aussagen von Per Mertesacker

Nach Per Mertesackers offenen Feststellungen über den Druck im Profifußball ist die Diskussion darüber im vollen Gange.

Per Mertesacker wird die Folgen seines Interviews mitbekommen haben. Zumindest hat der frühere Nationalspieler am Sonntag seine Twitter-App geöffnet, um seinen Teamkollegen beim FC Arsenal zum 3:0 gegen den FC Watford zu gratulieren. Dass sein Name nach seinen bemerkenswerten Aussagen zum Druck im Profifußball in fast unzähligen Kurznachrichten erwähnt wurde, kann dem 33-Jährigen kaum entgangen sein.

"Ich würde sagen, er hat die Extreme im Profifußball sehr gut beschrieben", schrieb beispielsweise Mertesackers früherer Nationalmannschaftskollege Thomas Hitzlsperger: "Junge Spieler sollen wissen, was auf sie zukommen kann. Und wenn ein so verdienter Fußballer so offen spricht, kann ich das nur gutheißen." Nicht alle Reaktionen waren so positiv.

Tatsächlich entbrannte nach Mertesackers Interview im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", in dem er unumwunden Versagensängste unter anderem während der Heim-WM 2006 zugab, die Diskussion darüber, wie viel Druck ein Fußballprofi vertragen kann und muss.

Mentaltrainer stützt Mertesacker-Aussagen

"Die Spieler haben Angst, Schwäche zu zeigen und zu Mentaltrainern zu gehen", sagte Motivationstrainer Matthias Herzog dem "SID". Überrascht war er von Mertesackers Aussagen nicht: "Er ist ein Perfektionist und Beziehungstyp, der Vertrauen braucht und sich mit Druck eher schwer tut."

Große Veränderungen werde das Interview aber nicht zur Folge haben. "Viele Bundesligisten haben pseudomäßig Mentaltrainer engagiert", sagte Herzog. Er sieht zudem ein Problem bei den Bundesligatrainern: "Sie sehen die Gefahr, durch Mentaltrainer Macht zu verlieren." Schließlich wisse ein Mentaltrainer oft mehr über die Spieler als der Trainer selbst.

Mertesacker hatte erzählt, dass sein Körper vor jedem Spiel mit Brechreiz und Durchfall gestreikt habe, mitunter habe er eine "totale Erschöpfung" verspürt. "Der Druck hat mich aufgefressen", sagte der Abwehrspieler, der diese Probleme bislang mit niemandem geteilt hatte. Trainer, Mitspieler und Gegner sollten nichts mitbekommen.

Matthäus und Metzelder halten dagegen

Allerdings, und das ist zur Einordnung wichtig, sagte der Weltmeister von 2014 auch: "Aber selbst wenn ich vor jedem Spiel erbrechen und 20-mal in die Reha müsste, ich würde es immer wieder machen." Offen bleibt die Frage, ob es nicht auch ohne diesen Druck geht - und ob Fußballer tatsächlich höher belastet sind als andere Berufsgruppen mit hohem Stresspotenzial.

Wortführer der "Alles-nicht-so-schlimm"-Fraktion war schon am Samstag Rekordnationalspieler Lothar Matthäus. "Natürlich stehen die Spieler unter einem gewissen Druck und unter einer gewissen Beobachtung der Öffentlichkeit, aber andererseits führt man als Fußballer schon ein super Leben", sagte er bei "Sky". Letzteres hatte auch Mertesacker betont.

"Da gibt es harte Kerle und dann die noch härteren Kerle wie Per Mertesacker, die sich trauen, das zu sagen, was mit Sicherheit vielen auf der Seele brennt", schrieb sein früherer Teamkollege bei Werder Bremen, Ivan Klasnic. Christoph Metzelder, neben Mertesacker Innenverteidiger bei der WM 2006, hatte von den Problemen seines Teamkollegen nur wenig mitbekommen. "Man hat ihm das nie angesehen", sagte der heutige "Sky"-Experte: "Sein Seelenleben scheint ja ein anderes gewesen zu sein."

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