29.06.2018 08:18 Uhr

WM-Vorrunde: Drei Gewinner, drei Verlierer

Neymar sorgt bei der WM 2018 mit Schauspieleinlagen für Aufsehen
Neymar sorgt bei der WM 2018 mit Schauspieleinlagen für Aufsehen

Die Vorrunde der Fußball-WM 2018 in Russland ist Geschichte und sorgte für viele Höhepunkte, Tiefschläge, Dramen und Skandale. weltfussball kürt drei Gewinner und drei Verlierer des bisherigen Turniers.

Verlierer

  • Der Fair-Play-Gedanke

Während die Fans in Russland sich überwiegend vorbildlich verhalten (s. unten), herrschen bei Trainern und Spielern rohe Sitten. Der Fair-Play-Gedanke wurde während der Vorrunde nicht nur einmal mit Füßen getreten.

Brasiliens Superstar Neymar fällt bislang mehr durch seine Schauspielkunst als tollen Leistungen auf, deutsche Betreuer jubelten nach dem Last-Minute-Sieg gegen Schweden ungebührlich vor der gegnerischen Bank und Frankreich und Dänemark machten mit einem Nichtangriffspakt im letzten Gruppenspiel beide den Achtelfinaleinzug perfekt. Ähnlich sah es zwischen Polen und Japan aus, die zum Abschluss der Vorrunde offenkundig keine Lust mehr auf Fußball hatten, Japan sogar noch mit dem Weiterkommen belohnt wurde.

Die FIFA trägt mit ihrem laxen Umgang mit den Fair-Play-Sündern nicht gerade zu einer Verbesserung der Situation bei. Die Schweizer Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri bekamen für ihren unnötigen und dummen Doppeladler-Jubel im Spiel gegen Serbien nur eine Geldstrafe.

Genauso wie der serbische Nationaltrainer Mladen Krstajic, der Schiedsrichter Felix Brych wegen eines vermeintlich falschen Elfmeterpfiffs auf geschmackloseste Art und Weise mit einem Kriegsverbrecher verglichen hatte.

  • Das DFB-Team

Für die größte sportliche Enttäuschung der Vorrunde sorgte ohne jeden Zweifel die deutsche Nationalmannschaft. Blutleer, lethargisch, willensschwach, mit einem Wort unterirdisch war das Auftreten des Weltmeisters, die Mission Titelverteidigung schon nach drei Partien vorbei.

Durch die 0:2-Niederlage gegen Südkorea rutschte das Team von Bundestrainer Joachim Löw sogar noch auf den letzten Tabellenplatz seiner Gruppe ab.

Die Gründe für das historische Debakel - noch nie schied eine deutsche Mannschaft in der WM-Vorunde aus - sind vielschichtig: Form- und führungsschwache Schlüsselspieler, eine höchstens mittelmäßige Stimmung im Team, falsche Entscheidungen des Trainers.

In den kommenden Wochen und Monaten steht der DFB-Auswahl ein Umbruch ins Haus. Der ein oder andere Weltmeister wird seine Karriere beenden. Sogar Löws Zukunft ist nach zwölf Jahren im Amt offen.

  • Mohamed Salah

Als einer der potenziellen Stars der Endrunde wurde der Torjäger vom FC Liverpool im Vorfeld gehandelt. Doch "König" Salah ging mit seinen Ägyptern in Russland gnadenlos unter.

Im ersten Spiel gegen Uruguay (0:1) fehlte der Angreifer wegen seiner Schulterverletzung aus dem Champions-League-Finale. Gegen Russland (1:3) und Saudi-Arabien (1:2) erzielte Salah zwar jeweils den einzigen Treffer der Nordafrikaner. Mehr Schlagzeilen als mit seinen Leistungen machte der 26-Jährige aber mit den Rücktrittsgerüchten um seine Person.

In die Kritik geriet Salah zudem, weil er sich im ägyptischen WM-Quartier in Grosny mehrfach mit dem umstrittenen tschetschenischen Machthaber Ramzan Kadyrov ablichten ließ - eine zumindest unglückliche Aktion. Vorwürfe wurden laut, der in seiner Heimat als Nationalheld verehrte Profi lasse sich politisch instrumentalisieren.

Gewinner

  • Die Fans

Entgegen vieler Befürchtungen ist die Endrunde bislang in den und vor allem außerhalb der Stadien friedlich geblieben. Von einigen wenigen Rangeleien abgesehen, sorgen die Anhänger aus aller Welt für schöne, bunte Bilder auf den Rängen. Die Stimmung bei den Spielen ist trotz der nicht immer ausverkauften Arenen überwiegend zumindest sehr ordentlich.

Für Positivschlagzeilen sorgten insbesondere die japanischen und senegalesischen Fans. Sie räumten nach dem Duell ihrer Teams in der Gruppe H die Tribünen auf, sammelten den Abfall in Müllsäcken.

Auch die Kolumbianer ließen sich nach dem Spiel gegen Japan vom Vorbild der gegnerischen Anhänger inspirieren und entsorgten ihre Hinterlassenschaften auf der Tribüne selbst.

  • Die "echte Neun"

In Zeiten eines Lionel Messi und Cristiano Ronaldo ist der klassische Neuner eine bedrohte Art. Auch bei der WM in Brasilien vor vier Jahren führten mit James Rodríguez (fünf Treffer) und Thomas Müller (5) zwei Spieler die Torschützenliste an, die nicht als Stoßstürmer durchgehen.

Doch die "echte Neun" erlebt in Russland eine Renaissance. Harry Kane traf für England bereits fünfmal, Belgien-Star Romelu Lukaku erzielte vier Treffer, Spaniens Diego Costa drei. Vor allem Kane und Lukaku werden gute Chancen eingeräumt, am Ende des Turniers den "Goldenen Schuh" als bester Torschütze zu gewinnen.

Dass Deutschland in drei Spielen nur zwei Treffer gelangen, lag auch daran, dass eine zentrale Sturmspitze von internationalen Format fehlt. Timo Werner (22) ist noch nicht so weit, Mario Gomez (32) hat seine besten Zeiten hinter sich.

  • Der Videobeweis

Insgesamt ist die WM bislang ein Plädoyer für den Einsatz des Videobeweises im Fußball. Mehrfach überprüften die Schiedsrichter potenziell spielentscheidende Szenen nach Hinweis des Assistenten am Bildschirm, einige Fehlentscheidungen wurden so vermieden. Tore werden im Hintergrund grundsätzlich noch einmal gecheckt.

Probleme gab es vor allem dann, wenn die Referees Szenen trotz des nochmaligen Ansehens am Bildschirm immer noch falsch beurteilten. Die Leistungen der Unparteiischen sind allerdings auch dank des technischen Hilfsmittels deutlich konstanter als noch bei der Endrunde in Brasilien.

Besonders gut funktioniert die Transparenz gegenüber Zuschauern im Stadion und am Fernsehen – ein Thema, dass in der abgelaufenenen Bundesligasaison für viel Kritik sorgte.

Bei der WM signalisieren Einblendungen den Fans, warum überprüft wird. Zudem sind die Szenen, die dem Referee in der Review-Area gezeigt werden, auch auf der Video-Leinwand sowie im TV sichtbar.

Tobias Knoop

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